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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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entlanggeeilt war. In jenem schicksalhaften Augenblick hatte Professor Brooks gefühlt, was einmal seine Lebensaufgabe werden sollte: in ganz Amerika Filmvorträge über das Heilige Land zu halten und den Menschen zu zeigen, wie die großen Religionen entstanden waren. Nein - das konnte man nicht erreichen, indem man ihnen Dias von Städten und modernen Bauvorhaben vorführte. Die Bibel war etwas Altehrwürdiges. Die Menschen, die sie geschrieben hatten oder an dem Geschehen beteiligt gewesen waren, sie waren anders gewesen. Professor Brooks bekam ernste Zweifel, ob er je noch einmal in den jüdischen Teil Palästinas reisen würde. Und dieser vorlaute junge Ausgräber Cullinane reizte ihn zu alledem auch noch! Brooks dachte: Ich werde dem Kuratorium Mitteilung über ihn machen, wenn ich nach Hause komme. Ist er wirklich der richtige Mann, uns im Heiligen Land zu repräsentieren?
    Cullinane sah zu, wie der gute Professor völlig verwirrt auf das Flugzeug zuwatschelte. Er dachte: Es würde ihm das Herz brechen, wenn er wüßte, daß der heilige Petrus, als sich die Jünger in Tiberias trafen, vermutlich gesagt hat: »Hör mal, Jakobus, wir können aber unmöglich in drei Tagen Jerusalem erreichen«, worauf Jakobus wahrscheinlich erwidert hatte: »Wir können schon, wenn wir die Beine in die Hand nehmen.« Er dachte an Makor und überlegte, wie schwer es ist, sich ein dahingegangenes Zeitalter zu vergegenwärtigen. Wenn Makor, eine Stadt mit tausend Einwohnern, sechstausend Jahre lang bestanden hat, so bedeutet dies, daß nahezu eine Viertelmillion Menschen innerhalb der Mauern gelebt haben muß. Wie unsagbar schwer ist es, sie sich als einfache Leute vorzustellen, die dazu beigetragen haben, das Judentum, das Christentum und den Islam entstehen zu lassen und zu verbreiten! Ganz gewiß aber haben sie ihr Leben nicht damit verbracht, daß sie, in Bettücher gehüllt, in Pose dagestanden sind. Und viele ihrer ausschlaggebenden Entschlüsse haben sie bestimmt auf Reisen nach großen Städten wie Antiochia und Caesarea oder nach so entscheidend wichtigen wie Jerusalem und Rom gefaßt!
    »Mein Gott«, rief er und murmelte das Gebet der Archäologen: »Könnte ich doch Makor nur einen Tag lang so sehen, wie es wirklich gewesen ist.« Aber das Riesenflugzeug machte ein Donnergetöse. Seine Düsenmotoren dröhnten. Männer hielten sich die Ohren zu. Die große Maschine rumpelte die Piste entlang, wurde schneller und schneller, bis sie sich vom Heiligen Land löste. Mit einer eleganten Kurve wandte sie sich dem Meer zu und flog in Richtung Davenport, Iowa, davon.
    Auf der Fahrt zurück zu seiner Ausgrabung grübelte Cullinane über Professor Brooks’ Vorstellungen von einer Religion, die ein Land und ein Volk zu uralten Lebensgewohnheiten verdammen sollte. Da bemerkte er, daß ihm ein Wagen folgte. Er blickte sich um und sah einen roten Jeep, den jedermann im Heiligen Land kannte. Am Steuer saß vornübergebeugt wie ein Riese, der durch das All fliegt, ein sehr großer blonder Mann, ohne Kopfbedeckung und in einer braunen Kutte. Seine Hände umklammerten das Steuerrad, als wollten sie es zermalmen. In verwegenem Tempo jagte der Jeep rüttelnd die Straße entlang. Offenbar wollte der Mann nach Makor. Cullinane freute sich auf sein Kommen. Er fuhr rasch voraus, parkte seinen eigenen Jeep an der Tür, rannte in sein Büro und rief: »Pater Vilspronck kommt. Sagt dem Architekten, er soll die Zeichnungen bereithalten.«
    Schon einen Augenblick später wurde die Tür aufgestoßen, und der riesige Priester begrüßte Eliav und Tabari mit einer Kameradschaftlichkeit, die in Jahren enger Zusammenarbeit bei dieser oder jener Ausgrabung entstanden war. Er ließ sich in einen Stuhl fallen, lehnte sich über den Schreibtisch und ergriff Cullinanes Hände. »Was für widerspruchsvolle Dinge haben Sie da aus meinem Boden gegraben?« wollte er wissen. Die Frage war gar nicht so unsinnig, denn dank seiner unablässigen Arbeit hatte Pater Vilspronck auf eine eigenartig bedeutsame Weise das Heilige Land zu seinem eigenen gemacht. Vor neunzehn Jahren war er als junger Priester aus Holland (wohin er eines Tages als Kardinal zurückkehren sollte) mit dem gleichen Schiff wie Professor Brooks in Palästina angekommen.
    Damals hatte er sich gefragt: Wird es möglich sein, ganz objektiv herauszufinden, was sich während der ersten vierhundert Jahre des Christentums im Heiligen Land ereignet hat? Und er hatte angefangen, alles zusammenzutragen, was man

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