Die Quelle
Personenschutz. Habe in Berlin Politiker beschützt und habe vor ein paar Wochen gewechselt. Bisher habe ich mich eingelesen, mir Verdachtsfälle angesehen und ein paar der Institute besucht.«
Ihr zurückhaltendes Lächeln ließ Benn endgültig neuen Mut schöpfen. Sie schien offener als die anderen Beamten, antwortete bereitwillig und ungekünstelt.
»Und Sie hatten bereits mit Kemper zu tun?«, hakte er nach.
Die Kommissarin schwieg.
»So, das war es dann wohl«, sagte Ela Stein nach beinahe anderthalb Stunden. Sie hatte seitenweise Blätter mit Stichworten beschrieben und sah nun ein letztes Mal ihre Kritzeleien durch.
»Was passiert jetzt?«
»Was denken Sie?«
Benn ballte verärgert die Fäuste. Mittlerweile war er der Überzeugung, dass sie ihn mit den wenigen Informationen am Anfang geschickt eingeseift hatte. Danach hatte sie seine Fragen nur noch mit Gegenfragen der Art, wie sie sie eben gestellt hatte, beantwortet. Kommissarin Ela Stein wusste sehr genau, wie sie ausweichen konnte. Aber warum die Ausflüchte?
»Mir scheint, die Suche nach meiner Frau kommt zu kurz. Sie interessieren sich nur für Kemper.«
»Wie kommen Sie darauf?«
Schon wieder.
»Das ist doch offensichtlich. Ihr Aufgabengebiet. Sie stellen nur Fragen über ihn, Sie reden über seine Arbeit, über das Institut, dass er dort erst seit Kurzem forscht. Sie interessieren sich für Kemper. Nicht für meine Frau!« Benn klatschte die Handfläche auf die Tischplatte. »Hat er etwas Wichtiges entdeckt?«
»Wirkt das so?«
»Ja, das wirkt so ...« Benn stand auf, stemmte die Hände auf die Platte und senkte den Kopf. »Und es macht mich wütend.«
»Sie müssen nicht laut werden!«, gab die Kommissarin kühl zurück. »Beeindrucken lasse ich mich von Ihrer Lautstärke nicht. Verstehen Sie das?« Die Kommissarin sah Benn gelassen an.
»Und ich lasse mich nicht davon beeindrucken, dass Sie vom Bundeskriminalamt sind. Wenn Sie meine Frau finden wollen, dann müssen Sie da draußen suchen und nicht hier drinnen immer wieder die gleichen Fragen stellen!«
Benn wies mit dem linken Arm zum Fenster. Sekundenlang verhakten sich ihre Blicke in einem stummen Ringen.
»All unsere Leute sind auf der Straße.« Ein energischer Zug umspielte die Mundwinkel der Kommissarin.
»Mehr haben Sie mir nicht zu sagen? Ihnen muss doch klar sein, dass ich mir furchtbare Sorgen mache, oder?« Benn versuchte, seine Stimme trotz der unterschwelligen Wut weich klingen zu lassen. Wenn er rumbrüllte, erfuhr er gar nichts. »Bisher hat es keiner für nötig gehalten, mir klipp und klar zu sagen, wie es aussieht. Sie auch nicht!«
Die Kommissarin sah ihn nachdenklich an, stand schließlich auf und trat an die Fensterfront.
»Nun gut ... Ich glaube, Sie können die Wahrheit vertragen«, sagte sie gegen die Fensterscheibe und drehte sich dann um. »Bis jetzt wissen wir gar nichts. Wir haben keine heiße Spur, stochern im Nebel und warten darauf, dass uns zufällig irgendwo ein Detail in die Hände fällt, mit dem wir etwas anfangen können.«
»Nach all den Stunden?«
»Ihre Frau, Kemper und die Entführer sind wie vom Erdboden verschwunden. Obwohl Hunderte von Polizisten im Einsatz sind und trotz der Straßensperren.«
»Wer weiß, wie weit die schon weg sind.«
»Möglich. Sie dürfen nicht vergessen, dass der Stromausfall uns behindert. Wir halten zwar hier in der näheren Umgebung den Polizeifunk durch das Technische Hilfswerk aufrecht, und an anderen Stellen ist das genauso, aber es gibt eben weite Teile im Land, wo das nicht der Fall ist. Vielleicht haben wir irgendwo schon Hinweise, aber wir wissen noch nichts davon. Auf die Situation war keiner vorbereitet.«
Es klopfte. Benn drehte den Kopf und sah, wie ein uniformierter Polizist den Raum betrat. Der Polizist ging zur Kommissarin und flüsterte ihr etwas zu, dann verließ er den Raum wieder.
»Etwas Neues über meine Frau?«, fragte Benn, als die Kommissarin ernst zu Boden blickte.
»Nein!«
»Wirklich nicht? Sie sind so nachdenklich!« Benn kam ein anderer Gedanke. »Oder hat es mit Ihren Leuten zu tun?«
»Schön, dass Sie danach fragen.« Die Kommissarin bedachte Benn mit einem anerkennenden Lächeln. »Interessiert üblicherweise kaum jemanden.«
»Mich schon.« Benn sah die Kommissarin an. »Sie haben ja auch ihren Kopf für Kemper hingehalten.«
Die Kommissarin schwieg zunächst, ehe sie mit leiser Stimme antwortete.
»Der Wagen mit den Beamten, der in den Ryck gestürzt ist, ist
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