Die Puppenspieler
Vergangenheit wieder eingeholt wurde. Er hatte vorgeschlagen, einen Tag außerhalb von Rom zu verbringen, und Saviya, die zugab, sich mittlerweile oft von der Stadt bedrückt und eingesperrt zu fühlen, hatte begeistert zugestimmt.
Es war seltsam friedlich in dem kleinen Wäldchen, das sie schließlich fanden, und als Saviya ihre Schuhe auszog und über eine Lichtung auf den kleinen Bach zulief, der im Vergleich zu dem schlammigen, trägen Wasser des Tibers kristallklar wirkte, ließ sich Richard von ihr mitreißen, machte sich keine Gedanken mehr über Politik und Handel, spürte nichts als die reine Freude am Leben.
Sie sprachen nicht sehr viel, genossen einfach nur den Tag, und als Saviya anfing, mit der hohlen Hand Wasser zu schöpfen und Richard naßzuspritzen, waren sie bald wie Kinder in eine Wasserschlacht verwickelt, bis sie beide völlig durchnäßt im Bach landeten. Die Sonne stand in Saviyas Rücken und zeichnete ihre Linien mit der Schärfe eines Messers nach. Richard, der eben noch mit ihr gelacht hatte, sah sie an. In Saviyas Augen stand dieselbe staunende Gewißheit, daß dies wie durch ein Wunder ein neuer Anfang war. Sie öffnete ihre Lippen, streckte ihre Arme aus, doch noch ehe Richard sie berühren konnte, hörte er Hufgetrappel und eine wohlbekannte Stimme höhnisch sagen:
»Was für ein rührender Anblick! Ist das die Auferstehung alla tedesca ?«
Beide schraken zusammen und blickten zum Ufer. Vor ihnen stand, hoch zu Roß und in Jagdkleidung, Fabio Orsini mit einigen Begleitern. Saviyas Hand fuhr unwillkürlich an ihre Taille, zu dem Dolch, den sie dort trug. Richard hatte im ersten Impuls dieselbe Bewegung machen wollen, doch er hatte sie unterdrückt. Fabio Orsini und seine Leute wären leicht mit einem Dutzend Männer fertig geworden. Innerlich verfluchte Richard den Zufall, der Orsini hierher geführt hatte – oder war es kein Zufall gewesen? Wie dem auch sein mochte, nichts hinderte Fabio Orsini, nun seinen vereitelten Mordversuch zu wiederholen.
»Man könnte meinen, ich sei Äkteon«, sagte Fabio zu seinen Gefährten. »Reite nichtsahnend durch den Wald, und dann ein so reizender Anblick. Wie wär's, Messer Riccardo, wollt Ihr mir Eure kleine Begleiterin nicht vorstellen?«
»Ich sehe keinen Grund«, erwiderte Richard kühl und hoffte, daß Saviya ihn verstand. Orsini durfte sie nicht sprechen hören. Er mußte versuchen, Orsinis Aufmerksamkeit ganz und gar von ihr abzulenken. Richard entschied in plötzlicher Resignation, daß er diesen Tag wahrscheinlich nicht überleben würde, aber er konnte wenigstens versuchen, die Vorliebe des anderen für ein Katz-und-Maus-Spiel auszunutzen, um Saviya zu retten.
»Sie ist unwichtig, nur die Unterhaltung eines vielbeschäftigten Mannes«, sagte er laut.
Fabio Orsini schnalzte mißbilligend mit der Zunge. »Aber nicht doch, nicht doch, wie unritterlich. Wie barbarisch. Doch Ihr seid kein Mann von Stand, Ihr könnt nicht wissen, wie man bei uns eine Dame behandelt.«
Er schwang sich aus seinem Sattel und ging auf Saviya zu. Der Bach war nicht sehr tief, und mit ein paar Schritten hatte er sie erreicht. Richard machte eine Bewegung, und schon war ein halbes Dutzend Armbrüste auf ihn gerichtet. Die Begleiter Orsinis ließen ihn nicht aus den Augen.
»Ihr befindet Euch da in schlechter Gesellschaft, Madonna«, begann Fabio Orsini, dann stutzte er. Langsam hob er eine Hand, griff grob unter Saviyas Kinn und drehte es der Sonne entgegen. »Ich kenne Euch«, murmelte er, »und …«
Er schaute zurück zu Richard, und allmähliches Begreifen flackerte in seinen Augen auf. In diesem Moment zog Saviya ihren Dolch und hielt ihn Fabio Orsini an die Kehle. »Befehlt Euren Männern, sofort von hier zu verschwinden«, stieß sie zwischen den Zähnen hervor, »oder Euer wohledles Blut verfärbt hier den Bach!«
»Das würdet Ihr nicht wagen!«
Richard trat zu ihr. »Ich würde nicht darauf rechnen«, sagte er knapp, »wenn ich Ihr wäre.«
Zum zweiten Mal in seinem Leben von Niedriggeborenen gedemütigt, befahl Fabio Orsini seinen Begleitern mit vor Wut erstickter Stimme, sich zurückzuziehen. Dann sagte er mit etwas mehr Selbstbeherrschung:
»Es ist Euch doch klar, daß Ihr niemals damit durchkommen werdet. Ich habe Euch einmal unterschätzt, zugegeben, aber jetzt weiß ich Bescheid, und für diese Beleidigung werde ich Euch beide tot sehen – und wenn es das letzte ist, was ich vollbringe!«
»Es könnte das letzte sein, was Euch droht«, gab
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