Die Quelle
Baumwipfel unter ihnen weg. Rasquin zog die Maschine hoch und flog dann wieder eine weite Kurve, bis die Lichtpunkte kaum noch auszumachen waren.
»Das ist kein Kampfflieger!«, schrie Benn, dessen Magensäfte schmerzhaft in der Speiseröhre brannten.
»Ich will Sie kotzen sehen, Sie Arschloch!« Rasquin lachte bitter auf. Der Jet taumelte nach rechts und links.
Benn schrie wutentbrannt auf, denn es war Rasquin, der mit seinen Steuerbewegungen den Jet schaukeln ließ. Das laute Würgen von Philippe hinter ihnen brachte den Winzer zur Vernunft.
»Haben Sie irgendwelche Wünsche, auf welcher Seite der Autobahn ich landen soll?«, fragte er nach einem sorgenvollen Blick über die Schulter.
Rasquin hantierte unablässig an den Instrumenten, fuhr die Landeklappen aus. Ein rumpelndes Dröhnen drang von unten in das Cockpit, als das Fahrwerk einrastete.
Sie fielen auf das graue Band der Autobahn zu. Die Scheinwerfer des Jets huschten über den Beton, der unter ihnen wegraste.
Plötzlich waren da silbrig glänzende Schienen beiderseits der Fahrspuren.
»Leitplanken!«, schrie Benn.
»Zu spät!« Rasquin rückte den Steuerknüppel weiter nach vorn.
Die beiden hinteren Räder setzten auf, dann das Bugrad. Rasquin trat mit den Fußspitzen auf die Seitenruderpedale und aktivierte damit die Radbremsen. Fast traumwandlerisch betätigte der Winzer die verschiedenen Schalter. Die Störklappen über den Flügeln stellten sich auf, dann unterstützte auch der Umkehrschub des Triebwerks die Bremsung. Das Ablenkblech hinter dem Triebwerk lenkte den Schub nach vorn, und der Lärm schwoll an zu einem ohrenbetäubenden Orkan.
Benn wurde nach vorn in seinen Gurt gepresst. Unter dem Druck des Bremsens senkte sich die Nase des Jets. In das Jaulen des Triebwerks mischte sich ein Splittern.
Gleichzeitig ließ der Druck auf Benns Brust nach, als Rasquin die Bremswirkung verringerte. Irgendetwas krachte rechts von ihm gegen die Cockpitscheibe, und Benn zuckte zur Seite. Wieder krachten Splitter des rechten Tragflügels gegen die Cockpitscheibe, prallten ab und verschwanden in der Dunkelheit.
»Sie rasieren die Leitplanke!«, schrie Benn.
Rasquin umklammerte mit verkrampften Händen das Steuerruder. Seine Augen in dem käsig weißen Gesicht waren weit aufgerissen.
Der Jet schob die linke Seite nach vorn. Rasquin ächzte und stemmte sich mit aller Macht gegen das Ausbrechen des Flugzeuges. Ein schrilles Kreischen tobte durch Benns Kopf. Er dachte an eine Kreissäge, die sich festgefressen hatte.
Dann mischten sich erneut Geräusche splitternder Kunststoffteile in den ohrenbetäubenden Lärm. Auf seiner Seite des Cockpits vibrierte die Scheibe, denn Kunststoffsplitter prasselten wie ein Platzregen gegen das Fenster.
Ebenso überraschend endete das Prasseln. Dafür hing die Maschine auf Benns Seite nach unten, und die Nase des Jets schob sich auf Rasquins Seite noch weiter nach vorn.
»Ich kann sie nicht mehr halten!«
Rasquin drückte vor Anspannung das Kreuz durch. Seine Arme zitterten unter der Anstrengung, das Ruder zu halten. Mit den Füßen trat er hektisch auf die Pedale.
Der Jet drehte sich nach rechts. Die Leitplanke raste auf Benn zu, verschwand unter ihm. Der Aufprall des Fahrwerkgestänges rüttelte ihn durch, presste ihn nach vorn in den Gurt.
Der Jet schien zurückzufedern, doch dann trieb die Kraft der Turbine ihn weiter. Mit einem Satz schoss der Jet über die Leitplanke. Das Fahrwerk brach, und der Jet schob sich kreischend über die Leitplanke.
Vor Benn lag nur Dunkelheit. Die Scheinwerfer unter dem Jet waren zersplittert. Die Nase senkte sich nach unten. Langsam. Zunächst kaum merkbar. Zentimeter für Zentimeter, begleitet von fürchterlichen Geräuschen. Mit der Nase voran rutschte das Flugzeug über die sich verbiegende Leitplanke in die Dunkelheit.
Krachend knallte das Heck auf die Böschung. Benn überkam das Gefühl einer unkontrollierten Schlittenfahrt, dann bohrte sich die Nase des Jets in den Ackerboden.
Die Schmerzen im Nacken verhinderten den letzten Schritt in die Ohnmacht. Benommen hing Benn in seinem Gurt, mit glasigen Augen und dem Geschmack von Blut auf der Zunge.
Allmählich klärte sich sein Blick, und er sah den aufgewühlten Acker vor der Cockpitscheibe.
Benn blickte zu Rasquin, der ohnmächtig in seinem Sitz hing. Sein rechter Nasenflügel vibrierte. Der Körper des Winzers wies keine sichtbaren Verletzungen auf.
Benn betätigte einen Hebel an der Seite seines Sitzes, stieß sich
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