Die Quelle
betrachtete die Klinge,
die im Boden der Prärie steckte. Diese Waffe war sicherlich schon oft mit
Blut besudelt worden. Sihldan wartete still auf eine Antwort und Esseldan
übelegte, wie er dem misstrauischen Sihldan den Erstkontakt erleichtern
konnte. Die Lösung die ihm einfiel, war recht einfach... Er zog nun
ebenfalls sein Schwert, doch mit der linken Hand, um zu verdeutlichen, dass er
nicht vorhatte anzugreifen. Als er die Klinge in die weiche Erde rammte, erhob
er das Wort.
„Zwischen diese beiden Schwerter werden wir uns setzen
und verhandeln.“
Dem Beispiel Esseldans folgend, setzte sich Sihldan im
Schneidersitz auf den Boden, mit dem Rücken zu seinem Schwert. Beide
Krieger musterten sich gegenseitig und schwiegen. Es war eine Sitte, die
Esseldan gerade erfunden hatte, doch da die Nomaden keine Telepathen waren,
konnte er diese kleine Lüge ruhig weiterspinnen. Er wusste, ein zwangloses
Gespräch hätte Sihldan eher verwirrt. Er brauchte etwas wie Sitten
und Traditionen, um sich wohl zu fühlen. Während die Krieger beider
Völker sich im Hintergrund erwartungsvoll musterten, als wollten sie es
ihren Anführern gleich tun, übernahm Esseldan wieder das Wort.
„Was führt euch in unseren Gebieten?“
„Ich möchte als erstes darauf hinweisen, das wir
nicht länger Isentiens Clan angehören. Ich bin nun Anführer
meines eigenen Clans...“
Esseldan nickte scheinbar unbeteiligt und Sihldan fuhr in
gespielter Langeweile fort. „…Natürlich weißt du das sicherlich
längst, so wie du auch weißt, weshalb wir hier sind. Du hattest ja
nun Zeit genug, um in meinen Gedanken zu lesen. Wie ich schon erwähnte,
ich kenne Leathan und ich habe auch die schlechten Angewohnheiten eures Volkes
durch ihn kennen lernen dürfen.“
Esseldan musste lachen und gab damit zu, was er getan
hatte. Natürlich hatte Sihldan mit seiner Aussage Recht: er wusste inzwischen,
wie Sihldan sich mit seinem Vater überworfen hatte und wie er mit
denjenigen, die sich ihm angeschlossen hatten, über einen felsigen Weg an
der Küste in ihr Gebiet gekommen waren. Die Nomaden Sihldans hatten fast
alles hinter sich gelassen, was ihnen wertvoll war, sowohl Zelte als auch Pferde.
„Verzeih uns unser Verhalten, Sihldan, Anführer
deines Clans… Wir werden versuchen uns zu bessern, sobald wir gefahrlose Zeiten
erleben dürfen. Ihr könnt gerne die Freiheit in den Weiten unserer
Prärien und unserer Wälder genießen. Es ist Platz genug
für dein Volk. Wir jagen nur selten, daher werden wir uns kaum begegnen.
Es gilt ein einziges Verbot: ihr dürft nicht am Ufer vom See der Quelle
jagen und dort Blut vergießen.“
Sihldan nickte. Sie hatten den See bereits entdeckt und
auch ohne Esseldans Verbot, hätten sie es niemals gewagt, an diesem Ort
auch nur laut zu sprechen.
„Ich muss euch leider noch warnen,“, wurde Esseldan
ernst. „...wir stehen vor einem Krieg, der wahrscheinlich unser ganzes Land
heimsuchen wird und auch dein Volk in Gefahr bringen könnte, falls ihr
hier bleibt.“
„Dann ist Leathan in seinen Verhandlungen mit Anthalion
gescheitert?“, zeigte Sihldan offen, wie viel er wusste. Esseldan seufzte, als
er in Sihldans Gedanken die Sorgen um Leathan sah. Der Nomade betrachtete ihn offensichtlich
noch immer als Freund, obwohl er ihm nachtrug, was während des Turniers
geschehen war. Natürlich musste er es ihm nachtragen… Sihldan wusste es
noch nicht besser! Allein Ethira und Krial kannten den Grund für Leathans
Verrat an Sihldans Clan. Dank ihrer Botschaft konnte er Sihldans
lückenhaftes Wissen nun vervollständigen und endlich erfuhr auch der
neu ernannte Clananführer, wie Leathan erpresst worden war und gegen
seinen Willen gehandelt hatte, als er Lidriak angegriffen hatte. Sihldan blickte
an Esseldan vorbei zu den beiden Baseff.
„Ihr hättet euch die Mühe machen können,
euer Wissen auch mit uns zu teilen!“
Krial ließ diesen Vorwurf nicht auf sich beruhen.
„Und dabei unseren Kopf riskieren? Für dich sind wir nur Sklaven,
Räuber und Mörder. Wie hättest du uns denn empfangen?“
Sihldan verbarg seine Verachtung nicht. Er sah angewidert
auf Krials Tätowierungen, die von der ärmellosen Tunika, die er trug,
nicht verdeckt wurden. Es war ihm anscheinend bekannt, dass jedes dieser Motive
eine Tötungstechnik symbolisierte, die jemanden das Leben gekostet hatte.
„Streitest du denn ab, dass du all das bist? Dennoch
töten nur törichte Menschen die Boten, die zu ihnen kommen. Im
Gegensatz zu euch
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