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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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ehe er zu Bett ging, sorgte er dafür, daß seine Sklaven die scharfen Instrumente bekamen, um den letzten trennenden Felsen wegzuschlagen.
    Im dritten Jahr, spät im Monat Ethanim, am Ende der heißen Jahreszeit, als der erste Regen kam und die Bauern zu pflügen und säen begannen, war es sicher, daß in ein paar Tagen die Stollen sich begegnen mußten. Nur den Höhenunterschied konnte man noch nicht bestimmen; sehr wahrscheinlich verlief der eine etwas höher als der andere. Aber schon jetzt ließ sich voraussagen, daß man dies beim Aushauen des Ganges ohne Schwierigkeiten ausgleichen konnte. Die Aufregung wuchs.
    Selbst der Statthalter kroch den kleinen Stollen entlang und ahnte dabei etwas von dem Wunder, das hier geschehen war: Von jeder Seite her hatten sich die Männer an die siebzig Armlängen durch festes Gestein gewühlt, geleitet nur von ein paar Fahnen und Schnüren, und trotzdem sollten sie nun aufeinandertreffen, wie es geplant war.
    Der letzte Tag war gekommen. Mühsam versuchte Wiedehopf, seine Erregung zu verheimlichen. Er weigerte sich, den Durchbruch selbst zu vollziehen, sondern wählte einen Sklaven aus, der gute Arbeit geleistet hatte, und schickte ihn mit seinem Hammer in den Stollen, während er bei der Quelle blieb und auf das Wasser sah, das nun die Frauen ungefährdet in ihre Krüge schöpfen konnten. Seine Arbeit hatte die Zukunft der Stadt Makor gesichert. Tief unten in der Erde betete er zu dem Gott, der über diese Erde herrschte: »Großer Baal, Du hast mich zu meinem Freund Meschab geleitet, von Angesicht zu Angesicht. Den Augen der anderen verborgen, hast Du uns zusammengebracht, und der Sieg ist Dein.«
    »Wiedehopf!« schrien da seine Männer im Stollen. »Wiedehopf!« klang es in freudigem Stimmengewirr. Sklaven krochen aus dem Stollen, Tränen in den Augen.
    »Du mußt hinein!« riefen die Sklaven und schoben ihren Meister in den Gang. Auf den Knien kroch Wiedehopf die zuerst ausgehauene Strecke entlang, die den Erfolg des Unternehmens bestimmt hatte, vorbei an dem Knick, wo Meschab den Verlauf des Stollens berichtigt hatte, und weiter auf die Stelle zu, wo eine Lampe schien. Dort war der so lange ersehnte Durchbruch gelungen. Die Männer drüben warteten schon auf ihn. Er hörte einen Sklaven sagen: »Wenn er seine Hand durchstreckt, dann schreit!« Und da sah er durch die kleine Öffnung Meschab den Moabiter. Ergriffen sagte er: »Mein Bruder! Du bist frei und kannst gehen.« - »Ich werde den Stollen mit dir zu Ende bauen«, versprach der Moabiter. In dieser strahlenden Stunde, als Wiedehopf und Meschab einander in der dunklen Erde begegneten, stieg erschöpft ein hagerer, schwarzbärtiger Mann die Rampe zum Tor der Stadt hinauf. Die Wachen fragten ihn, wie er heiße. Gerschom sei sein Name, stammelte der Fremde, und er suche Zuflucht im Tempel. In der Hand trug er eine Leier.
    .Der Teil
    Vered Bar-El war erst seit kurzem in Chicago und hielt dort Vorträge über den »Todesleuchter«, als über den Tell Makor der sengendheiße Wüstenwind der »Fünfzig Tage« geradezu mörderisch hereinbrach und die Ausgrabungsarbeiten nahezu unmöglich machte. Man nannte diesen Wind jetzt »Chamsin« (mit dem arabischen Wort für fünfzig), aber er war deshalb nicht weniger entnervend als eh und je. Nur noch die Marokkaner machten allenfalls den Versuch weiterzugraben, hielten sich aber vorwiegend am Boden der Suchgräben auf, weil sie dort wenigstens im Schatten den Schutt durchwühlen konnten.
    Bei dem unerträglichen Wetter saß John Cullinane oft auf der rückwärtigen Veranda des Hauptgebäudes und sah den spaßigen Wiedehopfen zu, die geschäftig umherstolzierten und im Boden herumstocherten. Er erinnerte sich, wie Vered einmal in ihrem singenden Tonfall gesagt hatte: »Der Wiedehopf soll das internationale Symbol für die Archäologen sein. Wir gehen auch wie wütend hin und her und stecken unsere Nasen in die Erde.« Er vermißte Vered noch sehr viel stärker, als er erwartet hatte, und hoffte, daß sie bald zurückkehren werde. Manchmal warf er der Bikini-bekleideten Statuette der Astarte auf seinem Schreibtisch eine Kußhand zu und redete sich selbst gut zu, daß er beide, die Tongöttin ebenso wie die lebende, mit nach Chicago nehmen werde. Und im Grunde war er eigentlich froh darüber, daß Vered jetzt Gelegenheit hatte, die Stadt kennenzulernen, die ihre künftige Heimat sein sollte.
    Als sich der Chamsin nicht legte und die Ausgrabungen weiterhin unmöglich machte, nahm

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