Die Puppenspieler
Jahr, nur weil du nicht verlieren kannst?«
Das Lächeln blieb in Cesare Borgias Gesicht, aber es verlor jede Wärme. »Mein Bruder«, sagte er zu Richard, »der Herzog von Gandia. Seine Durchlaucht wird mit Kardinal Mendoza nach Kastilien reisen, um dort zu heiraten. Die Aussicht macht ihn verständlicherweise ein wenig launisch, nicht wahr, Juan? Und meine Schwester Lucrezia. Darf ich euch Messer Riccardo vorstellen – ein Freund unserer Freunde, der Orsini. Messer Ulrico, Messer Giovanni, beide vom Unternehmen Fugger.«
»Ach ja«, murmelte Juan Borgia, »ich erinnere mich. Der zweite Lazarus. Ich hoffe, Ihr versteht Euch darauf, noch öfter von den Toten aufzuerstehen, Messer, wenn Ihr in Cesares Nähe bleiben wollt.«
»Er hat zuviel getrunken«, sage Lucrezia verlegen, »entschuldige ihn bitte, Cesare.«
»Aber nicht doch. Wir sind doch daran gewöhnt, Querida . Doch du solltest dich bei Messer Riccardo und seinen Freunden für dein Geschwätz entschuldigen, Juan, sie könnten es sonst ernst nehmen.«
Da Juan Borgia, anders als sein Bruder, sehr hellhäutig war, sah man, wie ihm das Blut in die Wangen stieg. Sein fast mädchenhaftes Gesicht verzerrte sich, als er hitzig begann: »Den Teufel werde ich tun, und …«
Zu Richards Überraschung stand die Tochter des Papstes abrupt auf. Bisher hatte er geglaubt, sich die Ähnlichkeit mit Saviya nur eingebildet zu haben, denn aus der Nähe schien sie wenig mehr als nur ein verwöhntes hübsches Kind zu sein, aber nun straffte sich der weiche, nachgiebige Mund, die grauen Augen strahlten Kälte und Entschlossenheit aus, und die Hand, die sie auf Juans Arm legte, war nicht bittend, sondern griff schmerzhaft fest zu.
»Mir ist nicht gut, Juan. Ich glaube, ich ziehe mich zurück. Würdest du mich bitte begleiten?«
Sie verabschiedete sich höflich von ihrem älteren Bruder und seinen Gästen, und Juan Borgia blieb nichts anderes übrig, als sich mit ihr durch den überfüllten Saal zu drängen. Cesare sah ihnen nach, bis sie außer Sichtweite waren, dann wandte er sich wieder an Richard.
»Vielleicht habt Ihr schon davon gehört«, sagte er abrupt, »daß gestern einer geschätzten Freundin, Madonna Fiammetta, fast ein bedauernswerter Unfall zugestoßen wäre. Wie es der Zufall wollte, befand sich ein Diener unserer gemeinsamen Freunde in der Nähe, und da ich ein, nun sagen wir, gewisses familiäres Interesse an Madonna Fiammetta hege, befragte ich diesen Augenzeugen über den Unfall. Der arme Mann schien selbst etwas gelitten zu haben, denn er hat mir eine ziemlich wirre Geschichte erzählt. Könnt Ihr Euch vorstellen, warum Fabio Orsini glauben sollte, meine Familie hätten ihm Schaden zufügen wollen?«
Richard stellte fest, daß Zink zwar deutlich irritiert und alarmiert dreinschaute, Hänsle jedoch in ein Gespräch mit der rothaarigen Dame, die ihm gegenübersaß, verwickelt war. Er trank ein wenig von dem dargebotenen Velletri, der wie fast alle in Rom beliebten Weine aus den nahen Albaner Bergen stammte, und war sich dabei bewußt, daß Cesare Borgia ihn keinen Moment lang aus den Augen ließ.
»Nein«, entgegnete er ruhig, obwohl er spürte, wie sein Puls sich beschleunigte. »Es muß sich wohl um Wahnvorstellungen handeln … Euer Eminenz. Wie man hört, sind solche Phantasiegebilde bei den Orsini nicht gerade selten.«
Cesare nippte ebenfalls an seinem Becher. »Gewiß. Sie haben einen beklagenswerten Hang dazu. Nur könnte es natürlich auch sein, daß jemand sie ihnen absichtlich in den Kopf gesetzt hat. Aber das wäre doch sehr töricht – eine Fehde zwischen den Orsini und den Borgia auslösen zu wollen, stimmt Ihr mir da nicht zu, Messer Riccardo? Schließlich weiß man nie, wer den Gesetzen der Vendetta zum Opfer fallen kann.«
Starre mich an, solange du willst, dachte Richard und gab Cesare Borgias Blick unverwandt zurück. Jemand, der mit Jakob Fugger Schach gespielt hat, läßt sich ganz bestimmt nicht vom Bastard eines größenwahnsinnigen Priesters einschüchtern.
»Ganz gewiß wäre das töricht«, versetzte er, »und überflüssig zugleich. Schließlich hat der Heilige Vater in seiner grenzenlosen Weisheit alle Fehden in Rom untersagt, und die Stadt ist ihm sehr dankbar dafür. Ich schätze mich glücklich, in einer Zeit leben zu dürfen, in der willkürliche Morde nicht mehr vorkommen, Ihr nicht auch … Euer Eminenz?«
Einen Augenblick lang fürchtete er, den Bogen überspannt zu haben. Cesares Augen verengten sich, und Richard
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