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Die Quelle

Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Schomburg
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doch schon die gleichen Überlegungen angestellt, sagen Sie.«
    »Ja und?«
    »Duvall ist doch nur eine kleine Leuchte. Da steckt doch viel mehr dahinter. Es gibt in dieser Welt Leute, die fangen so ziemlich jedes Gespräch ab. Gerade über Funk und Satellit. Die filtern die Gespräche über Schlüsselwörter und sind im Besitz aller Verschlüsselungscodes. Und mit ihren Supercomputern wissen die in Minuten, was sie wissen wollen.«
    »Es geht auch einfacher«, erwiderte Benn bissig. »Duvall muss die Informationen nur weitergeben.«
    »Ich hoffe nur, dass wir es nicht mit einem solchen Gegner zu tun haben.«
    »Sie arbeiten zu lange in dem Job - freundlich ausgedrückt.«
    »Sie sind einfach ahnungslos.«
     
     

Vierter Tag
     
    DONNERSTAG
    27. OKTOBER 2016
     

Kapitel 36
    CHÂTEAUNEUF-DU-PAPE
     
    Ihre Fahrt endete nach gut siebenhundert Kilometern kurz nach Mitternacht vor einem niedrigen Haus, nachdem Wellens zuletzt etwas verunsichert durch die Gassen des kleinen Dorfes gefahren war, das nur wenige Kilometer von der Rhone entfernt und gut hundert Höhenmeter oberhalb des Flusslaufes lag.
    »Hier finden wir Johanna Grothe?«, fragte Benn.
    »Das ist zumindest die Adresse, die Sie genannt haben«, erwiderte Wellens und stieg aus. »Die Straßen sehen ohne Licht fast alle gleich aus. Aber das müsste das Haus sein. Das Navi sagt es jedenfalls.«
    Das kleine, niedrige Haus lag am bergseitigen Rand des gut zweitausend Seelen zählenden Ortes Châteauneuf-du-Pape, keine halbe Autostunde nördlich von Avignon.
    Benn war die Fahrt endlos vorgekommen, seit sie am späten Nachmittag das Krankenhaus verlassen hatten. Nach dem Streit mit Wellens hatten sich zwar beide zusammengerissen, aber Benn gingen dessen Mahnungen nicht mehr aus dem Kopf. Schließlich blieb die Frage offen, wer Timo Moritz so zugerichtet hatte. Denk positiv, ermahnte sich Benn. Jetzt bekommst du Antworten auf deine Fragen. Wenn ... ja wenn ... Schon wieder Zweifel. Wenn sie als zweiter Sieger einliefen, war alles zu spät. Er mochte daran nicht denken, und trotzdem beherrschte ihn diese Sorge.
    »Überraschend warm«, sagte Benn beim Aussteigen.
    »Das ist der Rest der Tageswärme. Wir sind in Südfrankreich. Aber das kann sich rasch ändern. Morgen früh kann die Temperatur nahe am Gefrierpunkt liegen.«
    Benn schaltete die Taschenlampe an und beleuchtete Hauswand und Eingang. Das Haus glich eher einer aus Feldsteinen und Holzteilen gebauten Kate. Die Farbe, die das Holz einmal geschützt hatte, wirkte im Taschenlampenlicht stumpf grün, rissig und hing an manchen Stellen wie Hautfetzen am Knochen. Anders als die großzügigen Neubauten, die er bei der Dorfdurchfahrt gesehen hatte, gehörte dieses Haus in die alte, arme Zeit des Dorfes.
    Benn warf einen Blick auf die kleinen, windschiefen Fenster und die niedrige Eingangstür, während Wellens an einem Seil zog und innen ein heller Glockenklang ertönte. Benns Blick fiel auf den aus Holz gezimmerten Fahrradständer, der neben dem Eingang am krüppeligen Stamm einer halb vertrockneten Korkeiche stand. Das Fahrrad fehlte.
    Wellens zog erneut am Strick, und der helle Glockenton im Innern des Hauses erklang wieder.
    »Wer das überhört, muss taub sein oder ist nicht da«, sagte die Kommissarin, die neben Benn stand und ebenfalls den leeren Fahrradständer musterte.
    »Die sind hier zwar am Ende der Weinlese ... aber es ist nach Mitternacht.« Wellens zog ungeduldig erneut an dem Strick. »Wenn sie Kempers Großmutter ist, dürfte sie um die siebzig sein. Da braucht man seinen Schlaf.«
    »Oder eher nicht«, erwiderte Benn. »Alte Menschen brauchen weniger Schlaf, sagt man doch.«
    »Ich habe anderes gehört«, entgegnete Wellens barsch.
    Benn vermutete, dass Wellens ihm immer noch nicht die versuchte Ohrfeige während der Fahrt verziehen hatte. Benn hatte sich zwar entschuldigt und nahm für sich in Anspruch, durch den Entführer bis an die Grenzen gereizt worden zu sein, aber Wellens schien das nicht gelten zu lassen.
    »Los, kommen Sie.« Benn stampfte unruhig auf der Stelle. Im Haus blieb es weiterhin still. Er ging zum nächsten Haus, suchte mit der Taschenlampe nach dem Klingelknopf und hämmerte dann laut gegen die Tür. Beinahe hätte er wieder vergessen, dass elektrische Klingeln ohne Strom nicht funktionierten. »Wir haben keine Zeit. Vielleicht wissen die Nachbarn etwas.« Benn hämmerte weiter unentwegt gegen die Tür.
    Endlich wurde die Eingangstür aufgerissen.
    »Guten Abend, wir suchen

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