Die Puppe: Psychothriller (German Edition)
des Steinbruchs.«
Caffery senkt den Kopf und sieht sie prüfend an. Das entspricht nicht dem, was er gesehen hat. Überhaupt nicht. »Sie haben sie in den Steinbruch gebracht. Ich habe es gesehen. Sie haben etwas mit ihr gemacht.«
»Ja, ich habe etwas mit ihr gemacht. Das stimmt.« Flea zieht ihre Jacke fester um sich und schnieft. »Werden Sie es jemandem sagen?«
»Nein.«
»Warum dann die Suche? Sie haben sie angeordnet. Sie müssen einen Grund haben.«
»Ja. Ich habe eine … eine Möglichkeit für uns, die Sache restlos in Ordnung zu bringen – sie aus der Welt zu schaffen. Ich habe es unter jedem denkbaren Blickwinkel betrachtet. Es kann nicht schiefgehen.«
»Nichts kann mehr schiefgehen, wenn wir alles lassen, wie es ist. Man wird sie niemals finden. Vielleicht schäme ich mich, aber wenigstens kann ich nachts gut schlafen.«
Caffery starrt aus dem Fenster. Die Rostflecken an den Stelzen der Hochstraße, das Flackern der Scheinwerfer oben auf der Fahrbahn. Er spürt das Gewicht von Wasser – eine Million Tonnen. Ein eiskalter schwarzer Steinbruch, ein riesiges Herz aus Eis. Er glaubt Flea nicht, wenn sie sagt, sie kann nachts gut schlafen.
»Ich brauche die Leiche zurück.«
Sie atmet scharf zischend ein. Dreht sich um und starrt ihn an. »Entschuldigung. Haben Sie gerade gesagt, was ich anscheinend gehört habe?«
»Damit es funktioniert, brauche ich das, was von ihr übrig ist. Ich kann es nicht holen – das können nur Sie. Und …« Er spricht nicht weiter. Ihre Augen sind gefroren vor Schreck – er weiß, er ist zu weit gegangen. Sie kann ihm nicht mehr folgen. Er hüstelt verlegen. »Ich sage Ihnen was. Ich lasse es jetzt gut sein. Schlafen Sie erst mal drüber.«
Sie antwortet nicht, sondern starrt ihn nur weiter an.
»Kommen Sie zurecht?«
Sie nickt knapp und mit mühsamer Beherrschung. »Ja. Ja.«
»Möchten Sie Kaffee? Oder einen Drink?«
»Nein danke. Ich glaube, ich fahre besser nach Hause.«
»Okay«, sagt er. »Okay.«
Er wartet ein Weilchen und überlegt, ob er noch etwas sagen soll, aber als sie schweigt, steigt er aus und zieht den Reißverschluss seiner Jacke hoch. Er sieht zu, wie sie den Motor des Renaults startet und vom Parkplatz fährt. Der Wagen biegt in den Zubringer ein und ist bald darauf zwischen den Häusern verschwunden. Er wartet noch fast fünf Minuten, bis ihm klar wird, dass sie nicht zurückkommt.
Er schlägt den Kragen hoch und geht zum Gebäude.
Frost
AJ träumt wieder von der Höhle. Diesmal ist da auch eine Frau. Sie steht am Eingang der Höhle, hat das Gesicht abgewandt. Er glaubt, es ist Melanie. Er ruft sie. Keine Reaktion. Melanie? Jetzt bewegt sie sich ein wenig, aber gerade als es aussieht, als wollte sie sich umdrehen, zerfällt der Traum. Er wacht auf und greift in die kalte Luft.
Es dauert einen Moment, bis ihm einfällt, dass er in Melanies Schlafzimmer in Stroud ist. Und dann merkt er, dass sie auch wach ist. Sie sitzt neben ihm. Die Vorhänge sind offen, und das Mondlicht flutet herein und beleuchtet sie, blau und gespenstisch.
Sie ist schweißgebadet und starrt ungläubig zum Fenster.
»Melanie?« Er stützt sich auf den Ellenbogen. »Melanie? Was ist los?«
Sie zeigt wie in Trance zum Fenster. Er kann nicht erkennen, ob sie wach ist oder schläft. »Es trägt eine …« Sie hält mitten im Satz inne. Schüttelt den Kopf und drückt die Fingerknöchel an die Stirn. »Nein. Ich habe nichts gesehen.«
»Melanie?« Er legt eine Hand auf ihren Rücken und beugt sich ein wenig vor, damit er aus dem Fenster schauen kann. Er sieht die Bäume hinter dem Garten. Sie bewegen sich sanft im Mondschein. »Was dachtest du denn, was du siehst?«
»Nichts. Ich war … ich weiß es nicht.« Ein Schauer läuft ihr über den Rücken. »Ich muss geträumt haben.«
»Ja, aber was glaubst du, was du gesehen hast?«
»Nichts. Gar nichts. Ich habe nur …«
»Nur?«
Sie schwingt die Beine aus dem Bett, greift nach einem Kissen und hält es vor ihren nackten Körper, bevor sie zum Fenster geht. AJ steht auf und kommt zu ihr, und er späht über ihre Schulter hinweg in den Garten. Der Boden ist bereift, und ein klarer, dunkler Strich reicht von den Bäumen bis ungefähr in die Mitte des Gartens. Ganz so, als sei da jemand gekommen und dort unten stehen geblieben, um zum Schlafzimmerfenster heraufzuschauen, und habe dann kehrtgemacht und sei den gleichen Weg zurückgegangen.
Er rafft sein T-Shirt und die Jeans an sich und fängt an, sich
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