Die Quelle
zu büßen, daß er seine Gemeinde preisgegeben hatte. »Zaki«, fragte er, »hast du wirklich eine Vision gehabt, oder war es nur eine Einbildung - eine Einbildung, die du hattest, weil du mit anderen zusammengekommen bist, denen das wahre Schauen gegeben ist?«
Geduldig beruhigte Rabbi Zaki alle seine Freunde. »Dies ist mir widerfahren, lange bevor ich von der Kabbala gehört habe. Denn an dem Tag, an dem ich aus Podi flüchtete, hat der HErr mich auf den Gesichtern der Freunde, die ich im Stich ließ, das Feuerzeichen sehen lassen. Und es ist eine echte Vision, denn in einem Traum sprach eine Stimme zu mir und sagte: >Zaki, wenn du versuchst, die Zahl 301 durch zwei oder drei oder vier oder fünf oder sechs, die gewöhnlichen Wochentage, zu teilen, bleibt immer eins übrig, und das bist du. Wenn du sie aber durch sieben, die Zahl des Sabbat, teilst, so bleibt nichts übrig, und du bist eins mit Gott.<« Flüsternd setzte er hinzu: »Und wenn ihr den Zahlenwert der Buchstaben nehmt, mit denen man das Wort Feuer schreibt. er ist 301!« Unter den Kabbalisten kam es zu einer eingehenden Erörterung dieser mystischen Begebenheiten, denn zweifellos besaßen sie eine geheime Vorbedeutung. Aber der grobe Rabbi Jom Tow machte der Erörterung ein Ende. »Es gibt einen entscheidenden Grund, warum du nicht gehen darfst«, sagte er mahnend zu Zaki. »Wenn deine Gebeine hier in Safed beerdigt werden, wirst du am Tage des Gerichts auferstehen und den Messias willkommen heißen. Aber wenn sie jenseits des Meeres bestattet werden, mußt du dich wie ein Maulwurf unter dem Meeresgrund hindurchgraben, um zum Heiligen Land zu gelangen.« An diesem Glauben hielten viele alte Juden fest, und ihr Schauder vor der langen, mühsamen Reise im Dunkel bewog sie, zum Sterben ins Heilige Land zurückzukehren. Von gleichem Gewicht war Doctor Abulafias Einwand: »Du bist kein gewöhnlicher Jude, Zaki, der mit dem Auftrag nach Rom geht, für die Thora einzutreten. Einige haben es getan und sind entkommen. Du dagegen bist ein Jude, der einst in der christlichen Kirche getauft worden ist, und gleich den Juden von Podi, die den Flammentod gestorben sind, bist du in den Augen der Kirche ein Abtrünniger. Die Christen glauben, sie hätten das Recht, dich zu verbrennen. Wenn du nach Rom gehst, forderst du deinen sicheren Tod heraus.«
Doch was Rabbi Zaki darauf sagte, war von größerem Gewicht: »Wir leben im Netz des Allmächtigen, und obgleich ich zum fernsten Ende des Mittelmeeres geschwommen bin, konnte ich dem Netz nicht entkommen. Wäre ich bei den Juden von Podi geblieben, so wäre ich mit ihnen verbrannt worden. Sie rufen mich, und der Allmächtige ruft mich.«
Die Aussprache der Männer wurde durch die beiden älteren Töchter Zakis, Sara und Tamar, unterbrochen; sie wollten wissen, um was es bei dieser Zusammenkunft gehe. Als sie erfuhren, daß ihr Vater nach Italien zurückkehren wolle, um in Rom ein Streitgespräch für den jüdischen Glauben zu führen und sich dem Märtyrertod zu weihen, erhoben sie mit bitteren Worten Widerspruch. Gleich ihrer Mutter hatten sie nicht gewollt, daß er von Podi, aus Afrika und von Saloniki fortgegangen war, und jetzt verwahrten sie sich gegen sein Ansinnen, Safed zu verlassen. »Wenn Mutter noch lebte.«, schrien sie grell. »Sie lebt nicht mehr«, unterbrach Elischewa sie. »Aber ich lebe. Und ich sage: Wenn Rabbi Zaki vom Allmächtigen zu dieser furchtbaren Pflicht aufgerufen ist, wird er mit meinem Segen und den Segnungen unserer Kinder gehen.«
»Sie sind nicht alt genug, das zu begreifen«, greinten die Schwestern. »Ich weiß, wie sie einst darüber denken werden«, sagte Elischewa. »Wenn unsere Mutter hier wäre.«, jammerte Sara.
Der Streit der Meinungen wogte hin und her. Aber nichts vermochte Rabbi Zaki in seinem Entschluß wankend zu machen. Schließlich wurde vereinbart, daß er nach Rom ziehen solle. Zwei Wochen verwandte er darauf, seine Angelegenheiten zu ordnen und seine Schusterwerkstatt an einen jungen Mann zu verkaufen, der, wie er hoffte, Elischewa nach seinem Tode heiraten würde. Lange Gespräche führte er mit seinen Kindern, im Vertrauen darauf, daß ihnen eine Erinnerung an den alten, weißbärtigen Mann blieb, der ihr Vater gewesen war.
Rabbi Zaki suchte eine Synagoge nach der anderen auf und betete mit all denen, die ihn liebgewonnen hatten. Am letzten Freitag wanderte er mit den Rabbinen hinaus auf die Felder und sang freudig den Sabbat ein. Am Sonntag nahm er von seiner
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