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Die Quelle

Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Schomburg
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vier Männer in Arbeitskleidung vor einem an der Wand angebrachten Computerbord. Einer der Männer hielt einen großen Handstrahler mit Batterie und leuchtete den anderen.
    Benn eilte auf die Männer zu, die heftig diskutierten und wild mit den Armen gestikulierten.
    »Johanna Grothe! Wo finde ich Johanna Grothe?«, fragte Benn dazwischen. Er rüttelte an der Schulter des Mannes mit dem Handscheinwerfer.
    Der Mann schien das Rütteln zuerst gar nicht zu bemerken, aber als er sich umdrehte, sah Benn in das Gesicht eines überforderten Arbeiters, der kurz davor stand, vor einem Problem zu kapitulieren.
    Der Blick des Mannes glitt an Benn herunter.
    Ich platze hier einfach rein!, dachte Benn. Kein Wunder, wenn sie misstrauisch werden.
    »Ich suche Johanna Grothe.« Benn suchte verzweifelt nach einer plausiblen Erklärung. »Kollegen von mir müssen schon hier sein, müssen bereits nach Johanna Grothe gefragt haben. Polizisten. Es kann nicht lange her sein.«
    Benn meinte, ein leichtes Nicken zu erkennen.
    »Wo finde ich Johanna Grothe und die Polizisten?«
    Der Arbeiter zögerte, ließ Benn nicht aus den Augen, während ihn ein anderer zurechtwies, dass er mithelfen müsse.
    »Wo finden wir Johanna Grothe? Und die anderen Polizisten?« Wellens näherte sich mit lauter, forscher Stimme vom Eingang.
    Endlich zeigte der Arbeiter kurz in Richtung der hinteren Gebäudewand.
    Benn riss die Taschenlampe hoch und leuchtete in die angegebene Richtung. In der Wand hinter den Stahltanks führte eine Tür in einen weiteren Raum.
    Benn eilte voran.
    »Warum sind die so aufgeregt?«, fragte Benn im Laufen, nachdem Wellens ihn einholt hatte.
    »Die haben ihre ganz eigenen Sorgen. Bisher sind sie glimpflich durch den Stromausfall gekommen. Sie haben ein solarbasiertes Notsystem, was hier unten im Süden ja auch logisch ist. Aber vorhin ist ihnen offenbar die Computersteuerung ausgefallen.« Wellens schnaufte. »Am Ende der Weinlese ohne Strom ... Die Gärung der gekelterten Trauben ... die Temperaturen dürfen nicht zu hoch werden. Die Weinmaische wird im Gärungsprozess oberhalb dreißig Grad gekühlt. Mit Strom und Computer.«
    Benn leuchtete mit dem Lichtstrahl seiner Taschenlampe in den nächsten Raum. Auch dieser war voller Stahltanks. »Wo lang? Die haben doch in diese Richtung gezeigt.«
    »Irgendwo unten? Es muss irgendwo nach unten gehen«, sagte Wellens.
    Plötzlich hörte Benn eine weibliche Stimme. Sie schimpfte, schwoll an, wurde leiser, klang dann wieder lauter und stakkatoartig. Dabei war die Stimme seltsam gedämpft, als käme sie aus weiter Ferne.
    Benn versuchte, die Richtung zu lokalisieren. Er rannte zwischen den Stahltanks umher, bis er einen Durchgang auf der anderen Seite des Raumes entdeckte. Er eilte die hinter dem Durchgang liegende Steintreppe nach unten.
    Schlagartig verstummte die Stimme.
    Benn hastete die ausgetreten Stufen hinunter und betrat dann einen Gewölbekeller, der seinen Vorstellungen von einem Weinkeller viel eher entsprach als die beiden Räume zuvor.
    Statt meterhoher Edelstahltanks standen hier offene und mit Eisenbändern umfasste Holzbottiche mit Traubenmaische, über die der Strahl der Taschenlampe huschte.
    Plötzlich war wieder die laute Frauenstimme zu hören. Ganz kurz nur.
    Benn rannte den Gang zwischen den massigen Holzbottichen hindurch. Der Lichtkegel der Taschenlampe glitt über die offenen Bottiche. In manchen war die Oberfläche der Weinmaische fast gänzlich dunkelrot, und nur einzelne Schaumkronen stachen rosefarben hervor. Andere wiederum waren gänzlich mit den Schaumkronen bedeckt, das Farbspiel reichte bis hin zu satten Rot- und Violetttönen.
    Hinter der letzten Bottichreihe endete der Raum an einer Wand aus Feldsteinen. Ein Türbogen führte in einen weiteren Raum, aus dem ein schwacher Lichtschein drang. Benn trat hindurch und schwenkte den Strahl der Taschenlampe quer durch das Halbdunkel.
    An der Längsseite gegenüber stand eine alte Küchenkommode, die jeden Antiquitätenhändler in Entzücken versetzt hätte. Auf einer Arbeitsplatte daneben sah er Flaschen und gläserne Gefäße.
    In der Mitte des Raumes stand ein mächtiger Tisch mit einem Wachstuch als Decke, dessen Früchtemuster mit unzähligen feinen Rissen im Taschenlampenstrahl überdeutlich hervortrat. Auf dem Tisch stand ein kleiner Kerzenständer; das Licht der wenigen gelblichen Kerzen, die halb heruntergebrannt waren und stark rußten, tauchte den Raum in das Halbdunkel eines transsylvanischen

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