Die Puppenkönigin – Das Geheimnis eines Sommers (German Edition)

wie Zach sich fühlte.
    »Was sollen wir denn jetzt machen?«, fragte Poppy, die vor ihnen auf und ab lief, den Rucksack über eine Schulter gehängt.
    »Es ist doch dein Plan«, sagte Zach und bereute es direkt. Das war ungerecht, aber er war müde und entnervt. Außerdem hatte er keine Vorstellung davon, was sie tun sollten, und fühlte sich völlig nutzlos.
    »Wir können nicht wieder in den Bus steigen«, sagte Alice.
    »Können wir es nicht jemandem erzählen? Einem Polizisten zum Beispiel? An einer Busstation mit Nachtbetrieb muss es doch einen Polizisten geben, oder?«
    »Super Idee, der fragt uns gleich, wie alt wir sind.« Alice schüttelte den Kopf. »Und dann rufen sie unsere Familien an. Kommt nicht infrage.«
    Zach sah sich nach dem Busfahrer um. Einer der Männer von der Busstation sprach in ein Funkgerät, der andere beobachtete die drei Kinder.
    »Ich glaube, wir müssen hier raus«, sagte Zach.
    »Wieso?«, fragte Alice. Dann sah sie die drei Männer, stand rasch auf und schlang sich den Rucksack über die Schulter.
    Zach nahm Poppys Arm. »Jetzt sofort. Komm. Wir gehen.«
    »Aber wir haben nichts Böses getan«, sagte Poppy. Dennoch kam sie mit. »Warum sollten sie es auf uns abgesehen haben? Warum tun sie nichts gegen diesen Mann? Er war es doch … «
    »Weil wir Kinder sind«, unterbrach Zach sie flüsternd.
    »Wir fallen zu sehr auf«, murmelte Alice. »Komm, Poppy, wir gehen auf die Damentoilette und schleichen uns von da weg. Wir treffen uns draußen, Zach. Zieh dir was aus dem Getränkeautomaten. Und wir sollten uns schön langsam bewegen.«
    Zach holte tief Luft und sagte dann so laut und lässig, wie er konnte: »Wir sehen uns gleich im Bus.«
    Alice lächelte und nickte übertrieben, um ebenso locker zu erscheinen. Poppy spielte auch mit.
    Als einer der Männer jetzt in Zachs Richtung ging, hallten seine Schritte laut in dem beinahe leeren Raum. Er beeilte sich nicht, doch sein Gang war zu entschlossen, um wie Schlendern zu wirken. Zach ging zum Ausgang, ganz langsam, obwohl er am liebsten gerannt wäre. Am Getränkeautomaten hielt er kurz an und betrachtete das Angebot. In der Glasscheibe sah er, dass der Sicherheitsbeamte näher kam. Seine Uniform strahlte unmissverständlich Autorität aus.
    Zach ging weiter Richtung Ausgang.
    »Hey, du da«, rief der Mann.
    Doch Zach war schon draußen und bog um die Ecke des Gebäudes, wo Alice gerade aus dem Fenster der Damentoilette sprang. Poppy kam direkt hinterher und dann rannten sie in die Dunkelheit der fremden Stadt.

Siebtes Kapitel
    Sie drängten sich in den Schatten hinter einem Tattoostudio aneinander und sahen zu, wie der Bus in einer Abgaswolke davonfuhr, mitsamt dem Irren und ihrer Chance, East Liverpool am nächsten Morgen zu erreichen. Das Adrenalin, das Zach in der Busstation aufrechtgehalten hatte, war verbraucht und er war müde bis auf die Knochen. So erschöpft, dass ihm die Augen zufielen. Er lehnte sich an die Hauswand und überlegte, ob man im Stehen einschlafen konnte.
    »Wo sind wir?«, fragte Alice schließlich. Ihr Atem bildete Wölkchen.
    »Und wie sollen wir hier wieder wegkommen?«, fragte Zach und stieß sich von der Mauer ab. »Wir wissen nicht mal, in welcher Stadt wir sind.«
    Poppy überlegte. »Es gibt nur zwei Busse nach East Liverpool, die hier halten, und wenn wir auf den nächsten warten – der nachmittags fährt –, schaffen wir es nicht, morgen Abend zurück zu sein.«
    »East Liverpool können wir vergessen. Wir müssen nach Hause«, sagte Alice und holte ihr Notfallhandy heraus.
    »Stimmt«, sagte Zach. »Aber das geht auch nicht so einfach, oder?«
    Poppy holte den Busfahrplan und eine zerknitterte Landkarte aus einer ihrer vielen Taschen. »Ihr könnt euch das gerne ansehen, aber da steht auch nicht mehr als das, was ich euch schon gesagt habe.«
    Alice schlug den Fahrplan auf und sah sich die Liste der Haltestellen an, als könnte sie herausfinden, wo sie waren, indem sie eine Stadt herauspickte, die sich richtig anfühlte.
    »Moment«, sagte Zach und ging ein Stück in die entgegengesetzte Richtung, bis er den Vordereingang der Busstation sehen konnte. Dann kehrte er zu den Mädchen zurück. »East Rochester. Das steht auf dem Schild. Aber wo soll das sein?«
    Poppy ging neben Alice in die Hocke und die beiden blickten im trüben Mondschein mit zusammengekniffenen Augen auf die Landkarte. »East Liverpool wäre nur zwei Haltestellen weiter gewesen«, sagte Poppy schließlich. »Wir hatten es fast