Die Quelle der Seelen: Thriller (German Edition)
brachte Michael beinahe aus der Fassung.
»Ich will sämtliche Einzelheiten wissen, jedes noch so kleine Detail.«
Michael musste sich zwingen, ruhig zu bleiben, um nicht seinerseits auf Stephen loszugehen, als er seinen Vater auf den neuesten Stand der Dinge brachte, was den Albero della Vita anging, und Genevieve, und die Geschehnisse in Russland. Dann erklärte er Stephen, warum er über die Fähigkeiten verfügte, derartige Aufgaben zu erledigen. Während es ihn mit Scham erfüllt hätte, seinem Adoptivvater, Alec St. Pierre – dem Mann, der ihn großgezogen hatte – von seinen Taten und von seiner kriminellen Vergangenheit zu erzählen, bereitete es Michael keine Schwierigkeiten, dem Mann, der vor ihm saß, davon zu berichten. Denn obwohl dieser Mann sein leiblicher Vater war, bestand zwischen ihnen noch keine wirkliche Verbindung. Sie hatten keine gemeinsame Geschichte, und Michael hatte keinen Grund, Scham zu empfinden.
»Das übersteigt meinen religiösen Glauben um ein Vielfaches«, sagte Stephen. »Ich bin ein Katholik, der schon Probleme hat, sich die Feiertage zu merken. Und jetzt verlangst du von mir, daran zu glauben, dass …«
»Ich verlange nicht, dass du an irgendetwas glaubst«, sagte Michael und strich dabei mit den Händen über die Schatulle. »Ich werde dir aber sagen, was ich glaube. Das hier«, Michael hob die Schatulle vom Tisch, »enthält den Tod. Nach allem, was man mir erzählt hat – und nach allem, was ich gesehen habe –, bin ich fest davon überzeugt, dass Tausende von Menschen sterben werden, wenn diese Schatulle geöffnet wird.«
»Und wenn wir sie ihm nicht geben, wird Susan sterben.« Stephen saß da, die Arme vor der Brust verschränkt, die Stirn gerunzelt, während er darüber nachdachte, was Michael ihm gerade erzählt hatte, und die Worte auf sich wirken ließ. Dann ging er erneut auf ihn los. »Wie konntest du sie mitnehmen und solchen Gefahren aussetzen? Susan hätte niemals mit dir nach Moskau reisen dürfen.«
»Was?«, erwiderte Michael abwehrend und beugte sich vor, um dem verächtlichen Blick seines Vaters die Stirn zu bieten.
»Du hast sie in Lebensgefahr gebracht. Sie sitzt mitten auf dem Besitz eines Irrsinnigen und wartet darauf, dass man sie umbringt.«
»Dafür darfst du mich aber nicht verantwortlich machen.« Michael erhob sich und ging auf und ab. »Ich habe gerade eine ganze Woche damit zugebracht, diese Schatulle zu beschaffen, um dich zu retten. Susan ließ sich nicht zurückhalten. Ich habe alles versucht, aber sie ist störrisch wie ein Esel.«
Stephen saß da und starrte Michael an. »Ich weiß.«
Endlich atmete Michael aus und stand da, wartete im Grunde nur darauf, sich gleich wieder rechtfertigen zu müssen.
»Was sie allerdings zu einer äußerst fähigen Anwältin macht.« Stephen grinste, und seine Laune schien umzuschlagen. Er stand auf und ging zur Bar. Dieses Mal bückte er sich und öffnete den Unterschrank. Er fummelte an etwas herum, bevor er sich schließlich wieder erhob. Ein mittelgroßer Safe, dessen Tür weit offen stand, kam zum Vorschein. Er war zur Hälfte gefüllt mit Bargeld, Dokumenten und Waffen.
Stephen Kelley drehte sich um und blickte Michael an, der sofort verstand.
Michael nahm die Schatulle vom Tisch und stellte sie in den Safe.
Stephen bückte sich wieder, verschloss die Tür und drehte das Kombinationsschloss. »Also – wie retten wir Susan?«
Michael nickte Stephen zu, eine Geste des Respekts. Dann griff er nach der Karte vom Gelände, glättete sie auf der Tischplatte und drehte sie um, sodass die unbeschriftete Seite oben lag. »Ich muss dich bitten, mir eine Skizze vom Inneren der Villa zu machen. Meinst du, du kannst dich an den Grundriss erinnern?«
Stephen nickte, zog einen Kugelschreiber hervor und begann zu zeichnen. Es dauerte einen Moment, bis er sich an Michael wandte. »Obwohl ich dich als Sohn abgelehnt hatte, bist du gekommen, um mich zu retten.«
»Ja«, erwiderte Michael mit leiser Stimme. »Das verdanken wir unter anderem Susan.«
»Natürlich.« Sie wussten beide, dass es so einfach nicht war.
»Weißt du, als ich dich damals weggegeben habe …« Stephen zeichnete weiter, und seine Worte kamen stockend. »Nachdem deine Mutter gestorben war …«
»Ist schon okay.« Michael lächelte. »Du hast das Richtige getan. Ich hätte mir keine besseren Eltern wünschen können als die St. Pierres … soll keine Beleidigung sein.«
»Das habe ich auch nicht so aufgefasst.« Stephen
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