Die Quelle der Seelen: Thriller (German Edition)
der Pessimist zu sein, aber …«
»Dann sei es diesmal nicht«, fiel Michael ihm ins Wort. Sich vorzustellen, wie er scheiterte, konnte er sich jetzt nicht erlauben.
Simon zog den Reißverschluss seiner Tasche auf und förderte sein Waffenlager zutage: Gewehre, Pistolen, Semtex, Brandbomben. Nachdem er alles auf dem Tisch ausgebreitet hatte, ergriff er eines der Gewehre und nahm es auseinander, überprüfte den Lauf, den Schlagbolzen, die Kammer.
Busch zog seine Waffe heraus. Es war die Pistole, die er unter den Mauern des Kremls benutzt hatte – die Waffe, die Fetisow ihm gegeben hatte. Er nahm die Platzpatronen heraus und warf sie zusammen mit zwei Magazinen in einen kleinen Abfalleimer, der neben dem Tisch stand.
Simon sah ihn an. »Was machst du da? Wir brauchen alles, was wir in die Finger kriegen können.«
»Die Kugeln taugen nur, wenn du dich umbringen lassen willst. Das sind alles Platzpatronen.«
»Man kann nie wissen.« Michael klaubte die Patronen aus dem Abfall und legte sie auf den Tisch. Dann strich er die Karte vom Gelände glatt und studierte jedes einzelne Gebäude. Sie waren nicht detailliert eingezeichnet, doch konnte er sich anhand der Karte einen allgemeinen Überblick über die Architektur und die Lage der verschiedenen Bauten verschaffen. »Kelley sagt, er wurde in der Villa gefangen gehalten. Ich gehe jede Wette ein, dass Susan ebenfalls da ist.«
»Wie können wir sicher sein?«, fragte Busch.
»Das können wir nicht. Aber wenn wir die Sicherheitskameras überprüfen …«
»Vergiss nicht die fünfzig Wachmänner.«
Michael schüttelte den Kopf. »Die vergesse ich nicht. Wir werden sie irgendwie ablenken müssen.«
»Können wir die Stromleitungen kappen?«, fragte Busch.
»Ich bin sicher, dass es in den Labors und Häusern Notstromaggregate gibt«, erwiderte Michael und blickte dabei Simon an. »Irgendwelche Ideen, was das Ablenkungsmanöver angeht?«
»Das kriege ich schon hin. Wenn wir uns die Videoüberwachung ansehen können, bin ich vielleicht in der Lage, Genevieve gleich auch noch zu finden«, meinte Simon und wandte sich dabei an Busch. »Dabei werde ich Hilfe brauchen.«
»Du und ich?«, vergewisserte sich Busch. »Wir sollen zusammenarbeiten? Kneift mich mal jemand? Ich muss wissen, dass ich nicht träume!«
»Was hast du vor?«, wollte Michael von Simon wissen. Dabei hatte er fast ein wenig Angst vor der Antwort.
»Ich werde Genevieve finden. Und dabei werde ich jede Menge Krach machen.«
»Und was ist mit Julian?«, fragte Busch.
»Den heben wir uns für einen anderen Tag auf«, entgegnete Michael.
Simon starrte ihn an. »Wenn ich die Gelegenheit bekomme, werde ich sie beim Schopf packen«, sagte er.
»Simon«, meinte Michael. »Wir gehen dorthin, um Susan zu holen. Und wenn wir können, auch Genevieve.«
»Ich weiß.« Simon nickte. »Ich will es ja auch nur versuchen, wenn sich die Gelegenheit bietet.«
Das beunruhigte Michael; er wusste, dass Simon ein Mann war, der Gelegenheiten schuf, statt darauf zu warten, und er befürchtete, dass der Versuch, auf Julians Gelände vorzudringen, weit gefährlicher und blutiger sein konnte, als sie alle auch nur ahnten. Doch was mehr als alles andere Michaels Misstrauen schürte, war der Ausdruck in Simons Augen. Simon war entschlossen, Genevieve zu retten, aber da war noch mehr. Simon hatte noch irgendetwas anderes vor.
Michael schob Simon ins Cockpit und schloss hinter sich die Tür. »Du hast mir nicht alles erzählt.«
Ganz allein standen die beiden Männer vor der Pilotenkanzel. Simon starrte Michael an.
»Ich kann mir keine Überraschungen leisten, Simon, das weißt du. Was verheimlichst du?«
Er konnte sehen, wie Simon sich innerlich einen Ruck gab. »Du kennst doch die Geschichte meiner Eltern – dass mein Vater meine Mutter entführt, vergewaltigt und gefoltert hat und dann untergetaucht ist«, fasste Simon eine Geschichte zusammen, die er Michael vor langer Zeit ausführlich erzählt hatte. »Aber er konnte sich nicht für immer verstecken. Ich habe es nie bereut, dass ich ihn umgebracht habe, und auch nicht, dass ich dafür drei Jahre im Gefängnis saß. Er hatte satanische Symbole in die Haut der Frau eingebrannt, die er liebte. Deshalb dachte ich, sie wollte die abscheulichen Male verstecken, als sie plötzlich wieder ihre alte Nonnentracht trug. Ich wusste nicht, dass sie in Wahrheit etwas anderes darunter versteckte. Sie wollte nicht, dass jemand sah, dass sie von der Vergewaltigung schwanger
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