Die Quelle der Seelen: Thriller (German Edition)
das Allerwichtigste, Michael. Sie ist der Grund dafür, dass wir tun, was wir tun. Das sind deine Worte, nicht meine.«
Michael sagte nichts dazu, starrte seinen Freund nur an.
»Du kannst nicht allein durchs Leben gehen, Michael.«
»Ich hab doch dich«, meinte Michael und rang sich ein Grinsen ab.
»Ja.« Busch legte Michael eine Hand auf die Schulter. »Nur küsse ich leider nicht besonders gut.«
»Stell dein Licht nicht unter den Scheffel, mein kleiner Sonnenschein.«
»Was würde Mary sagen, wenn sie dich so allein sähe?«
Michael leerte seinen Drink und griff nach seiner Jacke. »Wir reden morgen früh.«
Durch die Hintertür verließ er die Bar.
4.
D as Kensico Reservoir schoss mit rasender Geschwindigkeit auf die Windschutzscheibe ihres Wagens zu, doch sie schrie nicht. Sie gab überhaupt keinen Laut von sich. Was sich in ihrem Kopf abspielte, war allerdings eine andere Geschichte. Ihre Gedanken rollten umher wie Tropfen verschütteten Quecksilbers. Fest umklammerte sie das Lenkrad des weißen Buicks, als könne sie dadurch auf wundersame Weise ihren Sturz bremsen. Dabei wusste sie, dass es nicht möglich war. Sie schätzte, dass die Brücke etwa zwanzig Meter hoch war, und erst vor einer halben Sekunde war sie durch die Absperrung gekracht. Sie konnte das Stück grünes Geländer, das aus der Brücke herausgerissen war, deutlich sehen, weil es vor ihr her auf das Wasser zustürzte. Entsetzt beobachtete sie, wie es sich um die eigene Achse drehte wie ein Messer, das auf eine Zielscheibe zuflog.
Die Sekunden, die ihr bis zum Aufprall blieben, ließen ihr keine Zeit für ein Gebet, nur für Bedauern und Reue, sich hinter Traueranzeigen versteckt zu haben. Sie bedauerte die Täuschung, obwohl ihre einzige Chance darin bestanden hatte, zu verschwinden. Zumindest hatte sie es für eine Chance gehalten, bis man sie trotzdem aufgespürt hatte.
Die beiden Ford F-10 Pick-ups hatten ihr ohne Scheinwerferlicht im Dunkeln aufgelauert, waren lautlos aus den Schatten gekommen und hatten sie verfolgt. Links und rechts waren die Wagen auf der Brücke an ihr vorbeigeschossen und mit 180 Sachen auf die andere Seite gefahren. Dann leuchteten ihre Rücklichter auf und tauchten die Nacht in rote Glut, während die Fahrer in die Bremsen stiegen, dass die Reifen qualmten. Zeitgleich kamen sie zum Stehen. Kühlerhaube an Kühlerhaube versperrten sie die andere Seite der Brücke. Zwei Männer sprangen aus den Pick-ups, Gewehre im Anschlag, mit denen sie auf sie zielten, als wäre sie eine Verbrecherin.
Sie wartete bis zum letzten Moment und hoffte, dass es sich um einen Irrtum handelte und dass die Männer gleich zurück in ihre Wagen springen und zurückkehren würden auf die legale Seite des Lebens. Aber das taten sie nicht.
Sie saß in der Falle und fuhr auf ihren Tod zu.
Sie wartete bis zum letzten Augenblick, bevor sie das Lenkrad scharf nach rechts riss, doch reagierte der Wagen nicht, wie sie erwartet hatte. Der rechte Vorderreifen platzte, und sie verlor die Kontrolle über das Fahrzeug, geriet ins Schleudern und trat mit beiden Füßen auf die Bremse. Aber es brachte nichts. Sie krachte durch das Brückengeländer. Der Buick segelte hinaus in die Nacht, schwebte über dem See wie ein riesiger Vogel. Sie hatte kein Gesicht gesehen, kein Nummernschild, und das Wagenmodell hatte sie nur erkannt, weil die beiden Pick-ups einem Auto ähnlich sahen, das einmal einem Freund gehört hatte.
Noch ein anderes Fahrzeug war ihr aufgefallen, ein silberfarbener Chevy Suburban, ungefähr sechs, sieben Kilometer zurück. Der Wagen war plötzlich hinter ihr gewesen, als sie von der Schnellstraße abfuhr, und folgte ihr im Abstand von etwa zweihundert Metern. Als sie anhielt, um zu tanken, verschwand der Suburban, und sie sagte sich, dass es Zufall gewesen sei. Doch als sie fünf Minuten später weiterfuhr und feststellte, dass der Chevy ihr schon wieder folgte, verwandelte sich ihre Wissbegier in Argwohn. Und es war dieses Misstrauen, das bewirkte, dass sie sich nicht konzentrierte, dass sie nicht aufmerksam genug auf die Straße achtete und die beiden Wagen nicht sah. Sie hätte niemals gedacht, dass ihr gleich mehrere Verfolger auf den Fersen sein würden, aber selbst wenn – es hätte ihr jetzt auch nicht mehr geholfen.
Sie wusste, dass sie mit vielen unbeantworteten Fragen sterben würde.
Sie hatte Michael bei ihrer Beerdigung gesehen – ein unwirkliches Erlebnis, die eigene Grabrede mit anzuhören. Sie hatte im
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