Die Quelle
ließ
Herakleios seinen Vermittlungsvorschlag verkünden. In Makor wurde dieser in folgender provisorischer Form bekanntgemacht:
»Vom Eifer beseelt, den Streit zu beenden, der die heilige Kirche beeinträchtigt, haben Wir beschlossen, die Auseinandersetzungen über die eine oder die zwei Naturen Christi zu beenden, weil dies unwesentlich ist. Wir ordnen hiermit an, daß jedermann, unabhängig von dem, was er glaubt, in Unserer Kirche willkommen ist. Ohne auf die wahre Natur des Leibes Christi einzugehen, verkünden Wir hiermit, daß Er nur einen Willen hatte, der ohne Fehl den Willen Gottes darstellte. Das ist der Glaube aller wahren Christen, denn Wir haben es verkündet.«
Das Edikt des Kaisers wurde an einem Sommermorgen verlesen. Noch vor Einbruch der Nacht waren drei Männer bei neuen Krawallen umgebracht worden. Und während an den folgenden Tagen der Bischof in seiner Basilika jammerte: »In Christo sind zwei Naturen und ein Wille. Das ist kaiserliches Gesetz«, entgegneten die Anhänger der ägyptischen Kirche hartnäckig: »Eine Natur und zwei Willen«, so daß also die versöhnende Geste des Kaisers nur noch eine weitere Meinungsverschiedenheit in der ohnehin schon aufgewühlten Gemeinde hatte entstehen lassen.
Inzwischen rückten die mohammedanischen Truppen von Osten her bedrohlich näher. Das Ende der byzantinischen Herrschaft über Galilaea stand bevor. Aber die Bewohner dieser Landschaft, streitsüchtig wie eh und je, dachten nur an ihre Händel wegen der wahren Natur Christi, ohne zu merken, daß sie eigentlich denselben Streit weiterführten, der die Christen von Makor schon in zwei Lager gespalten hatte, als der junge Jude Menachem ben Jochanan als Markos in die neue Kirche eingetreten war. Es ging immer noch um die im Grunde gleiche Sache wie damals, um das Bemühen, dem Christentum eine Ausgangsstellung zu schaffen, von der aus es die Welt erobern konnte. Wenn man glaubte, Jesus sei ausschließlich Mensch, so wurde damit seine Göttlichkeit bedeutungslos, und das Wunder der Maria als Gottesmutter schwand dahin; auf der anderen Seite verringerte sich die Bedeutung der Erlösung, wenn man behauptete, Er sei einzig und allein Gott, denn die Kreuzigung konnte dann lediglich als ein Mittel erklärt werden, dessen sich Gott bedient habe - das Leiden und Sterben des Menschen Jesus waren nicht mehr vonnöten. Erst eine Vorstellung von Jesus Christus, derzufolge Seine Wesenheit, Seine Natur und Sein Wille als göttlich und menschlich aufgefaßt wurde, vermochte dem Christentum jenes tiefsinnige und einigende Prinzip zu geben, auf dem sich das erhabene Gebäude von Glauben und Philosophie errichten ließ. In dieses historische Ringen also um die rechte Auffassung Christi waren die Christen von Makor verstrickt. Der kluge Vorschlag des Kaisers Herakleios half ihnen dabei wenig. Denn nur ein paar Wochen waren vergangen, daß man ihn verkündet hatte, als Boten aus Tiberias die Nachricht brachten, die Araber wollten nun auch Makor und Ptolemais erobern.
Abd Omar, der Knecht Mohammeds, näherte sich mit seinen Reitern den Wäldern Galilaeas. Lange genug hatte er über die so widersprüchlichen Behauptungen der Christen nachgegrübelt. Wenn er jedoch an die Juden dachte, so verstand er sie noch weniger. Warum eigentlich hatten sie Mohammeds Lehre nicht angenommen? Diese Frage beschäftigte ihn schon seit langem und sehr eingehend, denn recht eigentlich war er ja selbst ein Jude.
Als versklavter Halbneger hatte er einst einem Omar gehört, und aus dieser Zeit stammte sein Name: Sklave des Omar. Dann aber war er, noch ein Kind, an einen kräftigen, rothaarigen Juden namens Ben Hadad verkauft worden, dessen Vorfahren aus Erez Israel gekommen waren während der bewegten Jahre, als der Feldherr Vespasian den Aufstand der Juden niederschlug. Ben Hadads Ahnen hatten sich aus Galilaea nach Süden geflüchtet und in den weißen Städten Arabiens eine ihnen gern gewährte Zuflucht gefunden. Dort waren sie unter sich geblieben, hatten getreulich die Gebote der Thora befolgt und waren allmählich zu Kaufleuten und Händlern geworden, besonders in der Stadt Jathrib, in der Ben Hadad wohnte. Dieses Jathrib war die Stadt, die bei den Arabern Medinet en Nebbi hieß - Stadt des Propheten - ; man kennt sie heute unter dem Namen Medina.
Ben Hadad war ein hochgewachsener, gutmütiger, lebensfroher Handelsherr, ein tüchtiger Mann, der mit seinen Karawanen gut verdiente. Auf einer Reise nach Damaskus hatte er Handschriften
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