Die Quelle
er nicht fahren dürfe. »Wer kümmert sich schon um den Sabbat?« sagte Zodman kurzangebunden, gab Gas und jagte mit seinem Leihwagen dem Süden Galilaeas entgegen. In Jerusalem konnte er am Sabbat mit niemandem sprechen. Am Sonntag erklärte man ihm im Rabbinat: »Tut mir leid, Mr. Zodman, aber in Israel können Sie nicht heiraten.«
Ohne sich zu ereifern, fragte er: »Und warum nicht?«
»Weil es Bestimmung ist, daß eine von einem einfachen amerikanischen Rabbiner bestätigte Scheidung nicht anerkannt wird.«
»Der Rabbiner Hirsch Bromberg dürfte kaum zum Durchschnitt zählen.« Zodman selbst hatte dem Ausschuß angehört, der Bromberg gewählt hatte. »Er steht nicht auf der Liste der offiziell Anerkannten«, sagte der Sekretär. Immer noch bemühte sich Zodman, ruhig zu bleiben. Er sagte: »Außerdem bin ich im Besitz einer absolut vorschriftsmäßigen Scheidungsurkunde aus dem Staate Illinois.«
»Der Staat Israel erkennt keine Zivilscheidungen an.«
»Soll das heißen, daß Sie von diesem winzigen Zimmer aus über alle Juden der Welt zu Gericht sitzen?«
»In Israel sind wir dafür verantwortlich zu bestimmen, wer heiraten kann und wer nicht.«
Zodman fragte mit verhaltener Stimme: »Und ich kann nicht?«
»Nein.«
»Ich habe einiges in der Republikanischen Partei zu sagen.«, erklärte Zodman drohend. »Ich kenne den Senator Dirksen und Paul Douglas.« Seine Stimme wurde immer lauter. »Und diese Beleidigung werde ich nicht so ohne weiteres hinnehmen.«
Er begab sich spornstreichs nach Tel Aviv, um mit dem amerikanischen Botschafter zu sprechen. (Der Staat Israel sieht Jerusalem als seine Hauptstadt an. Von dort aus wird das Land auch regiert. Die ausländischen Mächte halten sich jedoch an den Beschluß der Vereinten Nationen, in dem ganz Jerusalem zur internationalen Stadt erklärt worden war, und bestehen darauf, ihre Botschaften in Tel Aviv zu unterhalten, das von ihnen einzig und allein als Hauptstadt anerkannt wird.) Aber selbst der Rechtsberater des Botschafters bestätigte Zodman, daß die Situation in Israel tatsächlich so war, wie man ihm im Rabbinat auseinandergesetzt hatte: Es gab keine Ziviltrauung, und die Rabbiner in Israel lehnten es ab, Scheidungen durch die meisten amerikanischen Rabbiner anzuerkennen. Es gab für Zodman nicht die geringste Möglichkeit, Vered Bar-El zu heiraten. »Natürlich«, sagte der junge Mann, »fliegen die meisten nach Zypern. Nur kann durch eine solche Trauung der Status der Kinder aus dieser Ehe, jedenfalls was Israel anbetrifft, in Zweifel gezogen werden. Wenn Sie aber nicht vorhaben, in Israel zu leben.«
»Ich? In Israel leben? Das wäre wohl ein schlechter Scherz.« Und Zodman fuhr mit Vered nach Makor zurück. Fast auf der ganzen Strecke fluchte er ununterbrochen vor sich hin.
In Makor wurde beschlossen, daß Zodman und Vered nach Zypern fliegen sollten, wie es so viele andere jüdische Paare taten. Während der Tage, die Vered noch benötigte, um ihre während des ersten Ausgrabungsjahres in Angriff genommenen Arbeiten abzuschließen, hatten die fünf Expeditionsleiter wiederholt die Möglichkeit zu ausgedehnten Gesprächen, die Vered Gelegenheit gaben, ihren Standpunkt darzulegen: Sie verlasse Israel nicht, weil sie große Wagen und eine Klimaanlage schätze, wie ihre Freunde behaupteten, die sagten, sie verkaufe sich für die Fleischtöpfe Ägyptenlands. Sie tue es auch nicht, weil sie sich vor der Zukunft fürchte. Hatte sie nicht mehr als einmal ihren Mut bewiesen? Auch ihre Treue zum jüdischen Staat habe keineswegs nachgelassen, denn sie halte Israel für die einzig brauchbare Lösung in einer Welt, in der andere Staaten sich als unfähig erwiesen hatten, die Juden zu schützen oder ihnen irgendeine ehrenhafte Alternative für eine eigene Heimat vorzuschlagen. Nein. Der Grund war einfach der, daß sie als nunmehr dreiunddreißigjähriger Mensch nicht länger die Last zu ertragen vermochte, die ihre Religion ihr auferlegte zu all dem Schweren, das dieses Werden eines jungen Staates und seine militärischen, sozialen, wirtschaftlichen und vor allem seine komplizierten Glaubensprobleme mit sich brachten. »Ich habe meine Pflicht dem Judentum gegenüber erfüllt«, sagte sie, ohne sich als Heldin aufzuspielen. »Ich habe mein Leben in mehr als einem Dutzend Gefechte aufs Spiel gesetzt, habe meinen Mann verloren und die meisten meiner Freunde, und ich glaube wirklich, daß es mir zusteht zu sagen: >Rahel, von jetzt an sei du Jüdin.
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