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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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Engländer regierten damals, und alles sah genauso aus, wie es zu biblischen Zeiten gewesen sein muß.«
    »Aus dieser glücklichen Zeit stammen auch unsere besten Aufnahmen«, seufzte Brooks. »Ich wünschte nur, Kodak hätte damals schon bessere Farbfilme hergestellt. Die roten Farbtöne auf unseren besten Dias sind verblaßt, und wir können sie nicht mehr verwenden.«
    »Heute dagegen«, fuhr Mrs. Brooks fort, »kann man kaum noch irgendwo eine Aufnahme machen, die dem Publikum deutlich zeigt, daß man sich im Heiligen Land befindet. Jetzt gibt es nur noch Städte und überall neue Siedlungen.«
    »Sind Sie wirklich so sehr gegen den Fortschritt?« wollte Cullinane wissen. »Oh, es sollte schon einen gewissen Fortschritt in der Welt geben«, räumte Brooks ein. »Trotzdem finde ich es bedauerlich, ein Land zu ruinieren, das den Menschen überall so viel bedeutet. Als wir die ersten Male hier waren. ich erinnere mich noch sehr gut. hatte fast jedes Dorf einen Brunnen, der wohl genauso aussah wie zur Zeit Christi. Wir haben ein paar wirklich ungewöhnlich schöne Aufnahmen von Frauen gemacht, die mit großen irdenen Krügen auf dem Kopf zum Brunnen gehen. Man hätte schwören können, es seien Mirjam und Rahel. Jetzt gibt es nur noch artesische Tiefbrunnen.«
    »Sie wohnen in Davenport, nicht wahr?« fragte Cullinane.
    »Wenn wir etwas Zeit für uns selbst finden, ja«, sagte Mrs. Brooks. »Meistens sind wir unterwegs.«
    »Hat sich Davenport nicht auch ziemlich verändert, in den letzten dreißig Jahren?«
    »Mit Davenport ist das etwas ganz anderes. Es bedeutet doch niemandem so etwas wie das Heilige Land. Aber Palästina. Ich sage es höchst ungern, John, weil Sie hier arbeiten. aber meine Frau und ich. wir fühlen uns mehr auf der anderen Seite der Grenze zu Hause. In Jordanien. Dort haben sie das Land weitgehend so gelassen, wie es war. Im mohammedanischen Jordanien hat man viel mehr das Gefühl, im Heiligen Land zu sein, als hier auf der jüdischen Seite.« Cullinane stellte fest, daß Brooks sich an die alte englische Terminologie hielt: die jüdische Seite.
    »Wir meinen damit«, erklärte Mrs. Brooks, »daß man noch heutzutage in Jordanien Hunderte von Bildern mit Leuten in biblischen Gewändern machen kann. kleine Esel. himmlische Kinder, die in der Nähe der offenen Brunnen spielen. Wohin man seine Kamera auch hält, man stößt fast immer auf biblische Szenen. Es ist so herzerwärmend.«
    »Und in Israel haben Sie nicht das gleiche Gefühl?« fragte Cullinane. Daß er den neuen Staat bei seinem jetzigen Namen nannte, schien die Brooks zu kränken. Der Professor stellte denn auch die Terminologie sofort richtig. »Offen gesagt, ist dieser Teil Palästinas enttäuschend. Man könnte fast sagen, irritierend. Man kommt zu einem historischen Ort wie Tiberias, in der Hoffnung, für die Menschen in Iowa etwas von der romantischen Atmosphäre dort aufzuspüren. Und was findet man? Wohnungsneubauten. Bushaltestellen. ein Touristenhotel. Und was sieht man direkt am Ufer des heiligen Sees? Was? Einen Kibbuz vielleicht. Und wenn man versucht, ein Foto aufzunehmen, das die Besonderheit dieses
    Ortes wiedergeben soll, findet man die Leute nicht so gekleidet wie auf der anderen Seite. Diese herrlichen Gewänder, die einen an Jesus oder seine Jünger erinnern. Nein. Man findet die Männer und Frauen genauso angezogen wie in Davenport. Sie kommen mit Plastiktaschen vom Supermarkt. Ich habe in Tiberias nicht die kleinste Kleinigkeit angetroffen, die mich an die Bibel erinnert hat.«
    Cullinane lächelte. »Aber viele Juden waren dort.«
    »Ich finde das gar nicht komisch, John«, sagte Brooks. Er versuchte, das Wort Jude zu vermeiden. Er hatte einst gelernt, daß die Menschen dieses Glaubens es vorzogen, Hebräer genannt zu werden.
    »Wollen Sie damit nicht sagen«, fragte Cullinane, »daß die Moslems auf der anderen Seite den biblischen Juden mehr ähneln als die lebenden Nachfahren des heiligen Volkes?«
    Brooks widersprach lebhaft:    »Das wollte ich damit
    keineswegs sagen. Aber wenn ein Land eine besondere Bedeutung für so viele Menschen hat. sollte es. nun. ländlich bleiben.« Cullinane mußte sich auf die Lippen beißen, um nicht schon wieder zu lächeln.
    »Ein Großteil des Wirkens Christi hat sich doch sicherlich in den Städten abgespielt.«, erwiderte er, »in Jerusalem, Jericho, Caesarea Philippi. Und wenn man an den heiligen Paulus denkt, so hat er offenbar die meiste Zeit sogar in den großen

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