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Die Puppenspieler

Die Puppenspieler

Titel: Die Puppenspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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der ›Theologica Platonica‹ noch die Abhandlung über Schwarze Magie haben wolltet. Die Zusammenstellung ist … ungewöhnlich.«
    »Ich kann mir nicht vorstellen«, erwiderte Richard kühl und sehr präzise, »was Euch das angeht … Padre.«
    Die Abfuhr schien dem Mönch nichts auszumachen. »Wenn Ihr meint. Viel Vergnügen mit dem Ficino … mein Sohn.«
    Fort war er, und Richard atmete einmal tief durch. Junger Mann! Mein Sohn! Der lächerliche Altersabstand, der zwischen ihnen vielleicht bestand … von allen Mönchen, die er je kennengelernt hatte, war das gewiß … ach, zum Teufel damit! Er schüttelte über sich selbst den Kopf und begann, in der ›Theologica Platonica‹ zu blättern.

19
    D IE LETZTEN , ZITTERNDEN Töne der Flöte verklangen, und unter dem Applaus einiger Gäste, die nicht zu sehr mit dem Essen und Reden beschäftigt waren und auf die Musik geachtet hatten, nahmen Lauten die nächste Melodie auf. Fra Mario Volterra machte es sich bequem. Er bereute nicht, sich für das klösterliche Leben entschieden zu haben, doch ein Besuch im Palazzo der Medici in der Via Larga stellte immerhin eine sehr angenehme Abwechslung dar. Er war froh, daß Lorenzo von Poggio a Caiana zurückgekehrt war.
    Mario schaute sich um. Die Tische für die gut vierzig bis fünfzig Leute waren in Form eines großen U aufgestellt, damit keiner von ihnen allzuweit von Lorenzo entfernt saß. Bald machte er seinen Mentor Pico della Mirandola in der Menge aus. Mario lächelte. Pico, wiewohl seit fast zehn Jahren ein Gelehrter von Weltruf, war erst siebenundzwanzig und ein fremder Beobachter hätte ihn leicht für irgendeinen Florentiner Galan halten können.
    Sein Aussehen hatte ihm bei den Florentinern, die körperliche Anmut über alles schätzten, den liebevollen Beinamen Il Bellissimo eingebracht, doch es ließ sich kaum jemand denken, der weniger eitel war als Pico mit seinem welligen blonden Haar und den klassischen Gesichtszügen. Er erwog sogar, einem Orden beizutreten. Mario war der Jüngere, doch er hatte Pico trotzdem strikt davon abgeraten. Einige Menschen waren berufen und andere waren es nicht.
    Pico della Mirandola, erst vor kurzem in eine unglückliche Liebesaffäre mit einer von Lorenzos Verwandten verstrickt, würde sein Gelübde schon nach kurzer Zeit bereuen, und er war ein zu aufrichtiger Mensch, um sich wie viele Priester dieser Zeit bequem mit seinem Gewissen zu arrangieren und sowohl die geistlichen als auch die weltlichen Vorteile wahrzunehmen. In der Tat war das Doppelleben in der Kirche eines von den Dingen, die Pico und die platonische Akademie anprangerten, und eine Diskussion über diese Mißstände hatte Mario und den weltberühmten Gelehrten zusammengeführt.
    Der Augustinerorden zählte zu den kritischsten innerhalb des Klerus, und Mario teilte diese Haltung. Mario Volterra war von drei großen Leidenschaften besessen: der Leidenschaft für Bücher, für die Menschen und für Gott. Außerdem war er in Florenz aufgewachsen, der Stadt Italiens, wo man am selbständigsten dachte und schon manche Fehde mit machtgierigen Päpsten ausgefochten hatte.
    Auf diese Art war er in der Lage zu erkennen, daß die Kirche, die Mittler zwischen Gott und der Welt und Helferin für alle Unterdrückten sein sollte, schon seit Jahrhunderten an den Übeln allzu großer weltlicher Macht krankte. Viele Kardinäle und Bischöfe benahmen sich wie Fürsten, nicht wie Priester, und Fra Mario teilte mit einer ständig wachsenden Zahl von Confratres die Meinung, daß sich dies ändern müsse.
    Daß gerade Pico, der von allen Angehörigen der platonischen Akademie wohl der Gottesfürchtigste war, exkommuniziert wurde, hatte Mario in dieser Ansicht bestätigt. Er wollte sich gerade bemerkbar machen, sah jedoch, daß Pico tief in eine Diskussion mit Lorenzo de'Medici verstrickt war.
    »… ein einziger Staat? Unmöglich«, sagte Pico gerade. »In Frankreich ist es bereits so, und der Erbe von Ferdinand und Isabella wird Kastilien und Aragon als einen Staat beherrschen«, antwortete Lorenzo und nippte an dem Becher, der vor ihm stand.
    Sein Äußeres hätte sich nicht stärker von dem Picos unter scheiden können. Er hatte eine zu lange, aber wie durch einen Faustschlag eingedrückte Nase, ein kräftiges Kinn, schütteres, strähniges braunes Haar und eine rissige, grobporige Haut. Die hohe Stirn, die seine Intelligenz verriet, und der stets aufmerksame und wache Blick, der seinem jeweiligen Gegenüber den Eindruck

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