Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Quelle

Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Schomburg
Vom Netzwerk:
Sitz.
    Vielleicht war auch einfach nur der junge Pilot unerfahren, der auf einer von Steinmauern eingegrenzten Grasfläche landen musste, auf der bereits zwei Helikopter standen.
    Sie waren vom Bundeskanzleramt zunächst zum BKA-Gelände am Treptower Park geflogen. Die Zwischenlandung dort hatte dann mit einer Stunde doppelt so lange gedauert, wie der zweite Teil des Fluges selbst, weil Hagen gegenüber Kemper lediglich von einem Treffen mit einflussreichen Personen der Bundesregierung gesprochen hatte und viel Überredungskunst hatte aufbringen müssen, bis Kemper zugestiegen war.
    »Wo sind wir hier?«, fragte Kemper, als ihnen vom Wachpersonal mit Taschenlampen der Weg durch eine Öffnung in der Mauer gewiesen wurde und seine Blicke auf die Giebelseite eines Gebäudes fielen.
    »Das ist Schloss Meseberg. Das Gästehaus der Bundesregierung«, sagte Hagen.
    »Nie gehört«, sagte Kemper. »Irgendwie gespenstisch.«
    Hagen stimmte Kemper im Stillen zu. Das ganze Areal lag im Dunkeln. Wo sonst Laternen brannten und Lichtinseln die Wege ausleuchteten, herrschte feindliche Finsternis. Begrenzungsmauern, mächtige Baumstämme und hüfthohe Buschreihen verloren sich als dunkle, bedrohliche Schatten im Nichts. Lediglich die Stirnwand des Schlosses hob sich gräulich in der Finsternis ab. Sie war ja auch hell gestrichen, erinnerte sich Hagen.
    »Drinnen scheint es Licht zu geben.« Kemper deutete auf einige Fenster im Erdgeschoss des Schlossgebäudes, aus denen ein schwacher Lichtschein drang. »Haben Sie hier keinen Stromausfall?«, rief Kemper dem vorausgehenden Bundespolizisten zu.
    »Sicher doch«, antwortete der Polizist. »Aber hier war die ganze Woche nichts los. Keine Staatsgäste, keine Diplomaten, keine Übernachtungen. Kommt ja keiner rein nach Deutschland. Unsere Dieselreserven für die Notstromaggregate reichen deshalb noch. Außerdem haben wir seit einigen Monaten eine zusätzliche Eigenstromversorgung über Solarpaneele, die in der Nachbarschaft montiert sind.«
    Hagen warf einen Blick auf das rechter Hand liegende Kastellanhaus, das von der Größe her einem Einfamilienhaus entsprach und als Wachgebäude der Bundespolizei diente.
    Durch ein Seitentor traten sie in den Ehrenhof des Barockschlosses. Der Hof war mit dickem Kopfsteinpflaster ausgelegt, und Hagen knickte einmal um, als er nicht aufpasste, sondern sich auf Kemper konzentrierte, der zu seiner Überraschung doch beeindruckt schien.
    »Was ist das für ein Stil?«, fragte Kemper. »Ich kenne mich da nicht aus. Und in der Finsternis sehe ich ohnehin nur Umrisse.«
    »Das ist ein Barockbau. Ein zweigeschossiger Putzbau mit einem hohen Mansardenwalmdach.« Hagen dachte an seine Besuche bei Tageslicht. »Klare Gliederung. Rechteckiger Bau, im Mittelteil Säulen mit einem Giebel.«
    Sie betraten das Foyer mit seinen farbigen Bodenfliesen, den hellen Wänden und den bläulich gehaltenen Kassettentüren.
    Hagen hatte die Farben kräftiger in Erinnerung, aber das mochte am Licht liegen, das die Notstromversorgung lieferte. Der Schein der brennenden Lampen wirkte auf ihn schwächer und weicher, als er es aus vorherigen Besuchen in Erinnerung hatte.
    Der Polizist wandte sich nach links und führte sie durch einen in Holztönen gestalteten Raum in ein Zimmer, dessen Wände mit bläulich-weißen Eichenpaneelen gestaltet waren.
    In der Mitte des gut fünfzig Quadratmeter großen Raumes stand ein holzfarbener, rechteckiger Tisch auf einem Teppich. An den beiden Stirnseiten des Tisches standen jeweils zwei Stühle mit blauen Polstern, an den Längsseiten jeweils fünf Stühle.
    »Was soll ich hier?«, fragte Kemper.
    »Warten Sie es ab«, entgegnete Hagen und starrte auf den festlich gedeckten Tisch, der nach den Straßenszenen in Berlin wie ein surreales Gemälde auf ihn wirkte.
    Kemper lief unruhig umher, sah auf seine Armbanduhr, tippte mit den Fingerspitzen auf die Tischplatte. Dann hob er seinen Blick an die Decke zu dem über dem Tisch angebrachten Kristalllüster.
    »Schade. Ohne Licht wirkt er nur halb so beeindruckend.« Sein Blick wanderte weiter über die mehrarmigen Leuchten an den Wänden, deren Licht gedämpft wirkte. »Eine fast anheimelnde Stimmung. Hat auch was. Wie lange müssen wir warten?«
    »Ein paar Minuten noch.«
    »Na dann.« Kemper trat vor ein Gemälde mit goldfarbenem Rahmen, drehte sich dann um, ließ den Raum auf sich wirken. »Wer hat das Schloss gebaut?«, fragte er schließlich, ohne die Ungeduld in seiner Stimme zu

Weitere Kostenlose Bücher