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Die Quelle der Seelen: Thriller (German Edition)

Die Quelle der Seelen: Thriller (German Edition)

Titel: Die Quelle der Seelen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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Morgens. Julian stand da und konnte es nicht fassen. Dann taumelte er, stürzte zu Boden und versank im Wahnsinn.
    Julian riss die Augen auf, die Echos des Albtraums hallten noch immer in seinem Kopf nach. Er lag inmitten der Wachen, die alle tot waren, ihre Körper verdreht und verzerrt und von Narben entstellt. Er stand auf und versuchte, sich an seinen Traum zu erinnern und an das, was hier geschehen war, während draußen langsam die Sonne aufging.
    Er sah Raechens Leiche. Der Mann, der gekommen war, um ihn zu töten, lag tot hinter seinem Schreibtisch. Und wie eine Erinnerung, die sich nicht greifen ließ, versuchte Julian immer wieder, sich vor Augen zu führen, was geschehen war.
    Langsam hoben sich die Nebel von seinem Verstand, doch war er trotzdem nicht in der Lage, Licht auf das zu werfen, was sich hier zugetragen hatte. Er konnte sich nur noch erinnern, dass er auf seinem Stuhl gesessen und die Schatulle auf dem Schoß gehabt hatte.
    Im nächsten Moment fiel ihm auf, dass die Schatulle und der Schlüssel, mit dem sie sich öffnen ließ, verschwunden waren. Er suchte das Zimmer ab, doch war sie nirgends zu finden. Er schaute überall nach, schützte dabei die Augen vor der Morgensonne, die den Horizont erklomm und deren Strahlen durch die großen Fenster der Bibliothek fluteten.
    Julian rannte zu Raechen und zerrte die beiden Pistolen mit den langen Läufen aus dessen leichenstarren Händen. Dann stürmte er nach draußen in den Korridor der Villa, wo ihn ein ähnlicher Anblick erwartete. Überall Leichen an den Fenstern und Türen, wo sie Stellung bezogen hatten, um Julian und seine Schatulle vor der Welt draußen zu schützen … nur war die wahre Bedrohung bereits im Haus gewesen.
    Julian brauchte nicht weiter nachzusehen. Er wusste auch so, dass alle seine Leute tot waren.
    Für einen Moment hielt er inne, im wörtlichen wie auch im übertragenen Sinne. Er hatte all diese Finsternis überlebt, all diesen Tod. Er war immer noch am Leben. Und da wusste er plötzlich, dass die Schatulle noch sehr viel mächtiger war, als er je gedacht hatte. Egal, was erforderlich war, um das Ziel zu erreichen: Er würde sie finden.
    Und er ahnte bereits, wo sie war.
    Er rannte den Korridor hinunter, riss eine der Seitentüren auf und trat hinein in die Kühle des Sommermorgens. Die Strahlen der Morgensonne tauchten seinen weißen Hubschrauber in goldenen Schimmer. Und daneben erblickte er sie, den Mann und die Frau, die sich gegen die Metallwand am hinteren Ende des Landeplatzes kauerten, als würden sie sich dort verstecken. Sie bemerkten nicht, dass Julian sich ihnen näherte.
    So verzweifelt seine Lage auch war, Julian hatte soeben neue Hoffnung geschöpft.

70.
    D ie plötzliche Stille war unwirklich. Nachdem er die markerschütternden Schreie gehört hatte, die aus dem Inneren der Villa gedrungen waren, fühlte Michael sich wirklich wie von Gespenstern verfolgt. Nie zuvor hatte er Terror und Todesangst in derartiger Vielfalt und Lautstärke gehört. Nach all den Schießereien, dem tosenden Schusswechsel, der Michael, Simon und Busch in Schach gehalten hatte, war es jetzt auf einmal totenstill auf dem Gelände.
    Der Kugelhagel hatte sie zurückgehalten, hatte ihnen zu keiner Zeit erlaubt, sich der Villa an irgendeiner Stelle zu nähern. Jetzt war es, als hätten ihre Gegner nie existiert. Und dass die Schlacht auf einmal zu Ende war, machte Michael sogar noch größere Angst.
    Er brauchte nicht zu fragen, er wusste auch so, was geschehen war: Es bestand kein Zweifel, dass Julian die Schatulle geöffnet hatte. Jetzt, da war Michael sicher, war es nur noch eine Frage der Zeit, bis sie alle das gleiche Schicksal ereilte, dem auch diejenigen zum Opfer gefallen waren, deren letzte Worte nichts als Schreie gewesen waren und deren letzte Gedanken nur aus Furcht bestanden hatten.
    Als Michael sich umdrehte, um nach Simon und Busch zu suchen, stand sie plötzlich da, einen Meter vor ihm. Nach all den Entsetzlichkeiten, den panischen Todesschreien, die Michael gerade erst vernommen hatte, war es Genevieves Anblick, der ihn am meisten erschreckte. Denn hier stand eine Frau, deren Leiche er auf dem Bildschirm der Videoüberwachungsanlage gesehen hatte, deren lebloser Körper kalt und blau gewesen war – und doch stand sie jetzt vor ihm, als wäre ihr Tod bloß ein Traum gewesen.
    Doch als sie sich ihm näherte, überkam Michael eine tiefe, friedvolle Ruhe. Genevieves Gesicht strahlte in der frühen Morgenstunde, und ihre Augen

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