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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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von Ptolemais her sind die germanischen Truppen bereits im Anmarsch.«
    »Kannst du sie nicht aufhalten?« fragte Markos.
    »Ich könnte es. Aber die Juden wollten ja Krieg, und nun werden sie ihn bekommen.« Er legte die Finger wieder über die Augen. »Ein solches Ende war nicht beabsichtigt«, sagte er leise. »Weder Rabbi Ascher noch ich haben das gewollt.« Mit todernstem Gesicht blieb er unter den Bäumen sitzen, während die byzantinischen Söldner immer noch an der Befestigung des Lagers arbeiteten. Es war überflüssig, denn die Rebellen hatten nichts anderes zu tun, als die Häuser ihrer Feinde zu plündern.
    Auf ihrem Marsch nach Osten erreichten die Germanen eine Stunde nach Mittag Makor. Der Presbyter Eusebios kam gar nicht dazu, ihnen seine Weisungen zu geben. Unverzüglich stürmten sie die Stadt, zerschlugen den kopflosen Widerstand und machten sich daran, die Häuser der Juden planmäßig niederzubrennen, nachdem sie alle Bewohner umgebracht hatten, die sich nicht auf der Stelle ergaben. Mit entsetzlicher Tüchtigkeit säuberten diese auf zahlreichen Schlachtfeldern Westeuropas erprobten Söldner der byzantinischen Kaiser ein Stadtviertel nach dem anderen, bis sie auch die letzten jüdischen Rebellen über den steilen Nordhang hinabgedrängt hatten und sie nun unten im Wadi verfolgten, wo sie jeden als Kämpfer zu Erkennenden erschlugen. Hier verlor Abraham, der Sohn des Färbers Hababli, sein eitles, leichtsinniges Leben. Seine Frau, die noch versucht hatte, ihm gegen vier Germanen beizustehen, floh ins Unterholz. Auch zu Rabbi Aschers Mühle kamen die Germanen. Der weißbärtige Gottesmann versuchte, sein Eigentum zu schützen, aber schon setzten die Söldner die Mühle in Brand und schlugen auf den Rabbi ein. Johannes und Markos, von Eusebios zur Überwachung der Truppen in die Stadt geschickt, wurden gerade rechtzeitig Zeuge der Mißhandlungen. Voller Schrecken sahen sie, wie Blut seinen Bart rot färbte, während einer der lachenden Krieger ihn mit einem Hieb zum nächsten taumeln ließ.
    »Aufhören!« schrie der riesenstarke Steinmetz und stieß die Germanen beiseite. Johannes hob den Alten, der sich in erbarmungswürdigem Zustand befand, mit einem Griff auf seine Arme und wollte ihn nach Hause tragen. Aber Rabbi Aschers Heim war gleich den anderen zerstört. Deshalb führte Markos seinen Vater zum Arbeitszimmer des Priesters, wo Johannes den blutenden Alten auf den Boden legte, dort, wo an der Wand das Kruzifix hing.
    »Deine Zeit ist um«, brummte Johannes grob und wischte ihm das Blut ab. »Geh nach Twerija zurück und baue an deinem Gesetz.«
    »Das Gesetz bleibt auch hier bestehen«, flüsterte der zusammengeschlagene Grützenmacher. Genau in dem Augenblick, als Rabbi Ascher dieses sein Glaubensbekenntnis leise wiederholte, brüllten draußen die Söldner, die sich um ihren Spaß betrogen fühlten: »Was brauchen die Juden, die unseren Heiland gekreuzigt haben, noch eine Synagoge?« Und schon begannen sie, das niedrige Gebäude einzureißen.
    In der Hoffnung, wenigstens einen Teil der Stadt erhalten zu können, versuchte Eusebios, der Zerstörung Einhalt zu gebieten. Aber die Germanen wußten nichts davon, daß er hier zu gebieten hatte, und wenn sie es wußten, so kümmerten sie sich nicht darum. Sie fuhren fort, die Fenster herauszureißen und die feinen Kalksteinplatten zu zerschlagen. Als Johannes und Markos zur Synagoge eilten, war das Gebäude bereits dem Untergang geweiht. Was hier geschah, entsetzte die beiden Christen; sie hatten zwar von der Synagoge nichts mehr wissen wollen, aber daß Fremde das Bauwerk schändeten, empörte sie zutiefst. »Nein!« schrie Johannes und versuchte zu schützen, was er geschaffen hatte. Aber nun nahmen sogar Einheimische an der Orgie der Verwüstung teil. Als er, wild um sich schlagend, in das Gotteshaus lief, mußte er sehen, daß ein paar Syrer mit einer steinernen Schwelle, die sie herausgebrochen hatten, gegen eine der rosenfarbenen Säulen anrannten. Gleich einem verwundeten Tier, einem lebenden, atmenden Wesen, taumelte das kostbare Gebilde, brach in der Mitte durch, stürzte zu Boden und zerschellte. Der Teil des Daches, den die Säule gestützt hatte, brach herunter. Damit war die endgültige Zerstörung eingeleitet. »Zurück, du!« Johannes hörte nicht die warnenden Worte, denn jetzt wüteten andere mit Stangen und Meißeln gegen das Mosaik.
    »Tod den Juden!« brüllte der Mob. In Minuten vernichtete er, was Johannes in Jahren

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