Die Puppenspieler
darauf, mit keinem Wort zu erwähnen, aus welchem Grund er selbst sich dort befunden und wer ihn dort hingebracht hatte, schilderte aber die Zeremonien von Anfang an als offensichtliche Betrügerei. Abergläubisch und dadurch gefährlich mochten diese Menschen sein, doch er würde ihnen gewiß nicht die Inquisition auf den Hals hetzen. Als er zu den beiden Maskierten kam, insbesondere zu demjenigen, der vorgetreten war und den Mord verlangt hatte, veränderte sich Marios bis dahin ausdrucksloses Gesicht.
»Riario? Seid Ihr sicher, daß dieser Name fiel?«
»Ganz sicher. Und dann dieses abgerissene ›Pa –‹. Vielleicht hätte ich das gar nicht in Verbindung gebracht, doch Ihr hattet mir ja nur ein paar Tage zuvor von der Verschwörung der Pazzi erzählt. Und war der Familienname des damaligen Papstes, der Lorenzo dann exkommunizierte, nicht Riario?«
Mario erhob sich und begann, unruhig auf und ab zu gehen. »Das stimmt. Einer seiner Neffen, Girolamo Riario, der schon damals die Verschwörung von Rom aus leitete, ist heute das Oberhaupt der Familie. Und nur die Riario oder die Pazzi verfolgen die Medici nach den Gesetzen der Vendetta.«
Richard runzelte die Stirn. »Es fällt mir jetzt erst ein – sagtet Ihr nicht, die Pazzi wären nach Giuliano de'Medicis Ermordung von den Florentinern umgebracht worden?«
»Drei haben überlebt. Guglielmo de'Pazzi, weil er mit Lorenzos Schwester verheiratet ist, doch er wurde für immer aus Florenz verbannt, ebenso sein Vetter Vittorio, der damals als einziger entkommen konnte. Giovanni de'Pazzi sitzt heute noch im Kerker der Signoria. Es muß Vittorio sein. Ich bin ganz sicher, selbst wenn Ihr seinen Vornamen nicht gehört hättet. Guglielmo wäre dazu nie in der Lage.«
»Es dürfte außerdem nicht viele Männer geben, die bei einer Blutfehde nur ein einziges Ziel haben und die so bekannt sind, daß man sie und ihren Feind nur durch einen bloßen Blick herausfinden kann.«
Mario hielt in seinen Schritten inne. »So ist es. Aber warum haben Vittorio de'Pazzi und ein Mitglied der Familie Riario es nötig, unter Lebensgefahr nach Florenz zu kommen, wo Gift oder Dolch in Rom doch soviel leichter zu haben sind?«
Richard blickte auf seine Hände. »Bei einem Mißerfolg«, entgegnete er, »wären diese Belial-Anbeter die Schuldigen, und die Entdeckung eines Teufelskults würde einen solchen Aufruhr verursachen, daß noch monatelang von nichts anderem als von Zauberern und Hexen gesprochen wird – und keinesfalls von den Pazzi.«
Mario fragte unvermittelt: »Warum seid Ihr damit nicht zu Eurem Capo Maestro, diesem Riesen im Fondaco, gegangen? Oder zu einem unserer zahlreichen Beamten.«
»Ich habe es Euch doch gesagt«, antwortete Richard müde, »Meister Eberding hätte mir nicht geglaubt. Eure Beamten vielleicht, aber … nun, sie hätten eine Hexenjagd in Florenz eröffnet.«
Mario fuhr sich mit der Hand durch die Haare. »Und Ihr glaubt, daß ich das nicht tue, daß es sich jetzt noch vermeiden läßt?«
Richard war es, als müsse er eine schmale Brücke überqueren, bei der zu beiden Seiten der Abgrund lauerte und jeder Schritt Gefahr bedeutete.
»Ihr verkehrt bei den Medici, seid befreundet mit Pico della Mirandola, Ihr habt Möglichkeiten, Lorenzo so zu warnen, daß die Sache mit der schwarzen Messe dabei nicht an die Öffentlichkeit dringt.«
Damit war Marios Frage nicht ganz beantwortet. »Riccardo, Ihr seid sturer als ein Toskaner«, stellte er resigniert fest. »Doch zu Eurer Beruhigung: Il Magnifico hat so wenig mit Hexenjagden im Sinn wie Ihr, und ich könnte mir auch einen angenehmeren Zeitvertreib vorstellen. Als ich Euch die Beichte vorschlug, habe ich auch an das Beichtgeheimnis gedacht, nicht nur an eine Gewissenserleichterung Eurerseits.«
Richard erstarrte. »Ich bin nicht bei der schwarzen Messe gewesen, um den Teufel anzubeten und zu hexen, falls Ihr das meint. Die ganze Sache hat mir nur bestätigt, daß nichts davon mit Magie oder Hexerei zu tun hatte. Es ist nichts als ein verdammt gefährliches Spiel mit der Leichtgläubigkeit der Menschen.«
»Es mag Euch überraschen, aber in diesem Punkt bin ich ganz Eurer Meinung. Riccardo, ich werde Euch helfen, doch ich bemerke zu meinem Erschrecken gerade, daß ich für einen Diener Gottes recht eigennützig bin. Ich will eine Gegenleistung von Euch dafür, daß die Stadt nun nicht nach Zauberern durchkämmt werden wird, obwohl das die Untersuchung wesentlich vereinfachen würde.«
Jemand pochte
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