Die Puppenspieler
Unterstützung ihrer Worte ein paar Kanonen ab, die Orsi zogen sich verwirrt in die Stadt zurück, und einen Tag später waren die Truppen ihres Onkels aus Mailand da.«
»Jeder wußte, wieviel Gnade von Lodovico Il Moro zu erwarten ist, nämlich gar keine«, fügte der ebenfalls anwesende Tommaso Soderini ein wenig spitzbübisch hinzu, »aber niemand konnte sich erklären, wie Il Moro so schnell von Catarinas Bedrängnis erfahren hatte, wo sie doch keine Möglichkeit hatte, ihm einen Boten zu schicken. Seid Euch nur nicht zu sicher, Roberto, ich glaube, Catarina Sforza wird einen Medici als Gemahl akzeptieren.«
Richard hakte sofort nach. »Ihr meint, Lorenzo hat ihr geholfen?« Soderini zuckte mit den Achseln. »Er würde der Witwe von Girolamo Riario keine florentinischen Soldaten schicken, aber einer zukünftigen Cousine eine helfende Hand zu reichen, in Form einer Botschaft …«
»Ach, Unsinn«, unterbrach Salviati leicht verärgert. »Ihr verliert Euch in Spekulationen. Sei dem, wie es will, Catarina Sforza ist jetzt die unumschränkte Herrin einer reichen Grafschaft – und Lorenzo kann ihr noch nicht einmal einen seiner Söhne anbieten. Piero ist schon verheiratet, Giovanni Priester und Giuliano noch ein Kind. Warum sollte sie den Vetter eines Mannes nehmen, der kein Adeliger ist und auch nicht besonders vermögend, wo sie Herzöge haben kann?«
Die schüchterne Stimme seiner Frau erhob sich wieder. »Er wird sie doch nicht selbst heiraten – Lorenzo, meine ich?«
Roberto Salviati verschluckte sich; er prustete, setzte seinen Weinbecher ab und ließ sich auf den Rücken klopfen, bis er wieder zu Atem kam. »Madonna, ich hoffe es nicht! Wenn sie das ist, bin ich sicher, daß sie die Vendetta weiterführt!«
»Schließen wir eine Wette ab«, schlug der unternehmungslustige Colino Ridolfi vor. »Ich setze auf Il Magnifico; er wird sie überreden. Wer hält dagegen?«
Saviya hatte Richard nicht begleitet, obwohl er sie darum gebeten hatte; in diesen Dingen war sie realistischer als er. Es gab Einladungen, zu denen ein Mann seine Geliebte mitnehmen konnte, doch dies war keine davon, besonders, wenn die Geliebte eine Zigeunerin war. Das hieß nicht, daß sie die Angehörigen der wichtigen Florentiner Familien nicht schon kennengelernt hätte; auch sie hatte Einladungen erhalten, Einladungen, von denen Richard nichts wußte.
Sie wartete im Zimmer der Herberge auf Mario. Doch heute hatte sie keine Bücher im Sinn; sie mußte etwas mit Riccardos Freund besprechen, sie mußte ihm ihr Geheimnis offenbaren, es blieb ihr keine andere Wahl.
Als Mario eintrat, schaute sie zu ihm auf, rührte sich jedoch nicht. Sie trug ihre alte Kleidung, Hosen und Wams, und kniete vor einem sorgfältig aufgestellten Kreis aus Kerzen. Innerhalb des Kreises hatte sie den Reisig ausgebreitet, den sie so gut zu lesen verstand. Der Priester wurde bleich, nur einen Moment, doch Saviya wußte, daß er ihr Geheimnis erkannt hatte. Sie zog noch ein letztes Schutzzeichen um den Kreis.
»Ich habe versucht, es Riccardo zu erzählen«, sagte sie ein wenig trotzig zu Mario, »aber ich konnte es nicht.« Sie schaute auf den goldenen Ring, den sie trug, den Ring, den Richard ihr gegeben hatte. »Ihr wißt, warum.«
Mario ging nicht darauf ein. »Warum erzählst du es mir?« fragte er tonlos. Saviya berührte die eingebrannte kleine halbmondförmige Narbe an ihrem Handgelenk, das Zeichen, das sie zur Nachfolgerin ihrer Mutter, der Zauberin des Stammes, gemacht hatte.
»Er will mir nicht glauben, was ich sehe, und ich kann nicht sagen, daß ich es sehe. Also müßt Ihr ihn überzeugen. Tod liegt über der Stadt.«
»Über wem genau?« fragte Mario und trat ein paar Schritte näher, achtete aber darauf, den Kreis aus Kerzen nicht zu berühren. Saviya starrte ihn an.
»Seit ich in der großen Kirche war, bin ich sicher. Der Fürst wird sterben und der Mönch auch, im Feuer, aber vorher wird er das Feuer noch für viele andere entzünden. Es geht Tod von ihm aus, und sein Schatten fällt auf Riccardo und …«
Sie hielt inne und schaute wieder auf den Reisig. Mario sagte nichts. Seit dem Ende der Fastenzeit hatte sich der Sommer nicht mehr aufhalten lassen, und es war so heiß, daß seine Kutte überall unangenehm an seinem Körper klebte. Unbewußt griff er nach der Kordel, die das Mönchsgewand zusammenhielt, und schlang sich das herabhängende Ende um die Finger, verknotete es, straffte es, bis seine Knöchel weiß wurden.
»Und wenn ich
Weitere Kostenlose Bücher