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Die Quelle

Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larissa Cosentino
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aus einem Tagebuch. In ihrem fehlten nur
leider einige Seiten.
    *
    Dr. Sellart hatte sich viel Zeit genommen und eine
vorsichtige Zusammenfassung der letzten Monate präsentiert, bis hin zu dem
Kaiserschnitt und der Geburt ihrer Tochter. Sandra hatte das Gefühl, dass
die Welt sich seltsam schnell gedreht hatte, während sie nur kurz
eingeschlummert war. Als Veronika wieder eintreten durfte, erklärte Dr.
Sellart beiden, dass Sandras Gedächtnis nach einiger Zeit sicherlich
manche Lücken schließen würde, doch er könne nicht
voraussagen, wie viel von den Geschehnissen ihr für immer verborgen
bleiben würden. Ein wenig vorwurfsvoll blickte Veronika zu Dr. Sellart,
als habe sie sich von ihm ein Wunder erhofft, das er ihr nicht gewährt
hatte. Sandra verzog kritisch den Mund angesichts dieses für ihre Mutter
typischen Verhaltens. Wohl missverstand Veronika es als Lächeln, denn sie
lächelte herzlich zurück, ehe sie sich zu ihr setzte und ihre Hand
ergriff. Sie fühlte sich etwas schwitzig an, dennoch war Sandra dankbar
für diese Nähe.
    „Wichtig ist was jetzt kommt, die Zukunft mit deiner
Tochter! Ich habe sie Lisa genannt, ich hoffe, das ist dir Recht!“
    Sandra zögerte kurz, doch sie kannte diesen Blick
bei ihrer Mutter und hatte keine Lust oder Kraft mit ihr zu diskutieren.
    Sie lächelte sie beschwichtigend an. „Ja, es ist OK.
Ist ein schöner Name... Kann ich sie sehen?“
    Wenige Minuten später betrat eine Krankenschwester
das Zimmer mit Lisa in den Armen. Lisa war wach und obwohl sie als Neugeborene
nichts sehen konnte, blickte sie geradezu in Richtung ihrer Mutter. Sandra
kreuzte den glasigen, bläulichen Blick ihrer neugeborenen Tochter und
wurde plötzlich von einer neuerlichen Kältewelle erfasst. Hektisch
drehte sie sich zur Schwester. Sie konnte kaum mehr atmen, sie fühlte sich
zurück in die Dunkelheit getrieben und Angst überflutete ihren
gesamten Körper. Sie schrie panisch auf, ehe sie wieder einen Krampf
bekam.
    Dr. Sellart brauchte nur eine einzige Geste und die
Krankenschwester verschwand mit Lisa aus dem Zimmer, während er Sandra an
den Schultern festhielt und Augenkontakt suchte. Sandra fand in seinen Augen
die Wärme und den Halt, die sie brauchte, auch seine Stimme, die fest und
zuversichtlich klang, wirkte beruhigend.
    „Ganz ruhig, Sandra, sie ist schon wieder weg! Sieh mich
an. Tief durchatmen!“
    Tränen der Angst rannen an ihren Wangen herunter,
doch allmählich kam sie wieder zu Atem. Ihr Blick hielt sich an Dr.
Sellarts starkem Blick fest. Kalter Schweiß perlte nun auch Dr. Sellarts
Stirn entlang und Sandra erahnte, dass etwas ihn trotz seiner medizinischen
Erfahrung erschaudern ließ... dennoch hielt er dem stand. Langsam
entspannte sich Sandras Körper.
    „Sandra? Ist alles wieder gut?“
    Erschöpft nickte sie und lehnte sich zurück.
Auch Veronika zitterte vor Schreck und sah entsetzt zu Sandra herunter. Dennoch
nahm sie ihre Rolle als gute Mutter wieder ein und näherte sich,
offensichtlich um mit Sandra sprechen. Sandra konnte genau sehen, wie Veronikas
Angst sich allmählich in Zorn wandelte, wohl hatte auch Dr. Sellart dies
bemerkt, denn er stellte sich ihr in den Weg. Sandra war ihm dafür
dankbar. Vorwürfe ihrer Mutter hätte sie in einem solchen Augenblick
nicht ertragen.
    „Es ist besser, wenn ich jetzt allein mit Sandra
spreche.“, erklärte er Veronika sanft doch nachdrücklich, „Gehen Sie
bitte zu ihrer Enkelin, ich komme dann nach. Bitte, Frau Koller…“
    Veronika gehorchte, wenn auch unwillig, während Dr.
Sellart seine Aufmerksamkeit erneut Sandra widmete. Sie war kaum imstande etwas
anderes zu tun, als zu versuchen ihren Atem zu kontrollieren. Dr. Sellart
setzte sich zu ihr, er strahlte etwas Sorgloses aus, das zwar im Widerspruch zu
der Situation stand, dennoch Sandra half, sich zu beruhigen.
    „Sandra, kannst du mir beschreiben, was los war?“
    „Irgendwie, ja… Es war nicht das erste Mal, dass ich so
etwas empfunden habe, wie jetzt…“
    Sie erinnerte sich… Sie erzählte ohne irgendeine
Gefühlsregung zu zeigen, wie sie am Bahnhof von San Remo vor Daniel
weggerannt war.
    Auch er hatte versucht Sandras Blick auf sich zu ziehen,
doch obwohl sie ihn geliebt hatte, war sie vor ihm weggerannt. Weshalb wusste
sie nicht mehr und was das mit Lisa zu tun hatte, wusste sie auch nicht. Sie
wusste nur noch, dass die Kälte in ihrer Brust ihr die Luft
abgeschnürt hatte… damals am Bahnhof, so wie heute, in dem Augenblick, da
sie ihre Tochter

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