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Die Quelle

Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larissa Cosentino
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schließlich hob er die Hände
zum Himmel empor, um seiner Pflicht nachzugehen.
    „Kegalsik, verzeih uns, einen Lästerer in deinen
Tempel geführt zu haben und segne unseren bevorstehenden Krieg. Wir wollen
dich in unserem Kampf ehren und bitten dich unser Opfer anzunehmen. Geleite die
Seele dieses gowirialischen Kriegers zu Anthalions Totenreich und führe
uns in den Kampf.“
    Der Priester zog einen Dolch und in einer theatralischen
Geste schnitt er die dargebotene Kehle seines Opfers durch. Erkenntnis zeigte
sich in den Augen des Sterbenden, als sein Kopf nach hinten gezerrt wurde, um
sein Blut auf den Altartisch fließen zu lassen.
    Jährlich nahm Sihldan schon an dieser Zeremonie
teil, doch zum ersten Mal senkte er den Blick, und dachte über diese Sitte
nach, die Leathan so schockiert hatte. Er hörte dem Priester zu, doch
ansehen wollte er ihn nicht länger.
    „Kegalsik, dir zu Ehren ziehen wir in den Krieg, lass
unsere Schwerter klirren und unsere Gegner fallen!“ Sihldan stimmte mit den
anderen Kriegern ein, um die Worte des Priesters nachzusprechen, doch in diesem
Jahr verloren für ihn die Worte an Bedeutung, angesichts des gowirialischen
Kriegers, der in einer Blutlache zu Boden glitt und eine lange Agonie
durchlitt. Auch er hatte in seiner Jugend an der Seite seines Vaters Isentien
sein Schwert gegen Gowiriali gerichtet. Auch er hätte ein Opfersklave
werden können, wenn Gowiriali ihn gefangen genommen hätte, wenn
Sulidian dies gewollt hätte. Er hatte sich dafür nie bei ihm bedankt
und er hatte nicht vor, dies nachzuholen. Es war allein Sulidians Entscheidung
gewesen, damals, als er noch der Anführer von Gowirialis Armee war. Sihldan
fragte sich plötzlich, ob der Stolz des Nomadenanführers gebrochen
war, nun da er seine Heimat verraten hatte. Auch wenn er es Sulidian nicht
wünschte, so wäre dies für Isentiens Clan vom Vorteil
während des Turniers.
    *
    Obwohl Leathan versuchte seine Gedanken vom Tempel fern
zu halten, konnte er spüren, dass die Zeremonie vorbei war. So intensiv
waren die Gedanken der Krieger gewesen, dass er keine Magie benötigte, um
ihren Blutdurst zu fühlen. Ihn schauderte erneut.
    „Mein Herr?“ Balsik musste an Leathans Tunika zupfen, um
sich Gehör zu verschaffen. „Mein Herr, nimm dein Pferd, ich werde deine
Sklaven zu der Arena führen, so wie du es befohlen hast.“
    Leathan nickte. „Ja, tu das. Bitte achte darauf, dass sie
einen Platz bekommen, von dem aus sie die Arena gut sehen können.“
    Balsik übergab die Zügel an Leathan, doch statt
zu gehen, verweilte er noch einige Augenblicke. Es war offensichtlich, dass er
noch etwas sagen wollte, sich aber nicht traute, seine Gedanken auszusprechen.
Er hatte schon zu viele Jahre als Sklave gelebt, um frei sprechen zu
können und Leathan ärgerte sich darüber.
    „Du hast dich noch nicht frei gekauft, um mir
während dieser Tage gut zu dienen. Das kannst du aber nur tun, indem du
dich traust mir zu sagen, was du denkst.“
    Balsik wirkte, als fühle er sich ertappt, doch seine
Zunge löste sich endlich.
    „Ich wollte nur… Ich meine, wenn du so betrübt auf
den Tod eines dir unbekannten Sklaven reagierst, glaubst du dann wirklich,
für das Turnier bereit zu sein?“
    Leathan überlegte kurz, ehe er antwortete. „Ich
weiß es nicht, aber ich hoffe es.“
    „Du musst es sein, mein Herr!“, wagte Balsik ihm
eindringlich nahe zulegen, ehe er Leathan die Zügel in der Hand
drückte und verschwand. Kurz darauf wurden die Türe des Tempels
geöffnet und die Krieger der Clans traten einer nach dem anderen heraus.
Leathan erntete von ihnen sowohl beeindruckte, als auch zornige Blicke.
    *
    Die zwei letzten Tage waren die merkwürdigsten in
seinem gesamten Sklavenleben gewesen. Balsik schätzte Leathan sehr, obwohl
oder vielleicht weil er wusste, dass er ein Feind Anthalias war. Bereits im
Kindesalter war er an den Grenzgebieten Anthalias gefangen genommen und auf dem
Sklavenmarkt verkauft worden. Dennoch konnte er sich noch dunkel an die Zeiten
erinnern, als ihm der Name Anthalions verhasst war, als derjenige, der das
Massaker an seinem Dorf befohlen hatte. Leathan, der Hexer aus Ker-Deijas, war
der erste Mensch, den Balsik getroffen hatte, der dem Vormarsch von Anthalias
Armeen hätte Einhalt gebieten können. Er ahnte, dass Leathan dies
vorhatte, ohne nachfragen zu müssen. Er ahnte auch, Leathan kannte seine
Gedanken und vertraute auf sein Schweigen. Ja, das konnte er getrost… Balsik
würde in wenigen Tagen

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