Die Quelle der Seelen: Thriller (German Edition)
kroch Michael auf den Fahrstuhl zu. Währenddessen feuerte Simon jeweils zwei Schüsse hintereinander in Richtung der Wachmänner, die draußen standen und ihn und Michael als Zielscheiben für ihre Schießübungen benutzten.
Michael rutschte gegen die Wand neben dem Fahrstuhl, drückte den Abwärtsknopf und betete.
Busch war durch die Höhlengänge gerannt und hatte sich dabei an der Karte orientiert, die Michael ihm gegeben hatte, wie auch an den orangefarbenen Farbklecksen an der Wand. Er zwängte seinen massigen Körper durch den Lüftungsschacht und lugte hinaus in das leere Foyer des medizinischen Labors, das sich zehn Etagen unter dem Arsenal des Kremls befand. Eine halbe Stunde spähte und horchte Busch, ob sich in den Räumlichkeiten etwas tat. Dann nahm er das Gitter ab und sprang in das strahlend weiße Foyer. Auf dem Tisch in der Ecke stand immer noch das Essen vom Morgen: Das Obst hatte inzwischen braune Flecken, ein Piroschki krümelte vor sich hin, und in den zwei halbleeren Tassen war der Kaffee inzwischen kalt.
Die Waffe im Anschlag, bahnte Busch sich seinen Weg durch den Korridor, überprüfte dabei rasch und gekonnt die angrenzenden Räume. Dann lief er zurück und drückte den Fahrstuhlknopf. Busch wusste, dass es mindestens eine Minute dauern würde, bis der Lift kam. Fest umklammerte er seine Waffe und lief weiter den Gang hinunter. Er lugte in den Operationssaal: Die Leichen der Ärzte hatte man fortgeschafft; nur noch das Blut war zu sehen, das sich zu einer dunkelbraunen Lache gesammelt hatte. Es sah aus, als wären die fünf Ärzte durch die Schusswunden gänzlich ausgeblutet. Die Abscheu, die er Fetisow gegenüber empfand, lenkte Busch von dem Ekel ab, den er bei diesem Anblick empfand.
Er blickte durch das zertrümmerte Glas, das der Russe durch sein Trommelfeuer zerschossen hatte – der Mann, der Michael gefangen genommen hatte. Der Zuschauerraum war leer, sah man von den Stühlen ab, auf denen wahrscheinlich nie wieder jemand sitzen würde. Die Zuschauer hatte man verhört, bevor sie nach Hause durften, um dort ihren wohlverdienten Nervenzusammenbruch zu erleiden.
Als Busch auf das Chaos blickte, fragte er sich, ob es das alles wert war. Fünf Menschen waren tot. Michael und er selbst waren noch keinen Schritt weiter gekommen: Michaels Vater war noch immer nicht gerettet, Genevieve blieb verschwunden, und von Susan fehlte nach wie vor jede Spur.
Und die geheimnisvolle Schatulle, die Genevieve so flehentlich vernichtet sehen wollte, war jetzt in die Hände von Fetisow und Julian gefallen. Busch fragte sich, was wohl darin versteckt war. Wie war es möglich, dass ein derart schlichter Gegenstand dermaßen gefährlich war?
Doch Busch wusste, wie töricht diese Frage war. Ein Teelöffel VX-Gas konnte Zehntausende töten. Seuchen hatten Millionen das Leben gekostet. Busch wusste zwar nicht, was in der Schatulle war, aber er wusste, dass sie sich ausgerechnet bei jenen beiden Menschen befand, die dieses kostbare Stück auf keinen Fall besitzen sollten.
Der Fahrstuhl kam. Busch eilte zurück ins Foyer und betrat die Aufzugkabine, noch während die Türen sich öffneten. Er drückte auf den Halteknopf und hielt ihn gedrückt, wodurch die Türen geöffnet blieben und der Fahrstuhl nun jederzeit abfahrbereit war. Dann wartete er. Er schaute auf seine Armbanduhr. Simon hatte gesagt, er würde den Abwärtsknopf in der Haupteingangshalle betätigen, sobald er Michael hatte. Aber wenn der Knopf bis siebzehn Uhr nicht aufleuchtete, sollte Busch nicht nur aus dem Gebäude verschwinden, er sollte auch zu Martin zurückkehren und das Land verlassen.
Busch war in Gedanken, als er plötzlich in die Mündung einer Pistole blickte, nur eine Handbreit von seinem Auge entfernt. Der russische Wachmann hatte den Fahrstuhl lautlos betreten und Busch überrumpelt. Er bedeutete ihm, sich mit dem Rücken gegen die Wand zu stellen und riss Busch die Pistole aus der Hand. Dann brüllte er eine Frage nach der anderen, doch alle in Russisch und deshalb vergeblich.
Busch stand da und verfluchte sich dafür, so unachtsam gewesen zu sein.
Zu seiner Verzweiflung leuchtete genau in diesem Moment der Knopf der Haupthalle auf. Der Wachmann starrte Busch finster an, während sich langsam die Fahrstuhltüren schlossen. Der Mann sah die Furcht auf Buschs Gesicht. Während er die Mündung seiner Pistole weiterhin auf den riesigen blonden Amerikaner gerichtet hielt, hob er Buschs Waffe und zielte damit auf den Schlitz
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