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Die Puppenspieler

Die Puppenspieler

Titel: Die Puppenspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Herzogtümer, Lehen. Als er jedoch seinem Neffen Girolamo Riario die Stadt Imola kaufen wollte, verweigerte Lorenzo ihm den Kredit, denn damit hätte sich der Kirchenstaat bis unmittelbar an unsere Grenzen ausgedehnt. Lorenzo ordnete auch an, daß keine andere Florentiner Bank dem Papst etwas leihen sollte. Doch die Pazzi, die die Medici seit langem haßten, setzten sich nur allzu bereitwillig über diese Anweisung hinweg, so daß der Papst die Pazzi zu den alleinigen Bankiers des Vatikans machte. Damit war der Krieg zwischen den Medici und den Pazzi einerseits und seiner Heiligkeit andererseits erklärt.«
    »Und dann?«
    »Die Pazzi waren aber selbst untereinander zerstritten. So kam es zu einer Scheinversöhnung zwischen Lorenzo und dem Papst, zu deren sichtbarem Zeichen der Heilige Vater einen anderen seiner Neffen, den sechzehnjährigen Kardinal Raffaelo Riario, zu Besuch nach Florenz schickte. Während der Messe, die zu Ehren des Kardinals im Duomo zelebriert wurde, sollten dann beide Brüder ermordet werden. In dem Moment, als der Priester die Hostie hochhob, schlugen die Pazzi zu. Giuliano war sofort tot, doch Lorenzo nur am Hals verwundet. In der allgemeinen Aufregung konnte er sich in die Sakristei flüchten. Kaum hatte sich die Nachricht von dem Mordanschlag ausgebreitet, war die ganze Stadt in Aufruhr.«
    Einen Augenblick lang schwieg der Priester. Ohne jedes Lachen, ernst und voller Trauer wirkte er wesentlich älter.
    »Ich war damals noch ein Kind, doch ich erinnere mich an die Schreie an diesem Tag. Die Menschen waren wie wahnsinnig geworden, rotteten sich zusammen und brüllten › Palle , Palle ‹ – das ist der Kriegsruf der Medici – und brachten jeden Pazzi, den sie erwischen konnten, sofort um. Die meisten wurden gehängt, einige einfach zusammengeschlagen. Insgesamt starben etwa achtzig Menschen, bis Lorenzo die Lage wieder im Griff hatte und der Menge Einhalt gebieten konnte. Es war das Ende der blutigen Familienfehden«, sagte Fra Mario leise, »aber was für ein Ende!«
    Die Glocken begannen zu läuten, und er schüttelte plötzlich den Kopf. »Ich fürchte, ich bin ein schlechter Florentiner – das ist nicht gerade eine Geschichte für jemanden, der diese Stadt besucht. Aber als wir hier ankamen, habe ich mich an Eure Frage nach der Natur des Menschen erinnert. Eine Kirche sollte ein Ort der Besinnung sein, doch der Duomo weckt in mir manchmal … nun, wie Ihr sagtet, Zweifel.«
    Vielleicht war es der Abend, vielleicht der Gedanke an die Vergangenheit, vielleicht auch die Tatsache, daß der andere gerade eine Schwäche offenbart hatte – Richard überwand sich und fragte mit gesenkter Stimme: »Glaubt Ihr eigentlich an Hexen? Glaubt Ihr, daß es sie gibt?«
    Mario hatte während seines Berichtes abwesend gewirkt, als erlebe er den Aufstand der Pazzi noch einmal. Doch nun wandte er seine ganze Aufmerksamkeit Richard zu, trat einen Schritt näher und heftete seinen Blick mit einer Intensität auf Richard, die alles andere, den Platz, die jungen Leute, die auf den Treppen des Duomo saßen und miteinander schwatzten, auszuschließen schien.
    »Warum wollt Ihr das wissen?«
    Seine Stimme klang beinahe hart. Richard biß sich auf die Lippen und schalt sich einen Dummkopf. Dies war ein Priester, einer der berufsmäßigen Hexenjäger. Warum hatte er nur gefragt? Was hatte er denn erwartet, Erleuchtung? Er dachte an den Abt, den er einmal für verehrungswürdig gehalten hatte, dachte an den Tag, als Bruder Ludwig mit ihm zum Abt gegangen war und dieser eine neue Bulle des Papstes studiert hatte. ›Summis desiderantes‹. Die Hexenbulle, in der jeder Zweifel an der Existenz von Hexen mit Androhung der Exkommunikation verboten wurde.
    »Riccardo«, sagte Mario langsam, »wann seid Ihr zum letzten Mal zur Beichte gegangen?«
    Richards fast schon verebbte Abneigung gegen den Mönch kehrte auf einen Schlag zurück. Beichte, wahrhaftig!
    »Ich habe nicht die Absicht, Hexenmeister zu werden, falls Ihr das meint«, erwiderte er verächtlich.
    »Das meinte ich nicht.« Mario legte eine Hand auf seine Schulter. »An Euch frißt etwas, und das vermutlich schon seit Jahren. Deswegen habt Ihr mich gefragt und deswegen meine ich, daß Ihr die Beichte braucht.«
    »Mir fehlt nichts«, sagte Richard mit leiser, eiskalter Stimme und entfernte mit einer langsamen, präzisen Bewegung die Hand des Priesters von seiner Schulter. »Falls Ihr es genau wissen wollt, mich an die Kirche zu wenden und zu beichten wäre

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