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Die Quelle

Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larissa Cosentino
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mein Volk kann viel von euch lernen.“,
antwortete sie dankbar.
    „Und wir von euch.“, gab Ethira zurück.
    Noch nie hatten die beiden Baseff jemanden getroffen, der
ihr Volk nicht verachtete. Sie waren Parasiten, die von Raub und Mord lebten.
Ihre Lebensweise widersprach eigentlich in allem der Haltung des Volkes der
Wächter. Dennoch hatten sie in keinem Bewohner von Ker-Deijas Furcht,
Vorwurf oder Urteil gelesen. Das Volk der Wächter akzeptierte sie und
vertraute ihnen ohne jede Einschränkung. Obwohl sie sich auf einen Krieg
vorbereiten mussten, hatten sich Ethira und Krial noch an keinem Ort der Welt
so sicher und geborgen gefühlt.

Kapitel 10
    Nur wenige Stunden nach ihrem Aufbruch trafen die Nomaden
Isentiens in dem kleinen Dorf ein, das Mikdalis Clan in den Bergen errichtet
hatte. Die kleinen Steinhäuser boten sicherlich einen guten Schutz gegen
den kalten, starken Wind, der im Winter von den Bergen herunter fegte, dennoch
wirkten sie für die frisch angereisten Nomaden einengend. Allein schon der
Gedanke, jeden Tag denselben Ausblick vor Augen zu haben, ließ sie vor
Unbehagen erschaudern. Sie ahnten, dieser Ort würde langsam ihr Verlangen
nach Freiheit abtöten und ihren starken Willen lähmen. Eine Wahl
hatten sie jedoch keine.
    Von Mikdalis selbst erfuhr Isentien, wie der Tagesablauf
für sie seit Jahren aussah. Der kränklich wirkende Anführer
berichtete mit bedrückter Miene, wie unmöglich es war, in diesem
Gebiet frei umherzuziehen. Hier mussten die Jäger bei Ebbe versuchen, so
viel Beute wie möglich zu ergattern und sich bei steigender Flut wieder in
den Schutz der Berge begeben. Sogar als Isentien Mikdali verriet, dass seinem
Clan vermutlich die östlichen Kriegsgebiete zugeteilt werden würde,
leuchteten seine Augen freudig, als gäbe es nichts, was ihn mehr
erschüttern konnte, als die ihm verhassten Sümpfe. „Zumindest
können wir jetzt unseren Göttern wieder beweisen, dass wir ihrer
würdig sind. Mögen Kegalsik und Anthalion uns wieder als
Ehrenmänner erkennen!“, waren Mikdalis letzte Worte gewesen, ehe er seinen
Clan von dem Dorf fortführte, in dem sie lange Jahre des Verzichts
erfahren hatten.
    Im Gegenzug zu den Ratschlägen, die Isentien von
Mikdali erhalten hatte, schenkte Isentien ihm für seinen Clan einige Zelte
und Pferde. Damit bot er den Nomaden Mikdalis eine Grundlage, um das wahre
Nomadenleben wieder aufnehmen zu können. Die für seine
Verhältnisse ungewöhnliche Großzügigkeit, die er dem
fremden Clan entgegengebracht hatte, gab ihm das Gefühl, sich selbst zu
helfen. Wenn er den abgemagerten und schwachen Gestalten hinterher sah, die
langsam gefügig den Rückweg in die Prärie einschlugen, kam es
Isentien jetzt schon so vor, er würde sich und die seinen betrachten, wie
sie in nur wenigen Monaten aussehen würden. Während Mikdalis Clan
allmählich aus seinem Blickfeld verschwand, wie ein Albtraum, der sich bei
Morgengrauen auflöst, fiel ihm sein Sohn auf, Sihldan, der ihn beobachtet
hatte und nun näher kam. Es würde ihm kaum erspart bleiben, seinem
Sohn zuzuhören, der seinen Clan ins Unglück gestürzt hatte. Kaum
stand Sihldan bei ihm, wandte er sich ostentativ von ihm ab. Er blieb jedoch
stehen, um sich anzuhören, was er zu sagen hatte.
    „Vater, ich werde die Gegend erkunden. Wenn ich in
fünf Tagen nicht zurück bin, liegt das Schicksal meiner Familie in
deinen Händen.“
    ...und ihr Schicksal wäre kein Schönes, dachte
Isentien voller Groll, doch er behielt diese Bemerkung für sich, wohl
wissend, dass sein Schweigen für Sihldan die größere Strafe war.
Auch wenn er überzeugt davon war, Sihldan würde sogleich seinem Tod
entgegen reiten, würdigte er ihn keines letzen Blickes. Bedächtig
durchquerte er das unscheinbare Dörflein und betrat das etwas
größere Steinhaus, in dem seine Frauen versuchten sich einzurichten.
Als er vor der Tür aus getrocknetem Schilf stand, traf ihn das
Ausmaß seiner Erniedrigung wie ein Schlag ins Gesicht und statt diese bei
Seite zu schieben, riss er sie aus der Halterung und warf sie zu Boden.
    „Hängt ein Fell vor die Tür!“, schalt er seine
erschrockenen Frauen.
    *
    Sihldan ritt den kleinen, unebenen Weg hinab, der in die
Sümpfe führte. Schon bald entschied er sich dafür, vom Pferd zu
steigen und das Tier zu führen, bis er die Berge verlassen hatte und kein
Geröll mehr die Schritte des Tieres unsicher machte. Er stieg erst wieder
auf, als er die trostlosen Sümpfe erreicht hatte.
    Wie die Krieger

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