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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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einem Stück Eis zurückkehrte, das allerdings reichlich schmutzig war.
    »Himmel!« rief Tabari, »Sie können doch nicht so was in das Glas eines hygienischen Amerikaners tun!« Er nahm das schmutzige Stück Eis, wollte es zunächst mit Wasser abspülen und versuchte es dann mit dem Rockärmel abzuwischen. Aber alle Anstrengungen waren vergeblich: Das Eis blieb, wie es war. Wütend warf er es in sein eigenes Glas. Eine Schar Araber, die vor der Moschee hockten und amüsiert zugesehen hatten, schrie er ebenso wütend an: »Mit diesem Land wird das nie was werden, wenn ein Amerikaner nicht mal Eis für seinen Arrak kriegt. Was sind wir bloß für Menschen!«
    Er drehte sich zu Cullinane um und sagte herausfordernd: »Was ich sagen will, ist folgendes. Die ersten neuntausend Menschen, die eure Kreuzfahrer in Asien umgebracht haben, sind Christen gewesen. Eure tapferen Franzosen und Deutschen küßten ihr Kreuz, stürmten eine Stadt, schrien >Gott will es< und >Tod den Ungläubigem und stießen auf ein Häufchen Araber in Turbanen. Als das Massaker vorbei war, stellten sie fest, daß sie brave Nestorianer und byzantinische Orthodoxe und fromme Gläubige der Koptischen Kirche totgeschlagen hatten, die ihnen helfen wollten. Das muß ziemlich verwirrend für sie gewesen sein. Und als das endlich alles geklärt war, kamen eure Jungens dazu, wirkliche Moslems zu erschlagen. Nur machten sie diesmal unglücklicherweise ausgerechnet die Araber nieder, die als Verbündete zu euch stoßen wollten. Sehr spät erst habt ihr bei euren Kreuzzügen Türken umgebracht, die immer eure wirklichen Feinde gewesen waren.«
    »Wie erklärst du das?«
    »Die kapitale Ungerechtigkeit des Lebens«, lachte Dschemail. »Wie kann ein Christ es wagen, auszusehen wie ein Araber? Oder wie können sich heutzutage so viele Juden herausnehmen, wie Araber zu wirken? Du kannst die Frage auch anders formulieren. Warum sieht der verdammte pfeiferauchende Eliav so sehr einem christlichen Deutschen ähnlich und ich dagegen einem israelischen Juden?« Cullinane hätte diesen Unfug ganz gern noch weiter mitgemacht, aber der heitere (und doch so gescheite) Tabari kam wieder auf sein Hauptthema zurück: »Die eigentliche Tragödie der Kreuzzüge ist und bleibt dies: Die türkischen Barbaren hätten ausgelöscht werden können. Sie waren nichts anderes als ein Haufen Mörder, verstehst du, die aus Asien hervorgebrochen sind.«
    »Das klingt ja, als ob du sie nicht gerade gern hast«, meinte Cullinane. »Ich verabscheue sie. Sie haben die arabische Kultur so ruiniert, daß sie sich viel leicht nie wieder erholen wird.« Einige Minuten lang sprach Tabari sehr ernst von den achthundert Jahren türkischer Herrschaft über die Araber. Er schloß mit den Worten: »Und das Höllische dabei war, daß wir Araber während der ganzen Zeit, in der ihr Kreuzfahrer die Türken bekämpft habt, abseits gestanden und gewartet haben, bereit, mit euch so etwas wie ein Bündnis zu schließen. Aber euren Führern fehlte eben der Weitblick. Und so ist der rechte Augenblick verstrichen. Am Ende seid ihr Christen besiegt worden. Und wir Araber sind mit euch unter gegangen.«
    Düster nippte er an seinem Arrak. Und dann sagte er noch etwas, gleichsam als Schlußeffekt - Cullinane hatte derlei nie zuvor gehört: »Und wie erklärst du dir, John, daß gegen Ende der Kreuzzüge sogar die Mongolen, die Nachfahren eines Dschingis Khan, Christen werden wollten, falls der Papst einverstanden sei, daß sie sich dem Kreuzzug anschließen und den Türken in den Rücken fallen wollten?
    Ja, es stimmt. Aber niemand in Europa hat die Briefe der Mongolen auch nur beantwortet.« Dschemail schüttelte nachdenklich den Kopf und bückte sich dann, um drei kleine
    Kieselsteine aufzuheben, die er nacheinander auf den Platz warf. »So haben wir alle drei gemeinsam verloren. Christen, Araber und Mongolen. Denn immer wenn der religiöse Wahn über die Menschen kommt, werden ihre Augen mit Blindheit geschlagen.«
    Graf Volkmar, der endlich gegen den wirklichen Feind kämpfen wollte, brauchte nicht lange zu warten. Denn von Osten her kam Babek, der grimmigste Heerführer der Türken. Wie die Horden der Türken vor einigen Jahrzehnten aus den Ebenen Zentralasiens hervorgebrochen und über die Araber hergefallen waren, so sollte es jetzt gegen die Christen gehen, die in das Türkenreich eingedrungen waren. Babek war ein Mann des wilden Kampfes, bereit, sich dem Feind in jedem Gelände zu stellen. Noch lieber

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