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Die Quelle der Seelen: Thriller (German Edition)

Die Quelle der Seelen: Thriller (German Edition)

Titel: Die Quelle der Seelen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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muss mit dir besprechen, wie wir Susan da herausholen.«
    Stephen nickte und steckte die kleine rechteckige Zigarrendose in seine hintere Hosentasche. »Das ist für später, wenn wir einen Grund zum Feiern haben.«

56.
    J ulian blickte in die Augen seiner Mutter; sie waren dunkler, als er sie in Erinnerung gehabt hatte. Früher war er in der Lage gewesen, durch ihre Augen und mitten in ihr Herz zu schauen – jetzt sah er darin nur Rätsel und Geheimnisse.
    »Ich bin froh, dass du wieder da bist«, sagte Julian.
    Genevieve schaute ihren Sohn nur an, blickte ihm schweigend in die Augen.
    »Ich hatte Angst, dich niemals wiederzusehen.«
    Genevieve schwieg, schaute ihn nur weiterhin an.
    »Ich brauche deine Hilfe.« Julian drehte sich um und ging im Labor auf und ab. »Du weißt, was wirklich in der Schatulle ist, und ich glaube, du weißt auch, wie man sie öffnet.«
    Er drehte sich zu ihr um und schaute wieder auf die Trage, auf der man Genevieves Arme und Beine festgeschnallt und einen breiten Gurt über ihre Brust gespannt hatte, sodass ihre einzige Fluchtmöglichkeit darin bestand, die Augen zu schließen, die sie aber voller Trotz geöffnet hielt.
    Sie befanden sich in einem medizinischen Labor, das von Wladimir Skowokow so konzipiert worden war, dass es sich speziell für seine Arbeit an Toten geeignet hatte – an den Leichen, die für seine Forschungsarbeit von so großer Bedeutung gewesen waren. Die Temperatur lag bei knapp über null Grad Celsius, damit die Probanden möglichst lange konserviert blieben. Julian drehte die Temperatur weiter herunter. »Nett und angenehm kühl hier drin, nicht wahr? Erinnert dich das an deine Berghütte in den Dolomiten? In der du ums Leben gekommen bist?« Julian erwartete nicht, dass seine Mutter ihm antwortete.
    »Ich weiß nicht, was es genau damit auf sich hat, aber zwischen dir und dieser Schatulle gibt es irgendeine Verbindung. Und wenn sie hier eintrifft, wirst du mir sagen, wie man sie öffnet.«
    Genevieves Atmung wurde langsamer. Sie starrte ihren Sohn weiterhin trotzig an.
    »Ich finde es so oder so heraus, wie man die Schatulle aufbekommt. Ich hatte allerdings gehofft, du könntest mir ein bisschen Zeit sparen.«
    Julian nahm eine Spritzenkanüle in die Hand und ließ die Nadel in eine kleine Flasche mit Medizin gleiten, zog den Kolben zurück und füllte die Kanüle bis zum Anschlag. »Amobarbital, Thiopental oder wie diese so genannten Wahrheitsseren heißen … im Grunde bewirken sie nur eins: Sie machen dich schläfrig.« Er ging zurück zu der Trage, auf der Genevieve lag, beugte sich über sie und fuhr ihr mit seiner freien Hand durchs Haar. »Und wenn du mir die Wahrheit nicht erzählen willst, werden sie mir nicht helfen, sie deinen Lippen zu entlocken. Schmerz jedoch …«
    Julian sprach nicht weiter und blickte tief in die Augen seiner Mutter. Er empfand weder Reue noch Scham, als er auf sie hinunterblickte. Für ihn war sie wie ein junges Kätzchen, das in einer Schachtel in der Falle saß.
    »Ich würde dir gern sagen, dass es nicht wehtun wird, aber das wäre eine Lüge.« Julian trat zurück, hielt die Spritze kurz in die Luft und drückte leicht auf den Kolben, sodass sich im Bogen ein dünner Strahl in den Raum ergoss. Vorsichtig ergriff er den Infusionsschlauch, der mit der Kanüle in Genevieves Arm verbunden war. »Tatsache aber ist, dass es sich anfühlen wird, als würde dir Feuer durch die Venen gejagt, das sich dann langsam in deinem ganzen Körper ausbreitet. Sag mir einfach Bescheid, wenn du reden willst, statt vor Schmerzen zu schreien.«
    »Möge Gott deiner Seele gnädig sein«, flüsterte Genevieve.
    Die ersten Worte, die er seine Mutter seit Jahren sprechen hörte, brachten Julian aus der Fassung. Er ließ sie auf sich einwirken und prägte sie sich ein, weil sie möglicherweise die letzten Worte seiner Mutter waren. Schließlich lächelte er und blickte auf Genevieve hinunter, schaute ihr tief in die Augen und blickte dann auf das Kreuz auf ihrer Brust. Und ohne weiter nachzudenken, griff er danach und riss es ihr vom Hals.
    »Gott hat mit dem hier nichts zu tun.« Julian stach die Nadel in den Infusionsschlauch. »Du hast doch immer gewusst, ich habe keine Seele.«

57.
    M ichaels Beine baumelten in der Luft, als er an zwei Fingern zwanzig Meter über der schroffen Steinküste hing. Dass die Wellen sich krachend unter ihm brachen, hatte er längst aus seinem Bewusstsein verdrängt; er konzentrierte sich nur noch auf seinen Aufstieg,

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