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Die Puppenspieler

Die Puppenspieler

Titel: Die Puppenspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Feindseligkeit. Aber natürlich – was konnte man von Mönchen anderes erwarten als leere Versprechungen, selbst wenn es sich um Bücher handelte. Am Ende behielten sie doch alles für sich.
    Er bezähmte sich und verlangte mit gesenkter Stimme Marco Polos ›Il Milione‹, das er nie in der Originalsprache gelesen hatte. Vielleicht brauchte der Mönch dort drüben nicht allzu lange.
    Der Bruder Bibliothekar schickte bereitwillig nach dem gewünschten Buch, und kurz darauf hielt Richard ein noch recht neues, gedrucktes Exemplar von ›Il Milione‹ in der Hand. Er schlug die erste Seite auf und bewunderte die Präzision, mit der die Ränder der gedruckten Buchstaben sich vom Papier abhoben, die absolute Ebenmäßigkeit, die kein Pinsel erreichen konnte.
    Er las gerade von so seltsamen Dingen wie dem Gebrauch von Geld aus Papier und dem Trocknen von Milch zu Konservierungszwecken, als er durch ein leises Räuspern aufgeschreckt wurde. Richard sah in das blasse Gesicht eines jungen Mönchs.
    »Was gibt es denn?« fragte er unwillig.
    Der Mönch lächelte. »Fra Ettore hat mir gesagt, daß Ihr die Bücher hier bestellt habt, die ich so lange in Anspruch genommen habe.«
    Jetzt erkannte Richard die Gestalt und den schwarzen Haarkranz. Aus irgendeinem Grund funkelten die blauen Augen des Mönches belustigt, und in der Höflichkeit seines letzten Satzes schien Ironie zu liegen. Richard setzte sich steif zurecht.
    »Nun, ich danke Euch, daß Ihr sie mir gebracht habt«, antwortete er kühl und streckte die Hand danach aus. Der Mönch zog die Augenbrauen hoch.
    »Aber nicht doch – ich hatte einen Tausch im Sinn. Ich gebe Euch die ›Theologia Platonica‹ von Marsilio Ficino, und Ihr gebt mir ›Il Milione‹.«
    Vielleicht war es die klösterliche Atmosphäre, die Richard so reizte, denn er entgegnete angriffslustig: »Was kann ein Mönchen wohl mit ›Il Milione‹ anfangen?«
    Dieser Mönch jedoch ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Er lehnte sich in einer sorglosen Geste gegen das Pult, hinter dem Richard stand, als wäre es das Geländer einer Treppe.
    »Oh, wißt Ihr«, sagte er heiter, »ich übersetze es gerade.« Er verzog den Mund. »Deswegen wäre ich Euch dankbar, wenn Ihr nichts von meinem Ficino-Ausflug laut werden laßt, denn eigentlich sollte ich nur mit Marco Polo beschäftigt sein.«
    Wider Willen interessiert, fragte Richard: »Ihr übersetzt? Aber in welche Sprache denn? Es gibt doch bereits eine hervorragende lateinische Übersetzung.«
    Der Mönch hob die Schultern. »Schon, aber die Übersetzung in die Volkssprache, die Ihr da habt«, er machte eine geringschätzige Geste, »taugt nicht sehr viel. Ich brauche sie nur als Vergleichsmöglichkeit.«
    »Die Übersetzung in die Volkssprache?« fragte Richard überrascht. »Aber ich dachte, Marco Polo sei Venezianer …«
    Der Augustiner setzte seinen Bücherstapel sorgsam ab und lachte. Es war kein unfreundliches oder spöttisches Lachen, doch Richard faßte es in seiner Stimmung als Hohn auf, trat hastig ein paar Schritte zurück und rang um Selbstbeherrschung.
    »Entschuldigt«, sagte der Mönch schnell, »ich wollte mich nicht über Euch lustig machen. Es liegt nur daran, daß mir früher einmal genau derselbe Irrtum unterlaufen ist. Ich las ›Il Milione‹ auf Lateinisch und dann in der Volgare, und das hätte mich fast endgültig von der Ansicht geheilt, die Volgare tauge etwas … Bis ich die Wahrheit herausfand. Gewiß, Polo war Venezianer, aber als er in genuesischer Gefangenschaft seine Erinnerungen diktierte, schrieb sein Mitgefangener in Bretonisch … der Sprache, in der alle Ritterepen, die man damals kannte, verfaßt waren. Stellt Euch nur diese Verwirrung vor! Was Ihr vor Euch habt, ist also die italienische Übersetzung der lateinischen Übersetzung des bretonischen Originals … und, wie ich schon sagte, nicht sehr gelungen.«
    »Und Ihr glaubt, es besser machen zu können?« fragte Richard sarkastisch.
    Ungerührt versetzte der Mönch: »Natürlich glaube ich das. Ich konnte ein bretonisches Exemplar auftreiben, und also …«
    Er wurde von einem Bibliothekarsgehilfen unterbrochen, der ihn nach Klosterart nicht berührte, sondern am Ärmel zupfte.
    »Fra Mario, der Bruder Bibliothekar bittet Euch, um der Ruhe der Lesenden willen Euer Gespräch zu beenden.«
    » Mea culpa«, sagte Fra Mario und sah nicht im geringsten schuldbewußt aus. »Gehabt Euch also wohl, junger Mann. Nur eines würde ich noch gerne wissen … Warum Ihr außer

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