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Die Quelle

Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larissa Cosentino
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versuche zu verstehen, Lilldaye, doch du hast Macht
aufgerufen, um deine Gedanken vor mir zu versperren… Bist du inzwischen so
gottlos geworden, dass du glaubst mich aus deiner Seele aussperren zu
können? Hast du vergessen wer ich bin? Ich bin der Gott, der dir dein
Leben schenkte und es dir nehmen kann, Lilldaye. Ich bin der Gott, der über
die Gesetze dieser Stadt wacht, über meine Gesetze, die du gebrochen hast,
als du den Tempel im Bettlerviertel errichten ließt… Ich möchte
verstehen, doch ich fürchte, ich ahne bereits, was geschehen ist, auch
ohne deine Gedanken zu lesen…“
    Lilldaye spürte, wie er sich zu ihr bückte. Ihr
ganzer Körper verkrampfte sich, als seine Finger durch ihre Haare
strichen, als seine Hand sich schloss…
    Ein Schmerz durchfuhr sie, als er sie an den Haaren auf
den Beinen hoch zerrte. Sie hätte unmöglich so schnell auf die Beine
springen können, so spürte sie die Last ihres Körpergewichts an
ihrer Kopfhaut und Tränen schossen in ihren Augen. Nun stand sie vor ihm.
Noch immer hielt er sie an ihren Haaren fest, doch der Schmerz wandelte sich in
ein dumpfes Pochen in ihrem Kopf. Wieder verharrte der Herrscher reglos, als
würde er versuchen seine Wut zu zügeln… doch Anthalions Augen
verkündeten Unheil, während er sie musterte. Sie erkannte Hass auf
seinem Antlitz und erneut schauderte ihr. Langsam legte Anthalion seine freie
Hand auf ihre Wange, seine Finger unmittelbar unter ihrem Auge. Sie hielt den
Atem an. Wieder klang seine Stimme ruhig und Lilldaye fürchtete sich umso
mehr. Seine Wut hätte sie möglicherweise zähmen können,
doch Hass?
    „Lilldaye… Lass mich in deine Gedanken, sonst muss ich
dir wehtun… Du weißt, dass ich mir Zugang zu ihnen verschaffen kann, doch
wenn ich es erzwinge, ist der Schmerz groß… Magst du Schmerzen,
Lilldaye?“
    Seine Finger fühlten sich wie eisige Klauen an, doch
Lilldaye atmete aus, und ihr war, als würde ihre Angst mit dieser Luft
hinausfließen. Sie fand den Mut unaufgefordert zu sprechen.
    „Anthalion, mein Gebieter… Natürlich werde ich dir
meine Gedanken öffnen. Ich habe sie nur gesperrt, um dir etwas mitteilen
zu können… denn hast du erst meine Gedanken gelesen, wird deine Wut
über meinen Verrat dir das Zuhören unmöglich machen.“
    Lilldayes Unverfrorenheit verschlug ihm zunächst die
Sprache, doch plötzlich lächelte er erstaunt. Sein Griff lockerte
sich und er ließ ihre Haare los. Er strich über ihre Wange, doch
diesmal ohne Boshaftigkeit. Während er ein wenig Abstand von ihr nahm, betrachtete
er sie, als sähe er sie zum ersten Mal.
    „Ich habe oft gesehen, wie Menschen töricht werden,
wenn sie Liebe erfahren. Ich habe auch oft gesehen, dass sie ungeahnte
Kräfte in sich finden, wenn Balderia ihr Herz erschüttert... Es
sollte mich also nicht wundern, wenn Balderias Hohepriesterin es wagt, mir die
Stirn zu bieten. Du weißt, dass dein Mut dir die Strafe nicht ersparen
wird, doch ich werde dir zuhören, Lilldaye. Denn du machst deinem Namen
alle Ehre.“
    „Ich danke dir, mein Gebieter und bin mir deiner
Großzügigkeit bewusst…“
    Anthalion kehrte ihr den Rücken zu und ging die
Stufen hinauf zu seinem Thron. Als er sich gesetzt hatte, deutete er auf die
niedrigste der Stufen und Lilldaye eilte nach vorn, um seiner Aufforderung nachzukommen,
sich zu seinen Füßen zu setzen. Sie sah Spott in seinem Blick, doch
auch etwas anderes, das sie noch nie in des Herrschers Antlitz gesehen hatte.
Konnte es Respekt sein?
    „Nun Lilldaye, ich höre.“
    „Anthalion, mein Herr, ich hatte in den letzen Wochen mit
einem Dilemma zu kämpfen. Wie du weißt, ist uns Balderia erschienen.
Sie hat uns gelehrt zu heilen und unsere heilige Macht zu benutzen, ohne dass
wir auf ihre Anwesenheit angewiesen sind. Wir haben mit Hilfe ihrer neuen Lehre
die Seuche besiegt, die drohte, sich in der gesamten Stadt auszubreiten.
Ausdrücklich hat Balderia uns geraten, den Rat deiner Novizin Loodera
aufzusuchen. Als Loodera in deinem Palast gefangen genommen wurde und niemand
über ihren Verbleib zu berichten wusste, musste ich eine Entscheidung
fällen. Ich habe schließlich nachdrücklich nach ihr gefragt und
ihretwegen um eine Audienz bei dir ersucht, obwohl mir bewusst ist, dass ich
nicht das Recht habe, von dir etwas zu verlangen. Doch wem soll ich gehorchen?
Meiner Göttin, oder meinem Herrscher? Dies war eine schwere Entscheidung,
doch ich bin Hohepriesterin Balderias, so folgte ich den Anweisungen

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