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Die Quelle

Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Schomburg
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Trotz seines eher schmächtigen Körpers, der, als sie ihn nackt ins Bett gehievt hatten, so käsig, schlaff und kraftlos gewirkt hatte.
    Benn erinnerte sich an das Geburtsdatum auf dem Ausweis. Rainer Kemper war knapp dreißig. Wenn er erst voll bei Kräften war, würde sein Gesicht auch wieder große Ähnlichkeit mit dem Foto im Ausweis haben. Nur das vorspringende Kinn und der mittlerweile lebhaftere, forschende Blick der dunklen Augen erinnerten an den entschlossenen und willensstarken Gesichtsausdruck auf dem Foto. Im Augenblick wirkten seine Wangen noch eingefallen und käsig weiß. Und die dunklen, noch nassen und sich widerspenstig kringelnden Haarsträhnen unterstrichen diesen Eindruck.
    »Wo fahren wir hin?« Kemper hielt die Tasse mittlerweile selbst in seinen feingliedrigen Händen und nippte weiter am Tee.
    »Wir laufen auf Rügen zu und bringen Sie dort in das nächste Krankenhaus.«
    Benn wartete auf eine zustimmende Reaktion, aber Kemper schwieg und starrte auf die Decke, die bis zum Hals hochgezogen war. Seine Wangenmuskeln zuckten kurz.
    »Ihre Begeisterung hält sich in Grenzen«, sagte Benn schließlich. »So jedenfalls deute ich Ihren Gesichtsausdruck und Ihr Schweigen. Was ist falsch daran?«
    »Ich muss telefonieren, Leute benachrichtigen«, murmelte Kemper plötzlich.
    »Das habe ich schon getan«, sagte Benn. »Ich habe die Seenotzentrale informiert.«
    Benn stutzte, denn der kurze Blick, den er von Kemper erhaschte, bevor dieser rasch die Augenlider wieder senkte, wirkte ernst, fast wütend.
    »Da habe ich keine Freunde.« Kemper atmete laut ein und verzog plötzlich bitter den Mund. »Sie haben doch sicherlich mein Handy.«
    »Vorhin ist das Netz zusammengebrochen.« Benn sah forschend in das blasse Gesicht, das immer noch die Schrecken der letzten Stunden widerspiegelte. »Sie leben! Das ist wichtig!«
    »Was ist passiert? Wenn man darüber redet, geht es einem gleich besser.« Francesca nahm Kemper die leere Tasse aus der Hand.
    »Helfen Sie mir!« Kemper stieß Francescas helfende Hand unwirsch zurück und richtete sich auf. »Ich muss aufstehen.«
    »Sie sollten liegen bleiben!«, sagte Benn bestimmt und mit einem ärgerlichen Unterton. Für Kempers plötzliche Aggressivität gab es keinen Grund. Wenn, dann durften sie verärgert sein. Schließlich hatten er und Francesca sich die Nacht anders vorgestellt. Kemper brachte bei ihnen alles durcheinander, nicht umgekehrt.
    Außerdem störte ihn diese Geheimnistuerei. Sie hatten den Mann gerettet, sich selbst in Gefahr gebracht - und Kemper schien mit ihnen zu spielen. Es war doch offensichtlich, dass er nicht alles sagte. Welche Freunde wollte er denn anrufen? Und dann seine Andeutungen ... Kemper war   ihm   noch Erklärungen schuldig. Dass er stattdessen diesen Ton anschlug, machte Benn wütend.
    »Meinen Sie nicht, wir haben das Recht, mehr zu erfahren? Ich glaube, wir wissen im Moment besser, was zu tun ist. Schließlich ...« Benn merkte, dass seine Stimme energischer wurde, und brach mitten im Satz ab, denn Francesca sah ihn mahnend an.
    »Ich weiß, was ich tun muss!«, schrie Kemper mit überkippender Stimme.
    »Eh! Immer mit der Ruhe, ja?«, schnauzte Benn lautstark zurück. »Wir haben Sie gerettet - nicht vergessen!«
    Er sah zu Francesca, die Kemper mit aufgerissenen Augen anstarrte.
    »Alles in Ordnung«, sagte Benn zu seiner Frau. »Schockreaktion! Irgendwann muss das alles raus!«
    »Bitte! Ich muss aufstehen! Bitte!«
    Kemper sprach nun mit flacher Stimme, aber seine Augen funkelten Benn dabei trotzdem wütend an.
    »Ich verstehe nicht, warum Sie uns nicht sagen, was Ihnen zugestoßen ist«, meinte Francesca.
    Immer noch hielt Benn Blickkontakt mit Kemper, der boshaft zurückstarrte.
    Tue es nicht, dachte Benn plötzlich. Ihn beschlich eine düstere Ahnung. Nun ärgerte er sich, dass er Kemper so sehr bedrängt hatte. Er wollte nicht, dass Kemper irgendetwas sagte, womit er Francesca beunruhigte.
    Er starrte den Geretteten weiter an und konzentrierte sich voll darauf, dass dieser die Botschaft in seinen Augen lesen konnte. Als Kemper den Mund öffnete, schüttelte Benn unmerklich den Kopf.
    »Ich ... ich habe eine Seekajaktour gemacht. Im Greifswalder Bodden.«
    »Allein?«, fragte Francesca verwundert.
    Kemper nickte.
    »Schon mal gemacht?«, fragte Benn.
    »Es war das erste Mal.«
    »Keine Erfahrung - und dann allein? Leichtsinniger geht es nicht, was?« Benn schüttelte nur den Kopf.
    »Eine Wette«, murmelte Kemper

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