Die Quelle
schüttelten einander die Hände; dann erst stiegen die übrigen Mamelucken ab. Der Mameluck ergriff sofort das Wort. Er sprach Arabisch, aber recht schlecht. »Unsere Vorbereitungen du siehst. Du dich ergeben? Gleich?«
»Unter welchen Bedingungen?«
»Bauern. Mohammedaner, Christen. bleiben. Bestellen Land wie jetzt«, begann der Mameluck. Volkmar lächelte vor sich hin: Sie machen nicht die Fehler, wie wir sie am Anfang gemacht haben. Der Feldherr fuhr fort: »Kein Ritter tot. Du nimmst vier. Der Rest Sklaven.« Bei diesen Worten trat Volkmar einen Schritt zurück. Der Feldherr schloß: »Du, dein Weib, dein Sohn, vier Ritter. Sicheres Geleit nach Acre.«
Volkmar fragte kalt: »Dasselbe sichere Geleit wie für die Verteidiger von Safet?« Der Mameluckenfeldherr ließ sich seinen Zorn nicht anmerken - falls er überhaupt zornig war. »Seit damals. wir haben gelernt«, sagte er. »Auf jeden Eurer Vorschläge: Nein.« Volkmars Antwort war ruhig und bestimmt.
»Befehl von Sultan. Ich muß dich ein zweites Mal fragen.«
»Und mein Gewissen zwingt mich, ein zweites Mal nein zu sagen.« Der Mameluck verneigte sich. Mit verächtlichem Blick musterte er die Burg und die Ritter. »Vielleicht eine Woche. ihr haltet uns auf.« Er verneigte sich noch einmal. Aber vom Tor her rief er zurück: »Keiner dort oben. lebendig durch dieses Tor.« Dann war er verschwunden.
Aber immer noch griff er nicht an. Seine Wurfmaschinen wurden für den ersten Schuß fertiggemacht, die Schildkröten standen bereit. Zwei Tage vergingen damit, daß die Belagerungstürme noch näher an die Stadtmauer herangebracht wurden. Dann gab der Feldherr das Zeichen zu einer zweiten Verhandlung. Als die Tore geöffnet wurden, ritt jedoch nicht er zur Burg hinauf, sondern einer seiner Hauptleute kam lediglich in die Stadt und sprach mit den Bauern. Etwa sechzig verließen Ma Cœur. Die Christen unter ihnen wurden zu den Sklavenmärkten von Damaskus und Aleppo geschickt.
Am 25. Februar, kurz nach Morgengrauen, begann die eigentliche Belagerung. Trompeter bliesen das Signal zum Angriff. Das riesige Heer formierte sich, mit allen Maschinen ging es gleichzeitig gegen das Haupttor und die Stadtmauer, mit so furchtbarem Druck, daß der Feind schon am Nachmittag Bresche geschlagen hatte und sich in der Stadt befand. Volkmar war erschrocken über das Versagen seines äußeren Verteidigungsringes, der seiner Berechnung nach mindestens fünf Tage hätte halten müssen. Er warf Kampfgruppen in die Moschee, in die römisch-katholische und die Maronitenkirche sowie in die Basilika. Wer sich dort nicht verschanzen konnte, zog sich über die Brücke in die Burg zurück. Dann wurde die Zugbrücke hochgewunden. Alle, die nicht mehr in die Burg hatten fliehen können, wurden von den Mamelucken hingeschlachtet, mit einer fast leidenschaftslosen Präzision. Die Angreifer gaben sich nicht einmal damit ab, hübsche Mädchen für den Verkauf in den Harem zu schonen. Sie vergewaltigten sie in den Straßen und schlugen sie dann tot. Um den Verteidigern zu zeigen, welch unerbittlicher Feind ihnen gegenüb erstand, mußten die Sklaven der Mamelucken alle Leichen köpfen. Und dann schleuderten die Wurfmaschinen ihre grauenhafte Ladung in die Burg - einen Kopf nach dem andern. Voller Entsetzen sahen Volkmars Männer die verzerrt grinsenden Gesichter ihrer Freunde und Verwandten auf sich zurollen.
Graf Volkmar schrieb seine zweite Meldung für die Befehlshaber in Acre. Er berichtete von dem unerwartet schnellen Zusammenbruch der äußeren Verteidigung.
»Die Stadtmauer hätte dem Sturm eines gewöhnlichen Heeres viele Tage standhalten können, und sie ist tapfer verteidigt worden. Aber die Mamelucken haben ein Heer von einer in unserem Land bisher unbekannten Stärke. Meine Ritter schätzten es anfangs auf hunderttausend Mann, ich selbst dachte an sechzigtausend. Jetzt rechnen wir mit mehr als zweihunderttausend. Und sie haben so viele Maschinen, daß sie dicht bei dicht wie dunkle Schatten stehen. Aber sie sollen es mit unserer Burg schwer haben, und ich fürchte nicht, daß wir schon bald erliegen. Wir beten täglich zu Gott und unserem Heiland Jesus Christus, der unsere Vorfahren in dieses Land geführt hat.«
Mit dieser Botschaft ließ Volkmar die zweite Taube fliegen.
Von den vier Wehranlagen, die den Schutz der Burg bildeten
- Glacis, Stadtmauer, Graben und Burgmauer - waren die ersten beiden gefallen. Noch aber hielten Volkmars Ritter die drei Kirchen und die Moschee. Am
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