Die Quelle
werden genug zu tun haben.«
»Okay. Das Krankenhaus ist wirklich nur ein paar Straßen von hier entfernt, ja?«
Die Französin nickte.
Benn beugte sich zu Timo Moritz hinunter, dessen geschwollene Lider die Augen beinahe vollkommen bedeckten. Der Mann würde ihn kaum sehen können.
»Es kann sein, dass ich Ihnen jetzt wehtun werde. Aber Sie werden das aushalten. Ich bringe Sie ins Krankenhaus.«
Benn hockte sich hin, griff den Körper unter den Achseln und schob ihn sich über die linke Schulter. Er ignorierte das Ächzen und die wimmernden Schmerzlaute und konzentrierte sich darauf, dass der Körper nicht wieder von der Schulter rutschte.
Mühsam stemmte Benn sich hoch, schwankte und keuchte unter dem Gewicht. Dann wankte er durch das Zimmer hinaus auf den Flur und stapfte, so schnell er konnte, die Stufen im Treppenhaus hinunter.
Hinter ihm schallten die besorgten Rufe der Französin durch den Hausflur. Mehrere Wohnungstüren schlossen sich rasch, als Benn die Treppe heruntereilte.
»Gleich ist die Tortur zu Ende!«, sagte Benn immer wieder zu Timo Moritz, während sie zum Krankenhaus fuhren.
Er hatte den Verletzten mit Wellens' Hilfe auf die Rückbank des Wagens gelegt und sich für die kurze Fahrt in den Zwischenraum zu den Vordersitzen gequetscht. Wellens saß am Steuer, und die beiden Frauen hatten sich den Beifahrersitz geteilt.
»Das habe ich befürchtet!«, rief Benn, als sie das Krankenhaus erreichten und nach wenigen Metern auf der Zufahrt halten mussten.
Der restliche Weg war mit hastig abgestellten Fahrzeugen zugeparkt. Zwei Krankenwagen und ein Polizeifahrzeug standen eingekeilt vor dem Krankenhauseingang.
Benn erinnerte sich an eine Bemerkung Hagens während der Warterei auf den Anruf des Entführers.
»Der Stromausfall wird natürlich auch alle Arztpraxen lahmlegen. Die Krankenversorgung wird nur durch die Krankenhäuser erfolgen können«, hatte Hagen gesagt. »Aber nur so lange, wie die Krankenhäuser Diesel oder Gas für ihre Notstromaggregate haben. Wie lange die Krankenhäuser einen Stromausfall durchhalten, weiß keiner, da jede Klinik sich individuell absichert.«
Benn hielt Ausschau nach einem Pfleger oder einer Transportmöglichkeit für Timo Moritz.
Schwachsinn, dachte er dann. Die Fahrzeuge standen viel zu eng. Jeder, der zum Eingang wollte, musste sich wie durch einen Sperrkorridor schlängeln.
»Es wird noch einmal hart!« Benn sah Timo Moritz aufmunternd an, dann zog er ihn von der Rückbank des Wagens, schulterte ihn wieder und versuchte, dessen schmerzhaftes Stöhnen zu überhören.
Benn wankte an den Fahrzeugen vorbei und dann durch die weit offen stehenden Türflügel in das Krankenhaus. Die Frauen folgten ihm, während Wellens beim Wagen blieb.
Er glaubte, gegen eine Wand zu prallen, als er den Empfangsbereich betrat. Der gesamte Raum war zugestellt mit Liegen und Feldbetten, auf denen Menschen lagen, die auf Hilfe warteten.
Dazwischen standen verzweifelte Angehörige, die hilflos die Hände der Kranken hielten, ihnen Mut zusprachen, während sie selbst mit den Tränen kämpften. Immer wieder übertönten Rufe das unablässige Stimmengewirr, wenn sich aufgestaute Wut entladen musste. Dann plötzlich zerrissen Schmerzensschreie die Luft, von denen niemand außer den Angehörigen Notiz nahm. Jeder war so mit sich und seinem Leid beschäftigt, dass die anderen keine Rolle spielten.
Die in dem Wirrwarr herumwieselnden Ärzte und Krankenschwestern verrichteten ihre Arbeit mit verbissenen, grauen Gesichtszügen. Sie schienen kurz davor, vor Übermüdung und Verzweiflung zu kapitulieren. Fast an jeder Liege, an der sie stehen blieben, hoben sie nach kurzen Untersuchungen nur hilflos die Hände.
»Schnappt euch einen Arzt!«, brüllte Benn und blieb stehen.
Die Kommissarin und die Französin stürzten an ihm vorbei auf die nächste Krankenschwester zu, redeten auf sie ein, deuteten in Benns Richtung.
Ein heller Schrei ließ Benn zusammenzucken. Neben ihm lag ein kleines Mädchen auf einer Liege. Das Gesicht war feuerrot, die Haut schien fast vollständig verbrannt. Bis hoch unter den Haaransatz war rohes Fleisch zu sehen. Benn dachte sofort an eine Verbrühung mit kochendem Wasser und drehte sich erschüttert ab.
Ela Stein und die Französin standen immer noch gestikulierend neben der Krankenschwester. Als die Französin die Schwester heftig am Arm packte, riss diese sich einfach los, deutete in den Raum und brach dann in Tränen aus. Schluchzend eilte sie
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