Die Quelle
Krial seine Stimme.
„Ein Teil von Anthalions Armee wird über den Pass
kommen. Das ist die Ablenkung. Ein anderer Teil wird an der Mündung der Nara
anlegen und entlang des Flusses zu Ker-Deijas gelangen. Auf diese Weise wird
die Stadt eingekesselt werden und die Fluchtwege abgeschnitten. Der dritte Teil
der Armee wird versuchen, vom Meer aus zum See der Quelle zu gelangen. Wenn
Anthalion die Quelle irgendwie zerstören will, wird er bei diesen Truppen
sein müssen. Gelingt es ihm, dem See seine Macht zu entziehen, werden eure
magischen Kräfte geschwächt sein und seine Armee kann gegen
Ker-Deijas siegen.“
Nicht nur Mehana, Ethira und Esseldan hörten Krial
aufmerksam zu, sondern die gesamte Stadt. Sogar diejenigen, die nicht anwesend
waren, verfolgten auf telepathischem Wege Krial Ausführungen.
„Wenn ich es richtig verstanden habe, könnt ihr
jederzeit Ker-Deijas wieder aufbauen, so lange es den See der Quelle noch gibt.
Wenn ich es richtig verstanden habe, dann nennt ihr euch die Wächter der
Quelle, weil ihr um jeden Preis den See der Quelle schützen wollt. Dort
liegt also unsere Priorität.“
Krial lächelte zufrieden über die Wirkung
seiner Worte, die in allen Gedanken, die er erhaschen konnte, Zustimmung
fanden. Er hatte es schon immer geliebt, im Mittelpunkt zu stehen, wenn es
Einsatzbesprechungen gab. Heute genoß er es jedoch besonders, denn eine
ganze Stadt schien den Atem anzuhalten, um ihm zuzuhören.
„Nun, wenn dem so ist, dann werden wir die Stadt opfern
und damit unsere Feinde überraschen.“
Nur ein leises Raunen lief wie ein Schauer durch sein
Publikum. Er hatte sie in der Hand und er spürte wie sogar Ethira ihn
bewundernd beobachtete. Sie nach all den gemeinsamen Jahren noch immer
beeindrucken zu können, erfüllte ihn mit stolz und machte ihn
glücklich.
„Wer ist der mächtigste Magier unter euch?“, fragte
er unverblümt.
Esseldan deutete auf Mehana, sie wiederum las Krials
Gedanken und schüttelte den Kopf.
„Ich kann es nicht mit Anthalion aufnehmen, keiner von
uns kann es.“
„Leathan kann es.“, widersprach Esseldan.
„Welcher von beiden?“, fragte Mehana unverblümt.
Esseldan lächelte, als habe er genau auf diese
Antwort gewartet. „Ich schätze beide.“
Ein Hoffnungsschimmer blitzte in Mehana auf. Sie nickte,
in visionären Gedanken verloren. „…und sie werden beide da sein…“
So wie auch Ethira verstand Krial nichts von Visionen,
doch beide Baseff lernten schnell und ihre zufriedenen Blicke trafen sich,
während ihrer beider Gedanken sich einmal mehr gegenseitig
vervollständigten. Anscheinend waren Visionen abhängig von der
Vorstellungskraft des Visionärs. Mehana hatte bislang nur düstere
Vorahnungen gehabt, doch nun da Krial neue Möglichkeiten aufzeigte, hatte
sich auch Mehanas Blickfeld erweitert.
Neue Hoffnung keimte bereits in ihr auf, obwohl Krial
längst nicht am Ende seines Vortrages war. Er wusste jetzt schon; diese
heutige Einsatzbesprechung, würde die beudeutendste seines Lebens werden.
*
Sihldan flehte nun seit Tagen seinen Vater an, doch es
gab nichts, womit er den alten Clananführer hätte überzeugen
können.
Isentien zeigte sich unbeugsam wie immer.
Seine Entscheidung war allem Anschein nach gefällt,
noch ehe er sich Zeit gelassen hatte, länger darüber nachzudenken. Er
war zwar über Sihldans Entdeckung glücklich, doch aus ganz anderen
Gründen als Sihldan vermutet hätte. Nun wollte er offensichtlich das
Thema ein für allemal beenden.
Sie saßen gemeinsam auf reich bestickten Kissen auf
dem Boden des kleinen Häuschens, das Isentiens Familie nun bewohnte.
Isentien wirkte unversöhnlicher denn je, als er das Wort ergriff.
„Du wirst deine verräterische Denkweise endlich
abstreifen müssen, sonst werde ich unserem Clan verkünden, dass du
nicht länger mein Sohn und nicht länger unter uns willkommen bist.
Wenn das, was du behauptest, die Wahrheit ist, dann hat Anthalion Recht gehabt,
dieses morastige Gebiet von einem seiner Clans bewohnen zu lassen. Es ist keine
Strafe, hier leben zu müssen. Vielmehr sind wir hier, um zu verhindern,
dass das Volk der Hexer über die Berge gelangt. Wir sind hier, um
Anthalions Gebiet vor dem Feind zu schützen und so lange ich hier der
Anführer bin, werden wir unsere Pflicht erfüllen und unserem Schwur
treu bleiben. Wir werden unseren wachsamen Blick auf die Berge richten und
hier, wie es von uns erwartet wird, die Stellung halten.“
Sihldan sah seine Mutter an. Sie hatte
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