Die Quelle
Menschen erlauben, in ihrem Reich zu jagen, die Fische für
sich zu verwenden und die Meere mit ihrer Nähe zu beleidigen… Sihldan
akzeptierte es nicht nur, er verstand diese Denkweise besser, als er jemals die
Denkweise der Menschen verstanden hatte, besser vielleicht, als er sich selbst
verstand… Nicht nur Ablehnung hatten jedoch die Suhuhlash als Antwort zu bieten
und während Sihldan noch unter der Trennung vom kollektiven, vor Leben
pulsierenden Geist der Suhuhlash litt, sah er, wie diejenigen von ihnen, die
ihn umkreist hatten und ihm Eintritt in ihre Welt gewährt hatten, davon
schwammen. Der Wassertrichter brach in sich zusammen, das Wasser schwappte
über Sihldan, bedeckte ihn für einen Augenblick vollständig… Etwas
griff seine Arme, doch das Wasser war dermaßen aufgewirbelt, dass er es
zunächst nicht sehen konnte…
Er verlor Fuß und wurde rücklings mitgerissen…
Er bemühte sich, seinen Kopf zur Seite zu drehen, um zu sehen, was geschah:
zwei der Suhuhlash hatten ihn gepackt, hielten ihn zwischen sich über
Wasser, während sie in atemberaubender Geschwindigkeit an der Küste
entlang schwammen. Von den Beiden konnte er lediglich die schimmernden Flossen
erkennen, die ihre Richtung zu bestimmen schienen. Der Rest ihrer Körper
war von dem aufgewirbelten Wasser umgeben. Sihldan ließ sich von ihnen
führen, ohne sich jemals darüber zu sorgen, dass er es unmöglich
an Land schaffen würde, sollten sie ihn loslassen. Er vertraute ihnen, mit
denen er vor kurzem erst eins gewesen war… Sie führten ihn an den Bergen
vorbei, in denen sein Clan auf seine Rückkehr wartete… So schnell wurde er
an der Landschaft vorbeigeführt, dass auch das schnellste Pferd nicht
hätte mithalten können… Die Berge offenbarten ihr Geheimnis: es gab
einen Pfad entlang der Küste… Man konnte die Berge passieren, wenn man
keine Meeresungeheuer fürchtete!
Es war bereits Nachmittag als Sihldan, erschöpft von
seiner ungewöhnlichen Reise, die neue Landschaft entdeckte: auf dieser
Seite der Gebirgskette gab es keine Sümpfe, keine Moorlandschaft, sondern
eine felsige Küste, hinter der sich eine weite Prärie erstreckte. Nur
etwas weiter bot das Land einen dicht bewachsenen Wald, einen Wald, wie ihn
Sihldan noch nie gesehen hatte. Die Bäume ragten hoch in den Himmel, die
Baumstämme waren dick und kräftig. Das Grün ihrer Blätter
war satt und wirkte, als berge es ein eigenes Licht in sich.
Die beiden Suhuhlash begleiteten ihn, bis sie kurz davor
waren, das Land zu erreichen und erst dann ließen sie Sihldan los. Endlich
konnte er von nahem die neue Landschaft betrachten, doch als er sich begeistert
den beiden Suhuhlash zuwenden wollte, waren sie bereits verschwunden. Dankbar
lächelte er den Wogen zu, in die Richtung, wo er die Beiden vermutete. Sie
brauchten keine Worte der Dankbarkeit, die sie ohnehin nicht verstanden
hätten: Er war sich sicher, die Suhuhlash wussten ohnehin wie er empfand, waren
sie ja vor kurzem eins mit ihm gewesen. Sie hatten seinen größten
Wunsch erfüllt, den, seinen Clan vor der Hungersnot bewahren zu
können.
Er lächelte, fast hätte er vor Glück lachen
wollen. Dann erst fiel ihm etwas ein… War das der Wald, von dem Leathan
erzählt hatte? War hier der See der Quelle zu finden? Dann wäre dies
der Ort, den Anthalion zerstören wollte, dann war hier das Gebiet vom Volk
der Wächter...
*
Sihldan vermisste die Nähe der fremden Wesen aus dem
Meer, doch er fühlte sich wieder vollständig als Mensch. Fast
ungeduldig watete er durch das Wasser, um endlich wieder an Land im Trockenen
zu sein, denn dies war die Welt, in die er gehörte. Die Sonne stand schon
tief am Himmel, er musste jetzt ans Überleben denken, denn er kannte
dieses Gebiet nicht und wusste daher auch nicht um ihre Gefahren.
Womöglich lebten in den angrenzenden Wäldern auch Raubtiere...
Schmerzlich wurde ihm bewusst, dass er all sein Gepäck am Ufer des
Sumpfgebietes gelassen hatte, inklusive seines Schwertes und seines Jagdbogens.
Er würde heute hungern müssen, doch dies war
das geringste Übel… Sihldan hoffte am Strand zumindest sicher
übernachten zu können. Er konnte es zwar nur vermuten, doch wahrscheinlich
scheuten auch hier die Tiere die Nähe zum Meer. Sihldan betrachtete den
felsigen Strand, ging einige Schritte landeinwärts und fand, wonach er
gesucht hatte. Einen dicken, dunklen Felsen, der in sich noch die Wärme
der letzten Sonnenstrahlen aufnahm. Hier würde er ein wenig Schutz vor
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