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Die Puppenspieler

Die Puppenspieler

Titel: Die Puppenspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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unvermittelt. »Ich kenne ihn aus der Wirklichkeit. Bei einem solchen Prozeß war ich der Adlatus des Inquisitors, in Pisa, während meines Noviziats. Die Hexe war Saviyas Mutter. Ich weiß nicht, warum sie es dir nicht erzählt hat, am Schluß, als ich es nicht geschafft, noch nicht einmal richtig versucht hatte, dich aus der Stadt fernzuhalten. Sie hatte keinen Grund mehr, mich zu decken, außer vielleicht den, daß sie es deinetwegen tat.«
    Einmal ausgesprochen, schienen sich die Worte zwischen ihnen aufzubauen wie eine Mauer; er konnte Richards Gesicht kaum mehr erkennen, es war, als hätten die vertrauten Züge sich in die Maske eines Fremden verwandelt. Mario spürte nichts, noch nicht einmal Schmerz, nur dumpfe Erleichterung, weil die Axt endlich gefallen war. Monoton fuhr er mit seiner Rede fort, berichtete von dem einen Jahr mit Bernardo di Pisa, der es sich in den Kopf gesetzt hatte, eine Zigeunerin zu verbrennen, erzählte auch von dem, was Saviya über Richards Zukunft gesagt hatte.
    »Sie liebt dich, Riccardo«, schloß er. »Was auch immer zwischen euch vorgefallen sein mag, ich bin sicher, daß sie dich hebt.«
    »Vielleicht hat sie das einmal getan«, sagte Richard ausdruckslos.
    »Vielleicht war es auch nur eine Schwärmerei, die sich ein Kind in den Kopf gesetzt hatte. Wie auch immer, ich habe nur noch eine Frage an dich: Glaubst du, daß Saviya eine Hexe ist?«
    Eine Ratte huschte zwischen ihnen vorbei, doch keiner der beiden beachtete sie. Mario lauschte in sich hinein, suchte vergebens nach einer Offenbarung, einer Inspiration. Er war sich nur zu bewußt, daß mit dieser Frage das in der Waagschale lag, was von ihrer Freundschaft noch geblieben war. Aber er konnte nicht lügen, nicht mehr: Halbwahrheiten hatten schon genug Schaden zwischen ihnen angerichtet.
    »Ich glaube nicht«, zwang er sich schließlich zu sagen, »daß sie einen Bund mit dem Teufel geschlossen hat. Aber ich glaube, daß sie über mehr Kräfte verfügt, als dem Verstand, der Ratio, zugänglich sind. Wie man das nennen soll, wenn nicht eine Hexe, weiß ich nicht.«
    Richard schwieg und starrte auf den langsam verrottenden Abfall unter ihnen. Er dachte an die Verachtung, die er seinerzeit in Wandlingen für Bruder Albert und den Abt empfunden hatte, wohlmeinende Männer, die es nicht verstehen konnten, daß man ihnen ihre Schwäche zum Vorwurf machte. Vielleicht hätte er damals über Mario genauso gedacht, doch inzwischen war zuviel geschehen. Er war kein Kind mehr, er hatte selbst gelernt, wie schwer ein unerbittlicher gerader Weg einzuhalten war, er hatte selbst Zugeständnisse an die Wirklichkeit machen müssen. Und verminderte das, was ihm Mario erzählt hatte, die Hilfe und Freundschaft, die ihm der Priester fast vom Tag seiner Ankunft in Florenz an entgegengebracht hatte? Saviya war natürlich keine Hexe, ebensowenig wie ihre Mutter, doch wenn Mario das eingestände, dann erklärte er damit seinen verehrten Bernardo und sich selbst zu kaltblütigen Mördern, und dazu war er einfach nicht fähig. Richard verstand das mittlerweile nur zu gut. Es gab auch für ihn Dinge, über die er nicht nachdenken und die er sich selbst nicht eingestehen wollte. Sein Aufenthalt in Augsburg und das Zusammentreffen mit Mario, der noch immer beunruhigend scharfsichtig in dieser Beziehung war, hatten ihm das erneut klar gemacht.
    »Mario«, sagte er beinahe heftig, und der Priester zuckte unwillkürlich zusammen, »mir ist gerade der beste Einfall seit langem gekommen.«
    »Welcher?« fragte Mario mit gerunzelter Stirn.
    »Gehen wir in die nächste Schenke und betrinken uns«, sagte Richard.

32
    R OM ERLAHMTE UNTER DER drückenden Hitze des Sommers, und als am fünfundzwanzigsten Juli die Glocken zu läuten begannen, um den Tod des Papstes zu verkünden, glich die allgemeine Reaktion fast einem erleichterten Aufatmen. Man hatte so lange darauf gewartet. Nun würde zumindest eine klare Entscheidung getroffen werden, die Rom und der Christenheit einen handlungsfähigen Papst geben würde.
    Johannes Zink jedoch meinte warnend zu Richard: »Erhofft Euch nur nicht zu bald eine Audienz, und geht in den nächsten Tagen nicht so oft auf die Straße. Man weiß nicht, wie lange das Konklave dauern wird bei zwei so starken Kandidaten, und in der Zwischenzeit werden die alten Familien ihren Vendettafehden nachgehen, da die Administration jetzt völlig gelähmt und keinerlei Ahndung zu befürchten ist.«
    Das Mahl, bei dem Richard vielleicht die

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