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Die Puppenspieler

Die Puppenspieler

Titel: Die Puppenspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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fühlte sich an den Ausdruck des Räubers erinnert, der ihn damals in den Alpen beinahe umgebracht hatte. Plötzlich war er sich sicher, daß auch dieser Mann, ohne zu zögern, kaltblütig töten konnte, wenn jemand sich ihm in den Weg stellte oder wenn er dies für notwendig hielt.
    Dann entspannten sich die Züge seines Gegenübers, und Richard erkannte echte Heiterkeit, als Cesare Borgia den Kopf schüttelte und lächelnd erwiderte: »Wißt Ihr, Riccardo, ich habe Euch unterschätzt. Wie es scheint, verfügt Ihr nicht nur über Verstand, sondern auch über Mut. Beides kann ich gebrauchen. Falls Ihr je in Schwierigkeiten mit unseren gemeinsamen Freunden kommt oder das Bedürfnis habt, nicht mehr für Euer Unternehmen zu arbeiten, dann wendet Euch an mich.«

37
    M ARIO WAR NICHT UNGLÜCKLICH darüber, daß Giovanni de'Medici sich entschieden hatte, das Weihnachtsfest nicht in Florenz, sondern in Rom zu verbringen. Für Giovanni allerdings bedeutete der Entschluß für Rom eine Flucht. Die Atmosphäre im Palazzo in der Via Larga war unerträglich geworden. »Wenn Piero mir noch einmal befiehlt, was ich zu tun habe, schreie ich! Selbst Giuliano kommandiert er nicht so herum! Und von mir will er sich keinen einzigen Ratschlag anhören, dabei könnte er dringend welche gebrauchen. Wir haben Glück, daß Vetter Gianni Catarina Sforza schon geheiratet hat, sonst hätten wir nämlich, so wie Piero sich aufführt, überhaupt keine Verbindung mehr zu den Sforza. Demnächst stellt er Ferrante noch Soldaten zur Verfügung. Das muß man sich einmal vorstellen! Warum um alles in der Welt kann er sich nicht an das halten, was unser Vater gemacht hat?«
    Die letzte Bemerkung rief in Mario eine gewisse unerwartete Sympathie für Piero wach. Es war nicht leicht, Lorenzo de'Medicis Sohn zu sein, und man konnte verstehen, wenn Piero sich von seinem Vater absetzen wollte. Aber unglücklicherweise wählte das neue Oberhaupt der Familie Medici dazu grundsätzlich den falschen Weg. Die Hinwendung zu Neapel war nur ein Beispiel, die Sache mit den Orsini ein anderes.
    Piero hatte Virginio Orsini einen ungeheuren Kredit vorgestreckt, damit dieser von Franceschetto Cibo die umstrittenen päpstlichen Lehen erwerben konnte. Cibo, dachte Piero, war schließlich durch Heirat mit den Medici verwandt und konnte es sich gar nicht leisten, das Geld von ihnen einzutreiben, bei der Summe, die er der Bank noch schuldete. Doch als der Papst kurzfristig mit den Orsini zu einem Kompromiß gekommen war und die Kreditbriefe übernommen hatte, stand mit einem Mal ein Gläubiger vor der Tür, der auf Barzahlung bestand. Und die Bank steckte ohnehin schon in Schwierigkeiten. Deshalb war Piero, auch wenn er es nie zugegeben hätte, erleichtert gewesen, als Giovanni vorschlug, nach Rom zu gehen und mit dem Heiligen Vater zu verhandeln.
    »Er hat natürlich ein Gesicht gemacht, als erwiese er mir einen Riesengefallen«, berichtete Giovanni Fra Mario. »Und um ehrlich zu sein, das tut er sogar. Wenn ich für uns hier die Kohlen aus dem Feuer hole, kann Piero mich nie mehr einen grünen Jungen nennen, und er schuldet mir so etwas wie eine Entschuldigung.«
    Mario hatte seine Zweifel, ob sich Piero de'Medici je dazu durchringen würde, und es war mitnichten sicher, ob Giovanni mit seiner Mission Erfolg haben würde. Doch als sie schließlich in Rom ankamen, war Mario vor allem glücklich, Richard wiederzusehen.
    Er brauchte nicht lange, um festzustellen, daß Richard sich schon wieder in Schwierigkeiten befand. Es war wie ein dunkler Mantel, ähnlich der Finsternis, die ihn umhüllt hatte, als Mario ihm zum ersten Mal begegnet war. Zunächst glaubte Mario, es hinge nur mit Saviya zusammen.
    Richard gab zu, sie hin und wieder zu sehen, aber nicht sehr oft, wie er hinzufügte. »Jedesmal, wenn wir miteinander sprechen, läßt sie mich spüren, daß ich sie verloren habe, daß sie nichts anderes mehr von mir will als Freundschaft. Das sollte mir genug sein, schließlich ist es meine Schuld, daß … Aber es ist mir nicht genug.«
    »Riccardo«, fragte Mario unvermittelt, »hast du ihr je gesagt, daß du sie heiraten wolltest?«
    Wenn es nicht so ernst gemeint wäre, hätte ihn die verdutzte Miene seines Freundes belustigt. »Nein. Es – ich meine, es war selbstverständlich – wir waren ja schon so gut wie verheiratet.«
    Mario seufzte. »Du bist hoffnungslos.«
    Aber die Geschichte mit Saviya war nur ein Teil der Last, die er bei Richard spürte. Mario brauchte

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