Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Puppe: Psychothriller (German Edition)

Die Puppe: Psychothriller (German Edition)

Titel: Die Puppe: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
Vom Netzwerk:
er nicht rein dienstlich im Büro der Direktorin war – jedenfalls gibt es eine kurze Pause, in der keiner der beiden genau zu wissen scheint, wie er reagieren soll, und dann kriecht ein schlaues, verständnisvolles Grinsen über Big Lurchs Gesicht. Er geht weiter und reckt AJ nur die geballte Faust entgegen, als gehörten sie zur selben Gang.
    Gratuliere , soll das heißen. Respekt .
    Der Plan
    Der Tag vergeht nur langsam draußen in der grauen Landschaft. Der Himmel hängt tief und pelzig über der Gegend. Die Bäume im östlichen Somerset beugen sich herunter und lassen glitzernde nasse Blätter auf die Männer und Frauen in schwarzer Allwetterkleidung fallen, die sich sorgfältig und quälend langsam über den dampfenden Waldboden bewegen. Sie gehören zur Unterstützungseinheit der Avon and Somerset Police, und es ist der zweite Tag ihres Einsatzes bei der Suche nach den sterblichen Überresten Misty Kitsons.
    Am Sammelpunkt, wo alle Suchtrupps ihre Fahrzeuge geparkt haben, sitzt Jack Caffery in seinem Wagen. Im Radio läuft irgendeine Quasselshow, und durch das offene Fenster weht die kalte Luft herein. Er trägt eine Fleece-Jacke über dem Anzug und pafft langsam an einer E-Zigarette. Er hat letzte Nacht nicht geschlafen; nicht mal eine halbe Flasche Scotch hat das Hamsterrad in seinem Kopf anhalten können. Er musste entscheiden, wie er weiter vorgehen soll – wo sein Platz in dem löchrigen Szenario ist, das er geschaffen hat. Er hat gedacht, er habe lange genug gewartet, um sie so weit zu bringen, dass sie die Situation übersieht. Aber das ist nicht der Fall. Sie ist geschockt und streitsüchtig und widerspenstig, und damit muss er jetzt fertigwerden.
    Er schaut hinaus: kahle, dürre Bäume vor einem weißgebleichten Himmel. Er hat nur noch wenige Tage Zeit, um zu dem großen Schlag auszuholen. Und vom Superintendent kam zusätzlicher Druck. Der erwartete ihn heute Morgen im Büro, um ihm in barschem Ton mitzuteilen, er könne von Glück sagen, dass bislang noch keine neuen Fälle hereingekommen seien. Was sich aber sofort ändern könne.
    Langsam dämmert ihm, dass die Person, die da im Radio redet, Jacqui Kitson ist. Er zieht die Zigarettenpatrone heraus, schließt das Fenster und dreht das Radio lauter.
    »Die Polizei tut, was sie kann … und ich, wissen Sie, ich möchte sagen, ich finde, es wird allmählich auch Zeit.«
    Er klopft mit der Patrone auf das Lenkrad. Jacqui fährt fort:
    »Natürlich bete ich zum Himmel, dass meine Tochter lebend gefunden wird. Selbst nach all der Zeit habe ich die Hoffnung nicht aufgegeben.«
    Er schaltet das Radio ab und sitzt eine Zeitlang mit gesenktem Kopf da. Seine Mutter, eine Katholikin, hätte gesagt, er habe eine Todsünde begangen. Dann hätte sie überlegt, wie die Sünde und das, was ihn dazu gebracht hat, heißt. Feigheit oder Wollust. Nicht Habgier. Das ist etwas, das sie ihm niemals zum Vorwurf machen könnte.
    Es klopft. Er fährt hoch. Flea starrt durch das Beifahrerfenster zu ihm herein. Ihr Atem lässt die Scheibe beschlagen. Sie trägt immer noch ihre Tyvek-Suchmontur, aber sie hat die Kapuze heruntergeschlagen. Er zögert, aber dann lehnt er sich hinüber und entriegelt die Tür. Sie öffnet sie, steigt ein und schlägt sie zu.
    »Also«, sagt sie. »Was ist los?«
    »Was los ist?«
    »Wir haben die Straße einmal abgesucht, und jetzt heißt es, wir müssen es noch einmal tun. Das haben Sie doch angeordnet, oder?«
    »Ich muss sicherstellen, dass Ihnen nichts entgangen ist.«
    »Bullshit. Es ist der einzige Bereich, wo Sie eine Wiederholung angeordnet haben. Sie wollen mich unter Druck setzen.«
    Er schließt die Augen. Zählt bis zehn. »Okay.« Er legt den Ellenbogen auf das Lenkrad und dreht sich zu ihr um. »Ich habe Sie lange geschützt … und dafür bekomme ich nur Grobheiten zu hören.«
    Sie holt tief Luft, um sich zu beruhigen. Ihr Gesicht ist rot von der Kälte, und ihr Haar ist wirr. »Entschuldigung. Sagen Sie, was Sie gestern Abend sagen wollten. Vielleicht stimme ich nicht zu, aber zumindest ist es dann raus.«
    Er steckt die Patrone seiner Ersatzzigarette in die Tasche seiner Fleece-Jacke und lässt sich einen Augenblick Zeit, um die Worte im Kopf zusammenzubringen. Er ist das alles schon durchgegangen, hat es sich zurechtgelegt, aber noch nie im Angesicht solcher Feindseligkeit.
    »Ich gebe Ihnen ein Szenario von dem, was passieren könnte . Stellen Sie sich Folgendes vor. Sie suchen den Bereich ab, den wir beim letzten Mal nicht

Weitere Kostenlose Bücher