Die Quelle
Vernichtung
bewahren würde. Furcht war seine beste Waffe und er wusste, wie er sie
einzusetzen hatte.
„Einer von euch hat es gewagt, die Götter
herauszufordern… Nun seht, was ich aus ihm gemacht habe! Seht in seinen Geist
und seid euch gewiss, dass ich nicht nur ihn so behandeln werde, sondern auch
jeden Menschen, der Macht aus dem See der Quelle zu beziehen wagt. Eure Zeit,
in die materielle Welt blicken zu dürfen, ist vorüber. Der einzige
Anblick, den ich euch gönnen werde, ist der Anblick von Leid. Lasst uns
gemeinsam das Tor schließen und dem Krieg ein Ende setzen. Es liegt an
euch, Kinder!“
Anthalion wartete nicht auf ihre Antwort. Sie würden
sich wohl niemals dazu herablassen, mit ihm zu kommunizieren. Deren
ätherische Gestalten versammenlten sich bei der Quelle, durch ihre
Silhouetten hindurch konnte Anthalion die Energie leuchten sehen, die all die
Existenzebenen nährte und miteinander verband. Wie hätten die
Menschen es vermeiden können, diese Wesen als Götter zu betrachten?
Sogar ihm, der ein Gott war, fiel es schwer diese Wesen weiterhin als seine
Feinde zu erachten. Er konnte spüren, wie einige von ihnen in Leathans
Geist nach Antworten suchten. Es gab vieles, das sie nicht verstehen konnten,
doch der Wahn, der in Leathans Geist wütete, würde ihnen
verdeutlichen, was Anthalions Worte tatsächlich bedeuteten. Noch zeigten
die Kinder keine Reaktion auf seine Worte und bald schon musste er seinen Hass
für sie nicht mehr spielen. Wie konnten sie eines ihresgleichen
länger dieser Folter aussetzen? Anthalions Blick fiel auf den kaum noch
lebenden Leathan, doch Loodera stellte sich in sein Blickfeld. Sie wirkte
zuversichtlich, sogar herausfordernd, doch was wusste sie schon? Anthalion sah
zu dem dunklen, wütenden Himmel. Sollte er wirklich mit der Zeremonie
fortfahren? Er wusste kaum noch, was richtig oder falsch war. Auch die
Götter waren sich nicht mehr einig und er fragte sich allmählich,
weshalb er eigentlich noch immer ihren ursprünglichen Plan verfolgte.
Loodera und sein Hohepriester nickten sich gegenseitig
zufrieden zu und Anthalion verbot es sich, weitere Gedanken zu verschwenden. In
der Welt der Menschen sollten Menschen entscheiden, was es zu tun galt… Er und
seine göttlichen Geschwister hatten das Ziel, die Menschen auf den richtigen
Pfad zurückzuführen, das war ihnen offensichtlich schon gelungen.
Wenn er nun mit der Zeremonie fortfuhr, würde nichts mehr die Menschen
wieder vom Glauben abbringen. Den anderen Göttern bliebe keine andere Wahl,
als ihr Wort zu halten und ihn wieder als ihresgleichen aufzunehmen. Vorbei
sollte die Zeit sein, als er durch das Universum irren musste, auf der Suche
nach einer neuen Welt, nach Anhängern, nach einem Weg, seine Existenz zu
bewahren. Vorbei seine Zeit der Verbannung... Er zwang sich, nur noch seinem eigenen
Ziel entgegenzustreben: schnell die Sache hinter sich bringen, schnell Leathan
von seinen Qualen befreien, schnell diesen menschlichen Körper verlassen,
um fern der Empfindungen wieder zu sich selbst zurückzufinden.
Anthalion zog so viel Energie aus dem See, wie sein
Körper aufnehmen konnte, doch im Gegensatz zu dem, was üblich war,
nutzte er sie nicht um etwas Magisches zu bewirken. Er ließ die Energie
in einem einzigen gebündelten Machtstrahl in die Quelle
zurückfließen.
Er spürte, wie Kegalsik sich zu ihm gesellte und von
seiner Ebene aus dasselbe tat.
Nur noch die Kinder der Quelle zögerten, doch
schließlich erbarmte sich eines der Kinder und tat es Kegalsik und dem
Gott, der zu einem Sterblichen wurde, gleich.
Die Kinder der Quelle hatten einmal schon den Machtkampf
der Götter erlebt, einmal schon den Zorn der Götter auf die
Menschheit losgelassen. Wohl meinten sie, diesen Fehler nicht wiederholen zu
wollen. Die leuchtende, blaue Wasseroberfläche kräuselte sich zum
ersten Mal seit Gedenkzeiten. Langsam schien sich das pulsierende Leben aus dem
Wasser an eine einzige Stelle inmitten des Sees zurückzuziehen, wo der
scheinbar aus dem Nichts auftauchende Wasserfall noch erstrahlte. Sowohl
Anthalion als auch seine Begleiter konnten ihre Augen nicht von dem See
abwenden. Die Kinder der Quelle verschwanden nach und nach, so unauffällig
wie sie einst erschienen waren, als wären sie nur eine Fata Morgana
gewesen. Während sie in die Tiefen des Universums zurücktauchten, aus
denen sie gekommen waren, legte Anthalion eine Hand auf sein Schwert. Die
Kinder würden vermutlich auf Stella warten, auf das
Weitere Kostenlose Bücher