Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Quelle

Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Schomburg
Vom Netzwerk:
in die Runde. Morgan Chao hatte als Unterstützung zwei der führenden Fusionsforscher mitgebracht, die am ITER-Projekt mitarbeiteten und sich noch vor Tagen niemals hätten vorstellen können, solch ein Experiment begutachten zu müssen.
    »Auch wenn ich es einfach nicht akzeptieren kann. Was ich sehe, ist außergewöhnlich«, sagte Walker Bundy, Professor am Massachusetts Institute of Technology. Er hustete gelegentlich und hielt sich immer wieder ein Taschentuch vor den Mund, als sei er erkältet. Professor Alvaro Alberto vom California Institute of Technology, ein nachdenklicher Schweiger mit durchdringendem Blick, nickte zögernd und gab seinen allerersten Kommentar ab. »Beeindruckend.«
    Ja, dachte Kami-Passang. Es war beeindruckend. Sie nutzten den Kern eines kleinen Versuchsreaktors, der aufgrund gestrichener Forschungsmittel nie in Betrieb gegangen war. Im Becken des Siedewasserreaktors war die Energiequelle eins zu eins wie in den Laborversuchen, nur in größerem Maßstab, installiert und lieferte die Wärme, mit der sich das Wasser im Becken zu Dampf wandelte. Der Dampf wurde abgeleitet und trieb die Turbine an, die wiederum den Generator bewegte, mit dem der Strom erzeugt wurde.
    Jeder Schritt wurde von Messgeräten überwacht. Mehrfach. Und alle zeigten die gleichen Ergebnisse. Überschussenergie in unvorstellbarem Ausmaß. Es schien, als würde sich mit der Größe der Versuchsanordnung die Energiegewinnung noch potenzieren. Im Vergleich dazu war die Menge der eingesetzten Elektrizität, mit der die Kernfusion am Leben erhalten wurde, lächerlich gering.
    »Und wirklich keinerlei Strahlung?«, hakte Professor Bundy nach.
    »Nein, keine Strahlung«, erwiderte Kami-Passang, der sich allmählich sicherer fühlte. Bisher hatte niemand die Versuchsanordnung kritisiert. »Keines der Messgeräte hatte jemals Strahlung angezeigt. Es ist alles sauber dokumentiert. Sie haben es vor sich liegen. Und auch die Ratten, Mäuse, Hunde, Vögel, Katzen und Schimpansen, die seit Wochen in unmittelbarer Nähe der Energiequelle ausharren mussten, leben alle noch, sind gesund und weisen keine Anzeichen von Strahlungsschäden auf.«
    »Sie sagten, der Elektrolysekatalysator ist Palladium - wie bei den damaligen Versuchen.«
    Kami-Passang registrierte sehr genau, dass die beiden Professoren bestimmte Namen nicht in den Mund nahmen.
    »Ja. Mit anderen Metallen funktioniert es nicht. Die Gitterstruktur von Palladium scheint die einzige zu sein, in der die Deuteriumatomkerne ihre Abstoßungskräfte überwinden und fusionieren. Warum das so ist, können wir immer noch nicht abschließend erklären. Aber es funktioniert.«
    »Was ist anders als damals?« Professor Bundy nagte zweifelnd am kleinen Finger der rechten Hand. »Die Mischung, das Verhältnis, der Metallanteil?«
    »Genau. Die Mischung.«
    »Das ist dann aber alles nicht neu.« Professor Bundy richtete sich auf.
    »Außer, dass es funktioniert. Sogar im Großversuch.«
    »Ich hoffe, Sie wollen keine Expertise von uns.« Professor Bundy sah seinen Kollegen an, dann den Energieminister. »Morgan, wenn du unsere Fachmeinung willst, müssten wir das Experiment nachvollziehen, mit den gleichen Ergebnissen.« Professor Bundy wandte sich wieder an Kami-Passang. »Verraten Sie uns mehr.«
    »Das darf ich nicht. Es ist geheim.«
    Professor Bundy wollte protestieren, aber der Energieminister schüttelte den Kopf.
    »Wir wollen keine Expertise. Ihr seid lediglich Zeugen. Wie ich. Mehr verlangen wir zunächst einmal nicht.«
    »Das hört sich an, als ob das dicke Ende noch kommt«, entgegnete Professor Alberto. »Ich wundere mich sowieso, dass ich so ohne Vorwarnung hierhergekarrt wurde. Was ist los, Morgan?«
    Der Energieminister überging die Frage des Professors und starrte nachdenklich auf Kami-Passang.
    »Sie haben unserem Land ein ungeheuerliches Geschenk gemacht.«
    »Sie glauben daran?«, fragte Kami-Passang mit leiser Stimme, für den die Unterstützung des Nobelpreisträgers der Ritterschlag wäre.
    Morgan Chao schüttelte nachsichtig den Kopf, ehe ein anerkennendes Lächeln über sein schmales Gesicht huschte. Die dichten Augenbrauen oberhalb der randlosen, runden Brillengläser zog er dabei leicht nach oben.
    »Nein. Als Wissenschaftler glaube ich nicht daran. Weil ich es nicht erklären kann. Aber ich sehe, dass es funktioniert. Damit gehen Sie in die Weltgeschichte ein. So oder so.«
    Kami-Passang konnte sich über das Urteil nicht freuen. Der zweideutige Blick des

Weitere Kostenlose Bücher