Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Quelle

Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Schomburg
Vom Netzwerk:
hätte mich nie darauf einlassen dürfen.«
    Mit einem Mal spürte Kami-Passang heftige Schmerzen in der Brust. Er hatte es immer geahnt und verdrängt.
    Er war als fast blinder Halbwaise im nepalesisch-tibetischen Grenzgebiet herangewachsen, ohne Aussicht auf ein angenehmes Leben. Doch mit sieben Jahren fiel er einer Gruppe amerikanischer Rucksacktouristen auf, die die Blindenschule besuchten und förderten, in die ihn seine Mutter unter großen Opfern schickte.
    Bis heute wusste er nicht, warum das Schicksal ausgerechnet ihm diese Chance eröffnet hatte. Die Amerikaner brachten ihn in die USA, wo mit einer einfachen Operation sein Augenlicht gerettet wurde. Und seine Gönner hielten weiter zu ihm. Nachdem seine Mutter verstorben war, sorgten sie dafür, dass er in den USA in einer nepalesischstämmigen Familie aufwachsen konnte. Er nutzte die Chance, lernte begierig und besessen und folgte dem Rat seines Ziehvaters, Wissenschaftler zu werden. Über das Schicksal der jungen Amerikaner, die ihm die Chance eröffnet hatten, brachte er nicht viel in Erfahrung. Von seinem Ziehvater erfuhr er nur, dass sie als Agenten an der Grenze zu China spioniert hätten.
    Wie sein Ziehvater wurde er ein Patriot des Landes, das ihm so viel gegeben hatte. Diese Dankbarkeit trieb ihn dazu, als Wissenschaftler in militärischen Forschungseinrichtungen zu arbeiten. Und an diese Dankbarkeit hatte Brown appelliert, hatte seine Ehre und sein Selbstverständnis angesprochen, um ihn für das Experiment zu gewinnen. Er hatte nicht lange überlegt, denn er wollte etwas zurückgeben von dem, was das Land und die Menschen ihm Gutes getan hatten.
    »Sagen Sie mir alles.«
    »Wollen Sie es tatsächlich wissen? Sie werden es kaum verdauen können.«
    »Ja, ich will es wissen.« Kami-Passang setzte sich unsicher auf einen Stuhl, während Brown redete.
    Als sein Blick eine Uhr an der Wand streifte, begriff er, dass Brown bereits zehn Minuten sprach. Kami-Passang war weiß im Gesicht und griff mit beiden Händen unter die zitternden Oberschenkel.
    »Sie werden mit niemanden darüber reden.«
    »Warum tun Sie das?«, fragte Kami-Passang erschüttert.
    »Ich bin Patriot. Wie Sie. Ich liebe mein Land.« Browns Stimme wurde eindringlich. »Wir beide wissen doch, welche Bedeutung diese Erfindung hat. Wir müssen darüber bestimmen. Wir müssen entscheiden können, wer wann was davon erfährt oder es nutzen darf. Wir! Unser Land!«
    Kami-Passang sah Brown gequält an. »Das wird doch niemals geheim bleiben. Wie wollen Sie das denn schaffen, wenn in Europa alles schiefläuft?«
    »Ich habe noch ein paar Pfeile im Köcher.« Brown spielte plötzlich mit einem Computerstick. »Ihre Aufgabe ist die wissenschaftliche Seite. Alles andere ist meine Sache.«

Kapitel 22
    GREIFSWALD
     
    Hagen lächelte nachsichtig.
    »Wasser. Ja. Ganz vereinfacht gesprochen ist das richtig. Ich mag es jedoch präziser: die Wasserstoffatome des Deuterium. Ein Bestandteil des Wassers, auch Schweres Wasser genannt. Ein im Wasser vorkommender oder aus Wasser zu gewinnender Bestandteil ...«
    Benn verdrehte die Augen.
    »Wie dem auch sei ... der Reaktor in Caderache hat einen großen Nachteil. Er wird ein Prinzip verwenden, von dem man schon heute weiß, dass es für den Dauerbetrieb eines Fusionsreaktors nicht geeignet ist. Die Kernfusion muss immer wieder unterbrochen werden. Es ist kein Dauerbetrieb möglich.«
    »Aha!«, sagte Benn müde. »Die dort verbauten Milliarden werden also nutzlos verpulvert. Aber was hat das alles mit Greifswald zu tun?«
    »In Greifswald arbeitet man an einem anderen Prinzip zum Aufbau des Magnetfeldkäfigs als in Caderache oder in Garching bei München, dem anderen Standort der Max-Planck-Gesellschaft, wo Fusionsforschung betrieben wird. In Greifswald hat man erstmals auf den bekannten Grundlagen der Physik ein theoretisches Konzept am Computer entwickelt, wie das Magnetfeld und die dazugehörigen Magnetspulen aussehen müssten, um den Dauerbetrieb sicherzustellen.«
    »Können Sie das einem normalen Menschen wie mir griffiger erklären?«, fragte Benn gequält. »Oder anders: Muss ich das wissen?«
    Hagen überlegte einen Moment.
    »Ein Stück Holz. Materie in einer festen Form. Sie zünden es an und das Holz brennt, man sieht die Flamme. Die Flamme ist nichts weiter, als die zu Gas gewordene Materie Holz. Die Flamme selbst ändert sich dann wieder, wird Wärme - eine weitere Form von Materie. Die Menge der Materie ändert sich nicht, nur ihre

Weitere Kostenlose Bücher