Die Puppenspieler
das letzte, was ich tun würde, wenn ich je in Schwierigkeiten geriete. Gute Nacht!«
21
D IE S CHENKE ›Zum lachenden Bacchus‹ war für die Feier der Calimala über und über mit Blumen geschmückt worden; sogar den aufgetragenen Schweinebraten zierten noch einige kleine Sträuße. Richard, der zusammen mit einigen anderen überzähligen Gästen in einen unbequemen Winkel geklemmt saß, spürte, wie ihm beim Anblick und noch mehr dem allgegenwärtigen Geruch nach Gebratenem und Gesottenem das Wasser im Mund zusammenlief. Er war an diesem Tag noch nicht zum Essen gekommen; der Monat näherte sich seinem Ende, und er war seit dem Morgen im Fondaco mit der Buchhaltung beschäftigt gewesen und hatte sich ohnehin etwas verspätet.
Er wollte gerade seine heimliche Verbündete bitten, ihm etwas von dem Festmahl zu bringen, als sie von selbst auf ihn zukam, in Begleitung eines trotzig dreinblickenden jungen Mannes.
»Darf ich Marcello an Euren Tisch setzen?« fragte sie Richard mit so ausgesuchtem Respekt, daß er die Ironie darin spürte, und fuhr, als er nickte, an ihren Begleiter gewandt fort: »Setz dich da hin, Marcello, Messer Ricci wird dich schon sehen, und er ist viel zu beschäftigt, um was zu merken.«
Während der Wirtssohn ihrem Vorschlag folgte, nutzte Richard die Gelegenheit, um etwas zu trinken und zu essen bei ihr zu bestellen, und fragte sie außerdem nach ihrem Namen.
»Lauretta«, erwiderte sie ihm kurzangebunden und verschwand wieder. Marcello grinste flüchtig, während er versuchte, auf der engen Bank neben Richard Platz zu finden, was nicht so einfach war, denn der Sohn des Wirtes machte dessen Berufsstand alle Ehre und war durchaus wohlbeleibt.
»Ist manchmal so patzig wie eine Römerin, unsere Lauretta, da kann man nichts machen.«
Das Grinsen verschwand, als er hinzufügte: »Aber im Grunde ein guter Kerl. Ha! Wir werden ja sehen, wer nach Paris geht!«
Damit starrte er erbittert auf die breite, großzügig geschmückte Festtafel, wo der Wirt eben die Meister der Zunft mit jovialer Fröhlichkeit begrüßte. Richard hütete sich, seinen Nachbarn sofort nach Paris zu fragen.
Statt dessen erkundigte er sich beiläufig: »Ihr habt aber doch nichts mit ihr, oder?«
Marcello war empört. »Mit einer Magd? Und so einem dürren Nichts noch dazu? Nein, danke. Ich kenne sie einfach schon lange, sie ist hier aufgewachsen, und wie ich gesagt hab, im Grunde mag ich sie. Aber sie ist verrückt. Wirklich verrückt. Warum fragt Ihr eigentlich? Wollt Ihr etwa …«
Sie wurden von Lauretta unterbrochen, die zwei Becher Wein, einen Krug und zwei Teller vor ihnen abstellte. Während Richard etwas trank und wartete, bis das Mädchen wieder außer Hörweite war, nippte Marcello an seinem Becher und erklärte dann: »Nicht schlecht, aber Ihr müßtet erst den Chianti probieren, den wir für die Zunftmeister aus dem Keller holen. Wir haben hier den besten Wein überhaupt. Die anderen verstehen einfach nichts davon.«
Richard gab eine angemessen beeindruckte Antwort und fragte sich müßig, wie oft er diesen Satz eigentlich schon gehört hatte, seit die Alpen hinter ihm lagen. »Also«, sagte Marcello und stieß Richard leicht in die Rippen, »wie war das vorhin mit Lauretta? Seid Ihr etwa hinter ihr her?«
»Vielleicht … Ich weiß noch nicht.«
Der Wirtssohn starrte ihn entgeistert an. »Grundgütiger, Ihr seht doch wahrhaftig so aus, als ob Ihr Euch was Besseres leisten könntet!« Dann änderte er seinen Tonfall. »Obwohl … Wär' dem armen Ding zu gönnen, wahrhaftig. Der Alte stößt sie ganz schön herum, und wenn ich nicht mehr da bin, wird's vermutlich noch schlimmer werden.« Er gab sich einen Ruck und schloß: »Ich reise nämlich nach Paris, wißt Ihr.«
Andächtig wiederholte Richard, während er Marcello nachschenkte: »Paris! Da beneide ich Euch. Ich war noch nie dort. So eine Reise lohnt sich sicher.«
»Und ob«, stieß Marcello hervor, während er mit seiner Hand auf den Tisch schlug. »Beim heiligen Christopherus, ich würde als gemachter Mann zurückkommen … Ich meine, ich komme als gemachter Mann zurück … wenn ich zurückkomme.«
Der Schmaus an der Festtafel hatte inzwischen begonnen, und Richard versuchte, seine Aufmerksamkeit zwischen den fröhlichen Zurufen dort und der Flut von Klagen des schlechtgelaunten Marcello, der dankbar war, einen geduldigen Zuhörer gefunden zu haben, zu teilen.
»… und da sagt mir dieser Esel von Färber doch ins Gesicht, seine Schuld
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