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Die Puppenspieler

Die Puppenspieler

Titel: Die Puppenspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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den Rücken zugewandt. Es mußte sich um einen der beiden Maskierten handeln. Der Mann stand ganz still, dann fuhr seine Hand hoch und kam blitzschnell mit der Maske wieder herunter.
    »Sieh also, wer ich bin! Jetzt«, die Stimme wurde beinahe höhnisch, »kennt Belial auch meinen Feind, nicht wahr?«
    »Belial kennt ihn.« Ein dumpfes Fallen, als würde noch eine dritte Börse hinzugeworfen. Die Maske war wieder an ihrem Platz. Niemand außer dem Hohepriester und möglicherweise dem nächsten Bittsteller konnte das Gesicht gesehen haben.
    »Belial erweist dir Gnade. Er wird dein Begehren erfüllen.«
    Neue Bittsteller drängten sich vor, und Richard versuchte verzweifelt, den Maskierten im Auge zu behalten. Doch als dieser aus dem spärlichen Lichtkreis der Fackeln trat, verschluckte ihn das Gewirr aus Schwärze und Masse, das die Grotte füllte. Nur zwei Satzfetzen verstand Richard noch, bei denen er nicht einmal sicher sein konnte, von wem sie stammten.
    »… verdammt leichtsinnig von Euch … für immer aus der Stadt ver…«
    »… Euer Einfall, Riario …«
    Als Richard schon glaubte, den Mann und seinen Begleiter endgültig verloren zu haben, ertönte ein gedämpfter Aufschrei. »Halt, warte! Du bist es doch, ich habe mich nicht geirrt, Vittorio de'Pa –«
    Richard schnellte herum, in die Richtung des Rufes, doch es war zu spät. Etwas Schweres, Weiches fiel gegen ihn, und er brauchte keinen großen Scharfsinn, um zu erkennen, was es war.
    Eine noch warme, schwere Leiche.
    Der Gottesdienst bei Morgengrauen gehörte bestimmt zu den unangenehmsten Dingen, die Fra Mario kannte. Vor seinem Eintritt in das Kloster hatte Mario Volterra, der ein ausgesprochener Nachtmensch war, oft den größten Teil des Vormittags im Bett verbracht. Er dachte manchmal nicht ohne Bedauern an die feinen weißen Laken, die weichen Kissen und all den übrigen Luxus, der zum Leben im Palazzo seiner Eltern gehört hatte. Die Volterra zählten zu den ersten Familien in Florenz, und Mario hatte in seiner Kindheit und Jugend nichts entbehren müssen.
    In Santo Spirito herrschte um diese Tageszeit noch Ruhe, denn die Mönche bewegten sich fast lautlos im Kloster, und von den Florentinern kam keiner auf die Idee, zu solcher Stunde an der Messe teilzunehmen. Mario hätte beinahe offen protestiert, als einer der Novizen zu ihm eilte, die wohltätige Stille unterbrach und laut sagte: »Fra Mario, Ihr habt Besuch.«
    Strafende Blicke trafen den Novizen von allen Seiten. Um diese Zeit sollte geschwiegen werden, und der Orden hatte für derartige Nachrichten genügend Handzeichen entwickelt. Der Novize senkte schuldbewußt das Haupt, fügte jedoch, wenn auch wesentlich leiser, hinzu: »Er wartet in Eurer Zelle.«
    Mario nickte. Er beeilte sich nicht sonderlich. Besucher im Morgengrauen waren eine Zumutung, dachte er lustlos auf dem Weg zu seiner Zelle. Dann tadelte er sich innerlich; hing er nach all diesen Jahren noch so sehr an Bequemlichkeit? Wenn das zutraf, war diese morgendliche Unterbrechung eine angemessene Buße.
    Er öffnete die Tür und blieb überrascht stehen. »Ich weiß, ich war sehr unhöflich zu Euch, und Ihr könnt mich gleich hinauswerfen«, sagte Richard hastig, »aber mir fiel sonst niemand ein, der mir glauben würde, was ich entdeckt habe, und in der Lage wäre, mir weiterzuhelfen.«
    Der Augustiner schloß sorgfältig die Tür hinter sich, kam jedoch nicht näher, sondern blieb, gegen das rauhe Holz gelehnt, stehen. »Ich höre.«
    Richard hatte die ganze Nacht lang schlaflos überlegt, was zu tun und zu sagen war. Seine Lider brannten, er spürte allmählich die Erschöpfung, und der Geschmack von ›Belials Blut‹ schien sich in seinem Mund festgesetzt zu haben.
    »Ich … ich denke, ich habe ein Komplott entdeckt, dessen Ziel es ist, Lorenzo de'Medici zu ermorden.«
    Wenn Fra Mario entsetzt, ungläubig oder empört war, so ließ er dies nicht erkennen. Er löste sich lediglich von der Tür und meinte: »Bevor Ihr mir erzählt, warum, wo und wann, nehmt doch bitte Platz auf dem Schemel dort. Ihr scheint mir nämlich dem Umfallen nahe zu sein. Was mich betrifft, ich bin aufrichtig gesprochen um diese Stunde auch nicht für Mordkomplotte gewappnet.«
    Er ließ sich auf seiner Pritsche nieder. Richard tat, wie ihm geheißen.
    »Also«, sagte Mario, »die ganze Geschichte, von Anfang an, bitte.«
    Richard berichtete von seinem Besuch der schwarzen Messe und von den Geschehnissen, die er dort beobachtet hatte. Er achtete sehr

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