Die Quelle der Seelen: Thriller (German Edition)
aus und setzte sie auf.
Michael stülpte ihr einen Helm über den Kopf und schaltete das Licht ein. Er klemmte sie an dem Seil fest, griff nach ihrem Atemregler und steckte ihn ihr in den Mund. »Ich gehe vor«, sagte er. »Sie halten sich anderthalb Meter hinter mir. Ich weiß, dass Sie wissen, wie man klettert, aber hier geht es nicht ums Klettern. Es wird sich anfühlen, als würden Sie fünfzig Kilo Gewicht auf dem Rücken schleppen. Die Kraft der Strömung ist gewaltig.« Vor Susans Körper klemmte Michael seinen Klettergurt am Seil fest, zog kräftig daran und ließ die Bruchhülle am Seil auf und ab laufen, um zu erproben, ob das Ganze funktionierte. Dann zerrte er an dem gespannten Seil und war zufrieden mit dem Zug und der Sicherheit der Verankerung. Beide blickten sie auf das Wasser hinunter; die Strahlen ihrer Helmleuchten hüpften auf der Wasseroberfläche und brachen das Licht im gesamten Gewölbe. Schließlich legte Michael eine Hand auf Susans Schulter. »Alles in Ordnung?«
Sie lächelte und nickte. Da lag keinerlei Angst in ihren Augen, nur Zuversicht. Michael staunte über ihre Willenskraft. Und obwohl er sie für übermäßig optimistisch hielt, war er froh darüber, denn wenn sie gewusst hätte, was ihr bevorstand, wäre sie genauso verängstigt gewesen wie er selbst, und das brauchte er in diesem Moment nun wirklich nicht.
Michael blickte aufs Wasser und sah die Strömung an der Stelle tosen, an der das Seil herausragte. Er konzentrierte sich, steckte den Atemregler in den Mund und sprang. Er zog seine Maske herunter und tauchte schnell unter, ließ sich einen Moment Zeit, um sich an seine Umgebung zu gewöhnen. Die Strömung war stark und zog ihn mit sich, saugte ihn in Richtung des Rohres. Über den Weg hinein machte er sich nicht so große Sorgen wie über den Weg heraus. Sie würden sich an dem Seil hochziehen und gegen die Kraft der tosenden Fluten ankämpfen müssen – und das konnte mühsamer werden als alles, was er je zuvor getan hatte.
Michaels Klettergurt hielt seinen Körper in stabiler Lage, als das Wasser ihn mit sich riss. Die Strömung war erschreckend stark; es war, als würde er in den Tod gesaugt, und er ließ es geschehen.
Susan sprang ins Wasser und tauchte neben ihm unter. Michael hob den Daumen und gab ihr damit das Zeichen; dann machte er seinen Karabinerhaken an dem eingeseilten Seil fest, an dem er sich mit der linken Hand festhielt, und ließ es los. Das Wasser riss ihn sofort mit sich, und er ließ es geschehen; mit den Füßen voran schoss er dahin und blickte dabei nach unten. Plötzlich konnte er den Tunnel sehen, der sich vor ihm auftat – undurchdringliche Schwärze inmitten dunkler Mauern. Das Licht seines Helms vollführte die gleichen Bewegungen wie sein Körper. Die Öffnung befand sich zweieinhalb Meter unter der Wasseroberfläche und hatte einen Durchmesser von etwa anderthalb Metern. In den Wasserstrudeln, die in das Rohr hineinschossen, konnte Michael winzige Blasen und Gesteinsablagerungen erkennen.
Michael blickte nach hinten. Susan war anderthalb Meter hinter ihm; da war keine Panik in ihren Augen, obwohl Michael annahm, dass sich das ändern würde, wenn sie erst einmal in die Röhre gelangten.
Er seilte sich weiter vorwärts, näherte sich dem Eingang, presste die Schenkel zusammen und streckte die Beine aus. Es machte keine Mühe, der Sog tat die ganze Arbeit. Ehe er sich versah, war er drin.
Die Strömung war wie ein Wirbelsturm. Hätte Michael das Seil nicht gehabt, hätte ihn der Sog gegen die Wände des Rohres geschmettert und davongerissen – und Gott allein wusste, wohin. Er zählte die Drei-Meter-Abstände an dem Seil ab; nach seiner Schützung befand sich der Gitterrost gut dreißig Meter im Inneren des Rohrs. Es war schwierig, nicht die Orientierung zu verlieren. Michael und Susan waren dermaßen gefangen im Strudel, dass sie unmöglich sehen konnten, wohin die Luftblasen, die sie durch ihre Atmung verursachten, verschwanden, um auf diese Weise auszumachen, wo oben und wo unten war.
Michael legte den Kopf in den Nacken. Er konnte sehen, dass Susan genau hinter ihm war. Sie hielt mit ihm mit.
Fünfzehn Meter. Michael ließ sich langsam am Seil weitergleiten und kämpfte gegen die Strömung an.
Fünfundzwanzig Meter. Michael drehte langsam den Kopf und richtete den Strahl seiner Helmleuchte durch die Röhre, um nach dem Gitterrost zu suchen.
Dreißig Meter. Susan hatte den Anderthalb-Meter-Abstand gehalten, wie Michael es von
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