Die Quelle
unterdrücken.
»Man weiß nicht, wer es erbaut hat.« Hagen kramte in seinem Gedächtnis. »Man meint, es stamme von dem Baukonstrukteur Horst, der auch in Berlin Barockbauten errichtet hat.«
»War bestimmt teuer.« Wieder sah Kemper auf seine Uhr.
Hagen lachte auf. »Fontane soll über den Bauherrn, den Grafen Wartensleben, gesagt haben: ›Park und Schloss hatten ihn eine Tonne Gold gekostete Das Schloss ist zur gleichen Zeit entstanden, als Kronprinz Friedrich von Preußen, der spätere Friedrich II., sein Schloss Rheinsberg ausbaute. Man sagt, aufgrund der Nähe hätten Künstler und Bauleute an beiden Bauten gearbeitet.«
Bei den letzten Worten öffnete sich plötzlich die Tür zur angrenzenden Bibliothek, und Bundeskanzler Arndt Fischer betrat zu Hagens Überraschung den Raum.
Der Kanzler sah mitgenommen aus, und die Art seines Lächelns verriet, wie sehr er sich anstrengte, freundlich zu wirken. Während der Bundeskanzler Rainer Kemper begrüßte und sie an den Tisch bat, betrat auch Kanzleramtsminister Sieber den Raum, den Hagen mit wütenden Blicken bedachte, weil er ihm Fischers Anwesenheit verschwiegen hatte.
Ein Ober schenkte Rotwein ein, den der Kanzler anerkennend kostete, um dann das Glas in Richtung von Kemper zu heben.
»Auf Ihre Gesundheit. Sie haben in den letzten Tagen viel erlebt und viel Glück gehabt.«
»Das kann man wohl sagen.« Kemper rührte das Weinglas nicht an. »Haben Sie auch Wasser? Stilles?«
»Erzählen Sie. Wie ist es Ihnen ergangen?«, fragte Arndt Fischer.
»Bedeutet Ihre Anwesenheit, dass man mich mittlerweile ernst nimmt?«, fragte Kemper zurück.
»Wir nehmen Sie sehr ernst«, sagte Kanzleramtsminister Sieber anstelle des Bundeskanzlers, der dem forschenden Blick Kempers mühelos standhielt.
»Warum bin ich hier?« Kemper blickte weiterhin unerschrocken den Kanzler an.
»Ich erkläre es Ihnen gleich«, erwiderte Arndt Fischer ruhig. »Zunächst will ich mehr wissen. Über das, was hier in Deutschland passiert ist, seit Sie Kontakt zu Professor Münch in Greifswald hatten, bin ich informiert. Mich interessiert Ihre Geschichte davor.«
»Sie wissen, worum es bei meiner Erfindung geht?«, fragte Kemper nach einer Pause geradezu aufreizend.
Arndt Fischer nickte. »Die sogenannte Kalte Fusion. Ich weiß auch, was sich dahinter verbirgt. Wie kommt man dazu, sich damit zu beschäftigen?«
Kempers Gesichtsausdruck entspannte sich sichtlich. Hagen vermutete, das Interesse des Bundeskanzlers beeindruckte den jungen Wissenschaftler doch, auch wenn er versuchte, es zu verbergen.
»Meine Großmutter hat mir den Floh ins Ohr gesetzt«, begann Kemper schließlich zu erzählen. »Sie selbst hat früher an der Kalten Fusion geforscht - und hat daran geglaubt. Als eine der ganz wenigen Wissenschaftlerinnen in Deutschland. Sie war Professorin für Chemie und hat mit den Forschungen ihre Karriere zerstört. Danach kannte sie erst recht kein anderes Thema mehr. Ihre Erzählungen haben mich so fasziniert, dass ich auch Chemie studieren wollte. Um es besser zu machen.«
»Wo haben Sie studiert?«, fragte der Kanzler nach.
»An der Texas A&M University. Elektrochemie, Elektrotechnik, Roboter und all das. Auch ein paar Semester Physik. Auf irgendeiner Feier kam ich mit einem der wissenschaftlichen Angestellten über die Kalte Fusion ins Gespräch.«
»Und dann fängt man einfach an, an einem pathologischen Thema zu forschen?«, fragte Sieber, während der Kanzler an seinem Rotwein nippte.
»Natürlich nicht. Die Uni habe ich bewusst ausgesucht. Die war seinerzeit, also 1989, als Fleischmann und Pons die Erfindung der Kalten Fusion behaupteten, offen für die Idee, stellte Forschungsbudgets bereit. Sagt Ihnen der Name Prof. O.M. Bockris etwas?«
»Nein.«
»Das war der Professor an der Texas A&M University, der mit seiner Forschungsgruppe die Ergebnisse von Fleischmann und Pons bestätigt hat. Aber wie bei allen, die die Möglichkeit der Kalten Fusion in Betracht zogen, wurde sein Name in den Dreck gezogen.«
»Sie können das weglassen. Ich habe es verstanden.« Arndt Fischer trank sein Glas Wein leer.
»Ich habe an besagtem Abend mit den Forschungen meiner Großmutter angegeben. Ein paar Wochen später machte mich mein Gesprächspartner mit einem Mann bekannt, der seinerzeit als Assistent von Professor Bockris an den Forschungen gearbeitet hatte. Er kannte meine Großmutter zwar nicht, hatte aber von ihr und ihrer wissenschaftlichen Ächtung gehört.«
»Ah, ich
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