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Die Puppenspieler

Die Puppenspieler

Titel: Die Puppenspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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bezahlen können. Was sollten wir darüber sagen oder doch lieber nicht sagen, Mario?«
    Der Priester schwieg, obwohl es so aussah, als ob ihm eine Erwiderung auf der Zunge lag. Etwas versöhnlicher setzte Richard hinzu: »Im übrigen tue ich hier tatsächlich dasselbe wie in Florenz – ich beschäftige mich mit dem Goldschmiedehandel und versuche außerdem noch den Handel mit Kunstwerken zu beleben. Deswegen bin ich auch hier, weil nämlich …«
    »Und das Wissen, Riccardo?« unterbrach ihn Mario bestimmt. »Was ist aus deinem Wissensdurst geworden?«
    Richard schaute an ihm vorbei auf die Säulen der Loggia. »Vor meiner Abreise aus Augsburg«, sagte er langsam, als sei jedes einzelne Wort für ihn neu und müsse zuerst geprüft werden, »habe ich unser Buch veröffentlicht, Mario. Anonym, und es war nicht leicht, aber Jakob Fugger hat es mir ermöglicht, und deswegen …«
    Mario schüttelte den Kopf. »Das Buch. Ist das denn alles, was Wissen dir bedeutet hat – Waffen gegen die Inquisition zu finden?« Er spürte sofort, daß er einen Fehler gemacht hatte, denn Richard machte sich mit einem Ruck los.
    »Besser, Wissen zu erlangen, um Menschen zu retten«, sagte Richard, schneidend und unerbittlich wie eine Klinge, »als Wissen um des Wissens willen und sicher in seinem Skriptorium hocken und zulassen, daß andere durch ihre eigene Torheit verbrannt werden.«
    Damit war es ausgesprochen, und Mario wußte, daß diesmal kein Weg an einem völligen Geständnis vorbeiführte, wenn er das empfindliche Freundschaftsband nicht erneut zerstören wollte.
    »Also gut«, sagte er steinern. »Ich weiß, ich muß dir einiges erklären, aber nicht hier. Gehen wir hinein.«
    Marios Zimmer in der überfüllten florentinischen Botschaft war zwar sehr klein, doch gemessen an seiner Mönchszelle in Santo Spirito ausgesprochen bequem eingerichtet, und er hatte auch Platz für die wenigen Bücher gefunden, die er mitgebracht hatte. Er forderte Richard auf, sich auf den einzigen Schemel im Raum zu setzen, und nahm selbst auf dem Bett Platz, dessen weiche Fülle ihm nachts ein gewisses schuldbewußtes Vergnügen bereitete.
    Doch ehe er sich noch geräuspert und seine Erklärung begonnen hatte, flog die Tür auf, und ein erhitzter Giovanni de'Medici stürmte atemlos herein. Er mußte trotz seiner Körperfülle die Treppen hinaufgerannt sein und kam anscheinend direkt aus dem Vatikan, denn er hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, seine rote Kardinalsrobe abzulegen, obwohl er gewöhnlich weltliche Kleidung bevorzugte.
    »Fra Mario, Ihr glaubt nicht, was eben … oh.«
    Richard stand auf, und erst als Giovanni abwinkte, wurde ihm klar, daß er eigentlich niederknien und den Ring hätte küssen müssen.
    »Ich kenne Euch doch«, sagte Giovanni, der ihn neugierig musterte. »Ihr seid der Tedesco, der meinem Vater das Leben gerettet … und diesen Streit mit Piero gehabt hat. Ich kann mich noch gut erinnern, Piero war noch tagelang wütend auf Euch.«
    »Das tut mir leid … Euer Eminenz.«
    »Mir nicht«, erklärte Giovanni gutgelaunt. »Wir fanden es ziemlich komisch, Giulio, Giuliano und ich. Aber was führt Euch nach Rom?«
    »Der Handel, Euer Eminenz, und deswegen komme ich auch zu Euch. Die römischen Adeligen scheinen mir Fremdem gegenüber ein wenig … voreingenommen.«
    Giovanni grinste breit. »Sagt lieber gleich, sie hassen alle Nichtrömer. Ich weiß es, glaubt mir – Florentiner sind hier nämlich fast so unbeliebt wie Katalanen. Ach, richtig!« Er wandte sich an Mario. »Das wollte ich Euch erzählen, Padre. Der Gesandte aus Mantua war dabei, also wird es in einer Stunde ohnehin in der ganzen Stadt herum sein, und so macht es nichts, wenn Euer Freund auch davon erfährt. Wir besuchten also heute alle den Heiligen Vater an seinem Krankenlager, und Kardinal Borgia bat ihn, die Schlüssel zur Engelsburg dem Kardinalskollegium zur sicheren Aufbewahrung zu übergeben. Ich finde das ziemlich vernünftig, denn was soll der Heilige Vater jetzt noch mit den Schlüsseln?«
    Insgeheim fragte sich Mario, ob es Zufall oder Fügung war, daß Gott ihm noch einmal einen Aufschub gewährt hatte, aber er war in jedem Fall dafür dankbar und lauschte wie Richard aufmerksam dem immer noch ein wenig atemlosen Giovanni.
    »Jedenfalls, der Borgia hatte noch nicht einmal ganz zu Ende gesprochen, als Kardinal della Rovere schon lauthals sagte: ›Heiliger Vater, Ihr werdet die Sicherheit unserer Stadt doch nicht einem Fremden anvertrauen,

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