Die Quelle
Hexerei
beigebracht?“ Das breite Lächeln des jungen Kriegers zeigte deutlich, dass
er scherzte, ebenso deutlich bewies es, wie sehr er sich freute, Sihldan
wohlauf zu sehen.
Kapitel 11
Die Tage vergingen und Lilldaye versuchte jeden
Augenblick davon zu genießen. Iridien, der Gott der Erde hatte sich einen
Tag nach ihrer gemeinsamen Zeremonie seinen Priestern genähert und ihnen
wieder den Segen seiner Macht erteilt, wofür sie Balderias Bruder
unendlich dankbar war. Er hätte keinen besseren Zeitpunkt für seine
Rückkehr wählen können, denn nun war die Freundschaft zwischen
beiden Tempeln endgültig besiegelt. Mayendrik hatte Lilldayes Angebot
angenommen, Balderias Tempel im Bettlerviertel mit Hilfe der Priester Iridiens
fertig zu stellen. Sie wollten einen gemeinsamen Gebetsort erschaffen: der
erste in Anthalia, den sich zwei Götter teilen würden. Vergessen
waren die Rivalitäten. Von nun an heilten sie und predigten gemeinsam.
Diese neue Verbindung blieb auch dem Volk Anthalias nicht
lange verborgen, denn auch in den anderen Stadtvierteln traten immer
häufiger die Priester beider Götter gemeinsam auf und ihre Predigten
und Handlungsweisen erhellten die Gemüter. Lilldaye hätte sich
natürlich einfach darüber freuen können…
Loodera vergessen, Leathan vergessen…
Doch die Steine, die sie ins Rollen gebracht hatte, waren
nicht mehr aufzuhalten und eines Tages erhielt sie die gefürchtete
Botschaft aus Anthalions Tempel. Der Herrscher erwartete sie in seinem Palast,
drei Gardisten hatten sich bereits an den Toren der Tempelanlage eingefunden,
um sie dorthin zu geleiten.
Lilldayes Blick richtete sich auf den Altar ihres Tempels.
Die Priester waren alle fort und erfüllten ihre Aufgaben in Anthalia, so
rief Lilldaye statt einen ihrer engen Vertrauten, eine der jungen
Anwärterinnen zu sich. Möglicherweise war dies auch von Vorteil, so
würde sie keine Fragen beantworten müssen und die sorgenvollen Blicke
eines Freundes würden ihr erspart bleiben.
„Liudin… Du kennst dich im Bettlerviertel gut aus. Ich
möchte, dass du dort zum Tempel gehst und Besira sagst, dass ich zu
unserem Herrscher gerufen wurde.“
Die kleine Rebellin stellte diesmal keine Fragen. Obwohl
das junge Mädchen die Bedeutsamkeit dieser Nachricht sicherlich nicht
einschätzen konnte, war Lilldayes Blick anscheinend ausdrucksvoll genug,
um sie frösteln zu lassen.
„Ja, Herrin.“, gab sie ernst zurück und eilte davon.
Lilldaye sah dem jungen Mädchen nach, das fast noch ein Kind war. Sie
hätte das etwas zu dünne Mädchen gerne begleitet, nicht nur auf
dem Weg zum Bettlerviertel sondern entlang ihres Lebens, das sie noch vor sich
hatte. Ihres, das befürchtete sie, war verwirkt.
*
Lilldaye kniete auf dem kalten Steinboden des
Thronsaales. Ihre Arme waren vor sich ausgestreckt, ihre Stirn berührte
den rauen Stein und sie hielt ihre Augen geschlossen. Ihre Wahrnehmungen
beschränkten sich auf Fühlen und Hören. Ihre Gefühle hatte
sie jedoch unter Kontrolle, noch war ihre Furcht erträglich. Sie
hörte Anthalions leise Schritte. Er umkreiste sie, sein Atem ging schnell,
was nichts Gutes verhieß. Sie hätte schwören können, dass
er gerade mit sich selbst um die Beherrschung seiner Wut focht. Dieser Augenblick
schien in der Zeit still zu stehen, endlos. Lilldaye dachte, sie sei auf alles
gefasst, doch als Anthalion endlich die Stille brach, erschauderte sie, denn
seine Stimme klang ruhig, fast traurig. Was für ein grausames Spiel hatte
er sich diesmal ausgedacht?
„Lilldaye… Was ist bloß in dich gefahren? Wie
kannst du es wagen, etwas zu verlangen? Meine Priester waren erschüttert!
Du verlangst Loodera zu sehen? Du verlangst von dem Verbleib Leathans zu
erfahren?“
Anthalion blieb unmittelbar vor ihr stehen, doch die
Erlaubnis zum Aufsehen, Aufstehen oder Antworten hatte er ihr noch immer nicht
erteilt und sie machte nicht den Fehler, dies zu ignorieren. Sie verharrte in
der demütigen Position, den Blick gen Boden gerichtet und ertrug stumm
Anthalions Nähe. Sie glaubte zu fühlen, wie er gegen den Wunsch
ankämpfte, ihr Schmerzen zuzufügen… Vielleicht konnte er sich nur
nicht entschieden, ob durch Schläge oder über Magie. Oft genug hatte
er es getan. Dennoch hätte sie sich damit rühmen können, dass
von allen Hohepriestern aller Götter, sie am längsten im Amt
geblieben war. Er sprach weiter. Noch immer ruhig, verharrte er reglos
unmittelbar bei ihr und sie erschauderte unwillkürlich.
„Ich
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